ANITA'S POINT OF VIEW // Hommage an Anita Neugebauer

Bas de Schiapparelli, 1939 | © Gisèle Freund

Anita Neugebauer (1916-2012) gründete 1976 die erste Fotogalerie der Schweiz und setzte sich die Vermittlung von internationaler und nationaler Fotografie zum Ziel. Mit ihrer Galerie-, Ausstellungs- und Sammeltätigkeit wurde sie zu einer wichtigen Wegbereiterin für die weitere Entwicklung der Fotografie in der Schweiz. In der diesjährigen Ausgabe widmet die photo basel mit der Ausstellung ANITA’S Point of View eine Hommage der Person, die so viel für die Schweizer Fotografie getan hat.

Untitled, 1978 | © Derek P. Bennett

Die Leidenschaft für Fotografie zeigte sich bei Anita Neugebauer, die 1916 in Berlin geboren wurde, bereits nach dem Schulabschluss. Sie besuchte eine Fotoschule und erlernte die Fotografie von der Pike auf. Unter der Bedrohung von Hitlers Antisemitismus wanderte sie mit ihrer Mutter 1938 nach Buenos Aires aus und zog 1947 mit ihrem Ehemann, dem Mediziner Josef Neugebauer, nach Basel. Es folgten einige Jahre in denen sich Anita Neugebauer dem Familienleben widmete, bevor sie sich wieder intensiv der Fotografie zuwandte. Ein Wiedereinstieg in den fotografischen Beruf kam für sie nicht mehr in Frage, da sie ihrer eigenen Ansicht nach mit den neuen Technologien nicht mehr vertraut war. Da sie trotzdem stets grosses Interesse an der Fotografie und dem Kontakt mit Fotografierenden hegte, entschied sie sich einen anderen Weg einzuschlagen.

The Table, 1984 | Christian Vogt

Der Gedanke eine Fotogalerie in der Schweiz zu eröffnen war in den 1970er Jahren kein naheliegendes Unterfangen. Während in den USA die Fotografie bereits seit den 1950er Jahren einen Platz in Museen und Galerien hatte, hinkte die Schweiz hinterher. Erst mit der Gründung der Stiftung für die Photographie und deren Ausstellungstätigkeit im Kunsthaus Zürich 1974 wurde die Fotografie erstmals in der Schweiz in einem Kunstmuseum gezeigt. Dass Fotografie auch im Galerienkontext ausgestellt und verkauft werden kann, zeigte Neugebauer wenige Jahre später mit der Gründung ihrer Fotogalerie photo art basel 1976. Walter Binder, der gemeinsam mit Rosellina Burri-Bischof die Stiftung für die Photographie initiierte, beschrieb die Eröffnung von Neugebauers Fotogalerie als „eine Pioniertat weit über Basel hinaus“ und Charles-Henri Favrod, der spätere Gründer und Direktor des Musée de l'Elysée in Lausanne, bezeichnete Neugebauers neuen Ausstellungsraum als “la galerie des merveilles”. Anita Neugebauer war sich ihrer Pionierrolle, aber auch den damit zusammenhängenden Vorurteilen bewusst und schien insbesondere deshalb einen Reiz an der Vermittlung zu finden. Sie wollte der breiten Öffentlichkeit zeigen „was das ist – Fotografie“ und dass diese auch in der Schweiz ein fester Bestandteil der Kunstwelt und des Kunstmarktes sein sollte.

NYC, 1963 | © Lee Friedlander

Ihre Weggefährt:innen bezeichneten Anita Neugebauer als wahre Gastgeberin, die im Herzen Basels an der Adresse St. Alban-Vorstadt 10 einen 35 Quadratmeter kleinen White Cube mit Ausstellungen bespielte. „Meine Mutter suchte ganz Basel nach dem idealen Raum für ihr Vorhaben ab“, berichtet Claudia Neugebauer. „Der kleine Ausstellungsraum wurde zu einem Ort des Austausches: Fotograf:innen brachten ihre Mappen vorbei und präsentierten ihre Arbeiten, Besucher:innen verweilten lange in den Ausstellungen, Freund:innen kamen stets vorbei – es war ein Kommen und Gehen und jeder wurde willkommen geheissen. Die Galerie photo art basel war ein lebendiger Treffpunkt für alle Fotoliebhaber:innen.“ Anita Neugebauer war sich allerdings auch der Macht des Bildes und ihrer heiklen Position, den schmalen Grat zwischen Ästhetik, Dokumentation und Kunst zu finden, bewusst. Obwohl sie selbst dem Holocaust entkommen war, stellte sie nie Werke aus, die nach Aufmerksamkeit schrien – sie lehnte es ab, die Betrachtenden durch Voyeurismus zu schockieren. Neben ihrer humanistischen Herangehensweise an die Themen der Fotografie verstand Neugebauer es gut, internationale Fotograf:innen mit nationalen sowie lokalen zu vermischen. Sie brachte angesehene Fotograf:innen aus aller Welt nach Basel – meist zum ersten Mal – und bot gleichzeitig bekannten und unbekannten Schweizer Fotograf:innen die Möglichkeit auszustellen. Die Eröffnungsausstellung ihrer Galerie widmete sie gleich dem französischen Fotografen Robert Doisneau und im weiteren Verlauf ihrer 30-jährigen Tätigkeit kuratierte Anita Neugebauer mehr als 100 Ausstellungen mit Fotografien von Jan Saudek, Édouard Boubat, Ruth Mayerson Gilbert, Hugo Jaeggi, Floris Neusüss, René Mächler, Monique Jacot, Roman Vishniac, Lee Friedlander und vielen weiteren. Bei dieser Auflistung darf auch die Fotografin Gisèle Freund nicht fehlen, die Anita Neugebauer bereits während ihrem Aufenthalt in Buenos Aires kennenlernte und mit der sie eine jahrelange, enge Freundschaft führte. Neben der regen Ausstellungs- und Vermittlungstätigkeit nahm die Galerie photo art basel als eine der ersten Fotogalerien an der Art Basel teil.

Ile de Kavoi, 1991 | © Monique Jacot

in Zusammenarbeit mit Claudia Neugebauer und der Fabian & Claude Walter Galerie bemühten wir uns, einen intimen Einblick in die Welt von Anita Neugebauer zu geben. Ziel dieser Hommage ist es nicht, Fotografien zu einem bestimmten Thema oder einer ausgewählten Zeitspanne zu zeigen, sondern vielmehr Anita Neugebauers Sicht auf die Fotografie sowie ihre Freude und Leidenschaft gegenüber dem Medium zu vermitteln und dadurch Anita's Point of View zu präsentieren.

Tangierende Kreise 2, 1991 | © René Mächler

Contemporary African Photography prize – Bekanntgabe der Shortlist 2022

Kroo Bay ist eine inoffizielle Wohnsiedlung an der Küste im Zentrum von Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone. Im Jahr 2009 lebten dort schätzungsweise 10'989 Menschen. Den Bewohner:innen von Kroo Bay fehlt ein angemessener Zugang zu sanitären Einrichtungen und Gesundheitsdiensten. Dennoch gedeiht die Gemeinde und die Einwohner:innen von Kroo Bay schätzen den Ort, den sie als ihre Heimat betrachten. Kadiatou Kamarra, 25, seit acht Jahren Einwohnerin von Kroo Bay, steht für ein Portrait neben ihrem Haus. Die für die Collage verwendeten Texturen stammen aus dem verschmutzten Meerwasser, das die Gegend umgibt und das während der Regenzeit Teile der Region überflutet. 2021

Bereits zum elften Mal hatten Fotograf:innen die Möglichkeit ihre Arbeiten, die auf dem afrikanischen Kontinent entstanden sind oder die sich mit der afrikanischen Diaspora auseinandersetzen, einzureichen. Die international zusammengesetzte Jury hat 25 Arbeiten ausgewählt. Eine Selektion aus der Shortlist:

Die Bewohner:innen der Gemeinde Tombotima lebt von Viehzucht und dem Anbau von Gemüse und Cashewnüssen. Sie haben keinen Brunnen und müssen weite Strecken zurücklegen, um Wasser zu holen, das verschmutzt ist. Die Männer sind für das Wasserholen zuständig, da es für Frauen zu gefährlich ist, insbesondere wenn sie schwanger sind. Die Gemeinde hat festgestellt, dass es nicht mehr so häufig und so schnell regnet wie früher, was sich auf ihre Einnahmequelle – die Landwirtschaft - auswirkt. Kadiatou H. Kamarra, Maa Kanu und Mariatu Kanu sind Bäuerinnen, Mütter und Ehefrauen. Alle drei Frauen haben müssen mit der drastischen Veränderung der Wasserreserven umgehen, und alle drei mussten ihre Schulausbildung aufgrund der Abwesenheit oder dem frühen Tod ihrer Eltern abbrechen und heiraten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sie stehen unter einem Cashewnussbaum der Gemeinde und tragen Cashewnusszweige auf dem Kopf. 2021

“Wata Na Life”, for Wateraid & British Journal of Photography, 2021
Wata Na Life – Wasser ist Leben in Krio; ist ein Satz, den man in Sierra Leone, einem Land, in dem Wasser einer Währung gleichkommt immer wieder hört. Im Auftrag von Wateraid und dem British Journal of Photography verbrachte Ngadi Smart drei Monate in ihrem Herkunftsland, um den Zusammenhang zwischen Wasser und dem sich verändernden Klima zu erforschen. Sie fand Gemeinschaften, die sich so gut wie möglich an die Folgen einer durch das Klima verschärften Wasserkrise, inmitten von Korruption und mangelnder staatlicher Planung vor.

Das Projekt ist eine deutliche Absage an die häufig "entmenschlichende" Darstellung der afrikanischen Entwicklungsländer in den westlichen Medien. Mit lebendigen Collagen erschafft sie ein Gegenpool zum "tropischen Armutsporno", indem sie das Wesen und die Identität der Menschen und Orte in Sierra Leone mit Landschaften, Portraits und Objekten der einzelnen Orte zu authentischeren Darstellungen, als es ein einzelnes Bild vermitteln vermag. Sie wünscht sich, dass sich die Menschen in Sierra Leone das Werk anschauen und stolz auf ihr Land sind.

Ngadi Smart (*1988) wurde in London geboren, wo sie heute lebt.

Untitled, from White Gold Series, 2021 | © Amina Kadous

White Gold 2021
Die ersten Samen ihrer Identität wurden in El Mehalla Al Kobra gepflanzt, ihrer Heimat und der ägyptischen Baumwolle. Durch ihre jungen Augen erstrahlte das Haus ihres Grossvaters mit Licht und Erinnerungen, die die Baumwollfäden widerspiegeln, die sich über drei Generationen reichen. Ihr Urgrossvater war Seiden- und Wollhändler, einer der ersten in El Mehalla, der die Anfangsphase des damals populären werdenden Textilhandels prägte. In den späten 1960er Jahren gründete Ihr Grossvater eine Textilfabrik in der Stadt, in den 1980er Jahren folgte ihr Vater und pflanzte Baumwollsaat.

Sie stützt sich auf das Vermächtnis ihrer Grosseltern, deren Archive und der erodierenden Geschichte ihrer Heimat Ägypten und versucht mit dieser Arbeit die übriggebliebene und verdorrte Baumwollsaat wieder zu verbinden und zu sammeln. Einst ein wichtiges Symbol für die ägyptische Identität und des kulturellen Reichtums, dass sie mit der Vergangenheit, der Entwicklung, der Erosion und dem heute verbindet. Sie stellt sich die Fragen was gewesen sein könnte, was könnte noch sei und was sie verloren haben?

Amina Kadous (*1991) in El Mehalla geboren und lebt heut in Kairo, Ägypten.

Junior Mungongu. 2021 | © Colin Delfosse

Fulu Act, 2021
In den Strassen Kinshasas machen Künstler:innen auf die Herausforderungen aufmerksam, mit denen die kongolesische Hauptstadt zu kämpfen hat. In einer zunehmend zerstörten Umwelt hinterfragen sie den Überfluss an Konsumgütern und Müll, indem sie sie zu Kostümen recyceln. Als Kollektiv treten sie in den Strassen auf und prangern gesellschaftliche Probleme an: fehlende Gesundheitsversorgung, Umweltverschmutzung, Abholzung und Überkonsum. Mit einer urbanen Kultur und symbolischen Ritualen ihrer Vorfahren treten die Künstler:innen in einen Dialog mit dem Einwohner:innen der Stadt.

Die demografische Explosion dieser Megalopolis in Verbindung mit den wachsenden Bedürfnissen, einer globalen Wirtschaft und einem grossen Appetit auf Einwegplastik haben zu einer massiven Einfuhr von Konsumgütern geführt, die eine Verwüstung hervorrufen. Die Folgen sind alarmierend: 13 Millionen Einwohner erzeugen jeden Tag 7 Tonnen Abfall. Arme Stadtviertel sind am stärksten betroffen – die Ungleichheit wird verstärkt.

Ausserhalb des Stadtzentrums reihen sich Slums an Slums aneinander – ohne jegliche Infrastruktur. Die Beschaffung von Lebensmitteln und die Fortbewegung stellen eine tägliche Herausforderung dar. Der kongolesische Staat ist nicht in der Lage, grundlegende Probleme wie fehlende Strassen, Kanalisationen und Strom zu lösen.

In diesen Vierteln verkörpern die Künstler:innen ihre Stadt neu, indem sie zeitgenössische Mythen schaffen. Was die traditionellen Rituale betrifft, so verkörpern sie den Archetypus der Natur, der sich den wichtigsten Herausforderungen der Umwelt konfrontiert und stellen unsere Modernität in Frage.

Colin Delfosse (*1981) ist in Ixelles geboren und lebt in Brussels, Belgien.

L‘origine du monde. 2018 | © Fatimazohra Serri

Shades of Black, 2022
2017 hat Fatimazohra Serri aus einem tiefen Bedürfnis mit diesem Langzeitprojekt begonnen, um ihre Gedanken und ihrer Ablehnung der Situation, in der sie sich und die Frauen, die sie umgeben auszudrücken. Sie möchte mit der Arbeit die Situation der Frauen in der marokkanischen Gesellschaft, insbesondere die konservative Seite anhand der Realität ihres Lebensunterhaltes und den verschiedenen Herausforderungen aufzeigen, mit denen sie konfrontiert sind. Sie lässt sich von ihrer Umgebung inspirieren, von Frauen, die sie kennt, von Situationen, die sie selbst täglich erlebt. Ihre Bilder spiegeln das Leben der Frauen in der marokkanischen Gesellschaft wider. Das Projekt ist auch eine Vertiefung der Erkundung von Weiblichkeit, von Sexualität und der Beziehung zwischen Frauen und Männern.

Fatimazohra Serri (*1995) ist in Taza geboren und lebt in Nador, Marokko.

Reflected Refraction. 2022 | © Mekbib Tadesse

Lost in Connection, 2022
"Ein Eichhörnchen, das vor Ihrem Haus stirbt, kann für Ihre Interessen relevanter sein als Menschen, die in Afrika sterben." Mark Zuckerberg
Prägnanter könnte dieser Satz den Stellenwert und den Platz von Afrikaner:innen in der virtuellen Welt nicht besser ausdrücken. Eigentlich sollte das Internet die Welt zusammenbringen und doch entscheiden Kodierungen und Algorithmen was wir sehen, um mit kommerziellen Absichten Emotionen zu wecken und uns mit den gleichen Dingen wieder trennen. Was uns verbinden sollte, trennt uns. Es ist offensichtlich, dass der allgemeine Konsum von Onlineinhalten, geblendet von Freuden der virtuellen Erfahrung, seinen Preis hat, sei es Chaos, Ablenkung, Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit oder anderes. Algorithmen drängen uns in eine Ecke, aus der wir kaum entkommen können. Mekbib Tadesse ist überzeugt, dass in dieser Auseinandersetzung der afrikanische Kontext nur am Rande eine Rolle spielt. Während afrikanischen Länder versuchen, ihre Bevölkerung mit Internet zu versorgen und zu erreichen, haben viele App-Entwickler die Idee der Nutzungslücke verdrängt und den Konsum virtueller Inhalte unterschätzt. Soziale Medien sind nicht das Problem, aber sie sind der Motor für das Chaos, das wir derzeit erleben.

 Mekbib Tadesse (*1989) wurde in Addis Abeba, Äthiopien geboren, wo sie heute lebt.

Ma kwela. 2022 | © Robert Nzaou Kissolo

Louzolo, 2022
Louzolo – Liebe in Kikongo einer lokalen, kongolesischen Sprache. Die Serie beleuchtet die Sprache der Liebe in der kongolesischen Gesellschaft, die Gebote und Verbote, was akzeptiert wird und was nicht… Wie viel ist zu viel, wie kann, darf man Liebe in der Öffentlichkeit ausdrücken. Die Bilder zeigen ein vertauschtes Rollenbild, wie es in den meisten kongolesischen Haushalten üblich ist. Kleine Dinge, die die Wertschätzung zwischen Männern und Frauen bedeuten.

Robert Nzaou Kissolo (*1976) wurde in Nkayi geboren und lebt heute in Pointe-Noire, DR Kongo.

Mrs. May. 2021 | © Remofiloe Nomandla Mayisela

Lip Service, 2022
Lip Service erforscht den Gedanken, der hinter dem berühmt, berüchtigten Satz: "Der Weg zum Herzen eines Menschen führt durch seinen Magen." Ein Sprichwort, das auf der ganzen Welt bekannt ist. Im Laufe der Jahre wurden Frauen Räume zugewiesen, die von der patriarchischen Gesellschaft gestützt wird. Oft sind die Räume auf das Haus, die Wohnung, insbesondere die Küche begrenzt. Innerhalb der etablierten Konsumkultur funktionieren Frauen weiterhin als Warenfetisch – eine Erfahrung, die nicht durch Nationalität und Geografie begrenzt wird. Der Vergleich von Frauen mit Lebensmitteln ist ein beliebtes rhetorisches Mittel, um Frauen auf die gleiche Stufe zu stellen – leicht zu bekommen und zu geniessen. Als junge moderne Makoti [1]begann Remofiloe Nomandla Mayisela in einer institutionellen Verbindung wie der Ehe die starke kulturelle, patriarchalische Zuweisung von Frauen in die Küche und ihrer Körper für den Konsum zu spüren. 

Remofiloe Nomandla Mayisela (*1994) wurde in Johannesburg geboren, wo sie heute lebt.

Die fünf Gewinner:innen werden am 17. Juni, 17 Uhr im Rahmen der photo basel bekannt gegeben.

Der CAP-Preis ist der internationale Preis für zeitgenössische afrikanische Fotografie, der seit 2012 jährlich an fünf Fotografen verliehen wird, deren Werke auf dem afrikanischen Kontinent entstanden sind oder die sich mit der afrikanischen Diaspora auseinandersetzen.

[1] Makoti – Braut oder Schwiegertochter. Ein in Südafrika weit verbreiteter kultureller Begriff.

Encounter…

Aus der Serie Encounter | © Silvia Rosi

Encounter ist ein fiktives Familienalbum, das die Erzählungen von Migration und Diaspora durch Selbstportraits, Theatralik und Symbolik erforscht. Inspiriert von einem Bild ihrer Mutter, die in ihrer Jugend auf dem Markt von Lomé arbeitete, zeichnet Silvia Rosi die Migration ihrer Eltern von Togo nach Italien nach.

Aus der Serie Encounter | © Silvia Rosi

Mit eigenen künstlerischen Strategien und der Tradition der westafrikanischen "Studioportraits" entwickelt sie die Inszenierung ihrer Familiengeschichte. Sie stellt die Visualisierung der italienischen Afro-Abstammung und die ständige Arbeit der Identitätsverhandlung. Mit Encounter hinterfragt Silvia Rosi den Betriff der Identität, der sich für diese Italiener und Italienerinnen mit diasporischer Abstammung in ständiger Entwicklung befindet.

Aus der Serie Encounter | © Silvia Rosi

Ihre Bilder erwähnen Themen der in die Gegenwart geholten Tradition und der Auswirkungen der Migration. Ein zentraler Aspekt in ihrer Arbeit ist die Beobachtung des traditionellen Transportierens auf den Köpfen. Sie beleuchtet die Komplexität familiärer Beziehungen und die (Selbst-)Darstellung familiärer Bindungen als ein Ort, an dem strukturelle soziale Fragen auftauchen und Subjektivitäten gefeiert werden, die im Mainstream verborgen sind.

Aus der Serie Encounter | © Silvia Rosi

Silvia Rosi (*1992) lebt zwischen England und Italien. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in Fotografie vom London College of Communication. Im Jahr 2020 gewann sie den Jerwood/Photoworks Award und den Portrait of Britain Award des British Journal of Photography. Ihre Arbeiten wurden in mehreren Ausstellungen in London gezeigt, darunter der Taylor Wessing National Portrait Prize, die Autograph ABP New Artist Commissions und das PHMuseum Days Photo Festival. Auftrag des Jerwood/Photoworks Awards 2020

Aus der Serie Encounter | © Silvia Rosi

Encounter ist bis am 29. Mai im Rahmen von Circulation(s) in Paris und an den Bieler Fototagen im Photoforum Pasquart zu sehen.

Aus der Serie Encounter | © Silvia Rosi

Preview photo basel 2022…

Bildhalle | © Ilona Langbroek, Bogoriana 2022

Die siebte Ausgabe der photo basel - erste und bislang einzige Kunstmesse für Fotografie der Schweiz, findet vom 14. bis 19. Juni 2022 im Volkshaus Basel zeitgleich mit der Art Basel statt.

Artco Galerie | © Johanna Maria Fritz, Kabul-Afghanistan, 2017

Seit der ersten Ausgabe 2015 hat die photo basel ihr Profil als bedeutendste Fotomesse im deutschsprachigen Raum gefestigt. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Fotografie immer mehr in den internationalen Museen etabliert und bildet ein zentrales Fundament in der jüngeren Kunstgeschichte. Die photo basel möchte als Kunstmesse aktiv zu diesem Dialog beitragen und die Kunstfotografie mit all ihren Interessengruppen gleichzeitig während der Art Basel zusammenführen.

Galerie 94 | © Anna Lehmann-Brauns, Museum der Unschuld Istanbul, 2020

40 internationale Aussteller*innen aus 18 Ländern nützen die photo basel ihre Künstler*innen Sammler*innen und einem interessierten Publikum zu präsentieren. Auch dieses Jahr können neu hinzugekommene Galerien und ihre Künstler*innen entdeckt werden: The Photographer’s Gallery (London), Analix Forever (Geneva), Bonne Espérance (Paris), Contour Gallery (Rotterdam), die Mauer (Prato), Espace L (Geneva), Galerie XII (Paris & Los Angeles), Mars Gallery (Melbourne), ToBe Gallery (Budapest), Versus Art Projects (Istanbul).

Contour Gallery | © Margriet Smulders, Who likes Red, Yellow and Blue,2020

Galerien der 7. Ausgabe der photo basel
Alex Schlesinger, Zürich
Analix Forever, Geneva
Artco, Aachen, Berlin & Cape Town
Arte Giani, Frankfurt
Baudoin Lebon, Paris
Bildhalle, Zürich & Amsterdam
Bonne Espérance*, Paris
Camara Oscura, Madrid
Catherine & André Hug, Paris
Clair by Kahn, Zürich
Contour Gallery*, Rotterdam
Die Mauer*, Prato
Galerie Dix9, Paris
Dorothée Nilsson Galerie, Berlin
Galerie Echo119, Paris
Espace L*, Geneva
Fabian & Claude Walter Galerie, Zürich
Galerie 94, Baden
Galerie Bart, Amsterdam
Galerie Esther Woerdehoff, Paris & Geneva
Galerie l'antichambre, Chambéry
Galerie Peter Sillem, Frankfurt
Galerie Springer Berlin, Berlin
Galerie STP, Greifswald
Galerie Monika Wertheimer, Oberwil/Basel
Galerie XII*, Paris & Los Angeles
Galerija Fotografija, Ljubljana
Hartmann Books, Stuttgart
Ibasho, Antwerpen
ISSP, Riga
Kahmann Gallery, Amsterdam
Mars Gallery*, Melbourne
Migrant Bird Space, Berlin & Beijing
Python Gallery*, Zürich
Photon, Ljubljana & Vienna
Red Lab Gallery*, Milano
The Photographers’ Gallery*, London
ToBe Gallery*, Budapest
Versus Art Project*, Istanbul
Willas Contemporary*, Oslo & Stockholm

Red Lab Gallery | © Yorgos Yatromanolakis, 004, 2018

Für die siebte Ausgabe konnte photo basel Sonia Voss als künstlerische Leiterin gewinnen. Ihre wichtigsten Ausstellungen: Isabelle Le Minh: Cristal réel. After Alfred Ehrhardt (Goethe Institut Paris & Alfred Ehrhardt Foundation Berlin, 2019-20); Restless Bodies: Ostdeutsche Fotografie 1980-89 (Rencontres d'Arles, 2019), Louis Roederer Discovery Award 2021 (Rencontres d'Arles, 2021) und zwei Ausstellungen im Musée de la Chasse et de la Nature in Paris: Sophie Calle, Serena Carone: Beau doublé, Monsieur June 14 - 19, 2022 ©PUTPUT Popsicles 2012 - Courtesy Galerie Esther Woerdehoff le marquis! (2017-18) sowie George Shiras: In the Heart of the Dark Night (2016-17). Sonia Voss ist zudem Autorin bei folgenden Verlagshäusern tätig Éditions Xavier Barral, Koenig Books, Filigranes und Kehrer.

Galerie XII Paris | © Mona Kuhn, An Open Door, 2006

photo basel Benefiz Edition
Aufgrund des andauernden Krieges in der Ukraine, wird die photo basel die Werke von 5 Künstler*innen mit ukrainischer Herkunft in einer Sonderedition auf der Messe verkaufen. Der Erlös wird vollumfänglich gespendet.

Les mains de Suzana, 1939 | © Gisele Freund

Hommage an Anita Neugebauer
Anita Neugebauer (1916-2012) gründete 1976 mit der Galerie "photo art basel" die erste Fotogalerie der Schweiz und setzte sich die Vermittlung von internationaler und nationaler Fotografie zum Ziel. Mit ihrer regen Galerie-, Ausstellungs- und Sammeltätigkeit wurde sie zu einer wichtigen Wegbereiterin für die weitere Entwicklung der Fotografie in der Schweiz. Die photo basel widmet in der diesjährigen Ausgabe mit der Sonderausstellung "Anita’s Point of View" eine Hommage an die Pionierin der Schweizer Fotogalerien. Kuratiert wird diese Sonderausstellung unter anderem von ihrer Tochter, Claudia Neugebauer sowie Alessia Widmer.

Art, FineArt, Art FairMiryam Abebe
Family Affair…

© Ismail Zaidy

Bereits als Kind war Ismail Zaidy angetan von der Art und Weise wie Frauen ihre Stoffe, zum Beispiel der Djellaba[1], auf der Strasse trugen, diese traditionellen Kulturen und Kleidungsweisen inspirieren den Fotografen noch heute.

© Ismail Zaidy

Fotografie ist für Ismail Zaidy eine "Familienangelegenheit". 2018 hat er mit dem Projekt "3aila" (عائلة, arabisch Familie) gestartet. Seine Geschwister Fatima und Othmane spielen eine wichtige Rolle bei der Ideenfindung hinter den Bildern. Die Bilder nimmt er mit seinem Handy im Studio Sa3ada, ein Raum, den sie auf dem Dach ihres Wohnhauses eingerichtet haben, auf. Sa3ada – Freude, sei das Gefühl, das sie beim Gestalten in diesem Raum haben.

© Ismail Zaidy

Der kreative Prozess beginnt mit der Ideenentwicklung, dem Beschaffen der Requisiten meistens auf dem Flohmarkt. Die Zeitplanung hängt stark von der Schulzeit seiner Geschwister ab. Steht eine Prüfung an, wird alles auf Eis gelegt.

© Ismail Zaidy

In seiner Arbeit versucht er die verschiedenen Familienthemen zu beleuchten; Alltagsprobleme, fehelende Kommunikation, Distanz zwischen Geschwistern und Eltern. Entfremdung in der Familie sei ein Problem, das viele betreffe, aber keiner spreche die Problematik an. Er möchte mit seiner Arbeit zeigen, dass Familie eines der wertvollsten Geschenke im Leben ist.

© Ismail Zaidy

Ismail Zaidy ist in der Gegend von Marrakesch aufgewachsen. Er ist Autodidakt. 2017 begann er die Fotografie als kreatives Ventil für seine Perspektive zu nützen. Er nutzt seine Praxis und die Möglichkeit, mit dem Handy zu fotografieren und über digitale Plattformen zu veröffentlichen - als Mittel, um diese einzigartigen, poetischen Aspekte seiner Kultur zu teilen. Ismail Zaidy ist Mitglied von Noorseen. Noorseen ist ein marokkanisches Kollektiv mit 14 Fotografen und Fotografinnen.

Arbeiten von Ismail Zaidy sind bis 12. Juni 2022 im Rahmen der Cap Prize Ausstellung im Rieterpark in Zürich zu sehen.  

Ben Füglister (Gründer Cap Prize und Kurator der Ausstellung) führt am 17. April, 1., 15. und 28. Mai durch die Ausstellung im Park. Am 29. Mai gibt es eine Spezialführung durch die Cap Prize Ausstellung im Park und der Ausstellung "The Future is Blinking" im Museum Rietberg.

© Ismail Zaidy

Der CAP-Prize ist der internationale Preis für zeitgenössische afrikanische Fotografie, der seit 2012 jährlich an fünf Fotografen vergeben wird, deren Werke auf dem afrikanischen Kontinent entstanden sind oder die sich mit der afrikanischen Diaspora auseinandersetzen.

[1] Die Djellaba (arabisch جلابة), auch Dschellaba oder Galabiya, ist ein traditioneller bodenlanger und die Körperkonturen weitgehend verbergender Überwurf- und Kapuzenmantel mit langen Ärmeln in den Ländern des Maghreb, insbesondere in Marokko. Es unterscheidet sich von der ägyptischen Galabija durch eine angenähte spitze Kapuze. Djellabas als Frauengewänder sind erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts in den Städten bekannt geworden; auf dem Land geschah dies erst in den 1970er und 1980er Jahren. Durch die Verwendung von in hellen Tönen gefärbter Stoffe oder durch besonders feine Webtechniken sind sie in der Regel auffälliger als die der Männer; mittlerweile sind sie auch häufig gemustert (Karos, Blumen etc.). Als Frauenkleidung wird die Djellaba gelegentlich auch aus Seide gewebt und/oder mit Gold- und Silberfäden bestickt und verziert; sie dient dann als eine Art Festgewand oder "Abendkleid". Die Kapuzen vieler Frauen-Djellabas enden oft in einer Quaste. (Quelle: Wikipedia)

Art, ExhibitionMiryam Abebe
Memories of Perception…

Donkey skin | © Marianna Rothen

Die ausgestellten Fotografien spielen mit Reflexionen, Spiegeleffekten und Transparenzen, fangen den Moment ein oder betonen inszenierte Kompositionen und erforschen die emotionalen Qualitäten von Licht und Schatten. Die als chimärische Erzählung präsentierten Werke beider Künstlerinnen greifen ineinander und ihre Bilder loten die Tiefen des Unterbewusstseins aus, indem sie diese in einer bestimmten Umgebung oder einem bestimmten Rahmen aufstellen und ihre Figuren in metaphorischen Tableaus darstellen.

AD 6329, 2014 | © Mona Kuhn

"Ein Bild kann eine unterdrückte Erinnerung hervorholen und einen bestimmten Moment viel schneller ins Gedächtnis rufen als Worte. Das ist möglich, weil unser Gehirn die 'Essenz' eines Bildes sehr gut speichern kann, indem es nicht nur das Motiv, sondern auch bestimmte visuelle Qualitäten festhält."[1] Bei beiden Künstlerinnen geht es um die Flüchtigkeit der Realität und um die Erinnerung. In ihren Arbeiten, die zwischen persönlicher, kultureller und kollektiver Identität oszillieren, geht es um das intime Zeugnis des Selbst bei Marianna Rothen und um das des Anderen bei Mona Kuhn.

Backstabber | © Marianna Rothen

Während Mona Kuhn in ihrem experimentellen Umgang mit dem Akt in enger Beziehung zu ihren Modellen arbeitet, indem sie ihnen die Freiheit des Ausdrucks in Bezug auf ihre Darstellung lässt, inszeniert Marianna Rothen sich und ihre Freunde in eigentümlichen Szenarien unter Verwendung von Archetypen und Idealen aus der Filmwelt.

AD 7809, 2014 | © Mona Kuhn

Jede Szene ist wie ein visuelles Tagebuch gestaltet und wirkt durch Licht, Schatten und Reflexion wie aus Vergangenheit und Gegenwart zusammengefügt. Die Fotografien, die reich an Metaphern und harmonischen Details sind, spielen sowohl mit der Konstruktion von Raum als auch von Zeit. Schatten vervielfachen sich, Muster antworten, es ist fast so, als ob unser Sehen unsere Erinnerung konfrontiert und uns auffordert zu hinterfragen, was es bedeutet, einen Raum nicht nur zu sehen, sondern in ihm zu existieren. 

Cowboy #3 | © Marianna Rothen

Daher ist die Betrachtung der Fotografien der beiden Künstlerinnen wie die Betrachtung einer Vielzahl von Geschichten, die wir mit unserer eigenen inneren Erfahrung in Verbindung bringen können. Indem sie die Erinnerung an unbewusste Erfahrungen wachrufen, beleuchten sie eine Geschichte, die uns allen gehören könnte. Indem wir die Grenzen zwischen Abwesenheit und Anwesenheit, zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen, zwischen dem Sichtbaren und dem Verborgenen verwischen, rufen wir Erinnerungen an die Wahrnehmung wach.

AD 7013, 2014 | © Mona Kuhn

Mona Kuhn (geb. 1969, São Paulo, Brasilien) ist eine Fotografin und Medienkünstlerin. Kuhn, die für ihre zeitgenössischen Darstellungen bekannt ist, gilt als eine der führenden Künstlerinnen in der Welt des figurativen Diskurses.  In ihrer mehr als zwanzigjährigen Karriere konzentriert sich Kuhns Praxis auf die Geheimnisse der physischen und metaphysischen Präsenz der Figur.  Kuhn betrachtet die Figur und die Darstellung als eine Plattform für unsere komplexen Emotionen, Wünsche und Ängste. Während sie ihren fotografischen Stil festigte, schuf Kuhn ihren einzigartigen Ansatz für den Akt, indem sie Freundschaften mit ihren Motiven entwickelte und eine Reihe von spielerischen visuellen Strategien einsetzte, die natürliches Licht und minimalistische Einstellungen nutzen, um ein Gefühl des Wohlbefindens zwischen der menschlichen Figur und ihrer Umgebung hervorzurufen. Ihr Werk ist natürlich, ruhig und eine Neuinterpretation des Aktes im Kanon der zeitgenössischen Kunst. 

Kuhns Arbeiten wurden im Le Bal und im Louvre Museum, Paris; in der Royal Academy of Arts, London; im Musée de l'Elysée, Lausanne; im Leopold Museum, Wien und im Australian Centre for Photography, Sydney, ausgestellt. Ihre Arbeiten befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen weltweit, darunter im J. Paul Getty Museum, Los Angeles; Los Angeles County Museum of Art, Kalifornien; Hammer Museum, Los Angeles; Perez Art Museum, Miami; George Eastman Museum, Rochester, New York; Museum of Fine Arts, Houston; Kiyosato Museum of Photographic Arts, Japan und in der di Rosa Foundation, Napa, Kalifornien. Steidl hat bisher sieben Monografien über Kuhns Werk veröffentlicht. Die Monografie, She Disappeared into Complete Silence, enthält einen Text von Salvador Nadales, Kurator am Museo Reina Sofia in Madrid, Spanien. In ihrer neuesten Monografie, Kings Road erkundet Mona Kuhn lyrisch die Bereiche von Zeit und Raum innerhalb der architektonischen Elemente des Schindler House in Los Angeles. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Los Angeles, Kalifornien.

AD 7085, 2014 | © Mona Kuhn

She Disappeared into Complete Silence, welches zwischen 2014 und 2019 zusammen mit Jacintha, einer Freundin der Familie, in einem Glashaus am Rande des Joshua Tree National Park entstand, ist nach der ersten Monografie von Louise Bourgeois benannt und erkundet den weiblichen Akt, der von der ätherische Pracht der "Goldenen Stunde" in der Wüste befreit wird. Die einstöckige, minimalistische Struktur spiegelt die goldenen Farbtöne der Umgebung wider und wird so zu "einer Erweiterung meiner eigenen Kamera und Optik", so Kuhn. "Diese lichtdurchlässigen Oberflächen boten eine grossartige Kulisse für Reflexionen und wirkten manchmal wie ein Prisma." Die menschliche Figur, Monas Freundin und Mitarbeiterin Jacintha, erscheint wie eine surrealistische Fata Morgana, fragmentiert und undeutlich, zuweilen in Schatten getaucht oder überbelichtet. Die Glas- und Spiegelfassade des Gebäudes dient als optische Ebene, als Erweiterung der Kamera und des Objektivs der Künstlerin. Das Licht wird in sich brechende Farben aufgespalten, die Wüstenvegetation wächst seitwärts, innen ist aussen und aussen innen. Kuhn forciert einen gewissen Desorientierungseffekt, indem sie Metallfolien als zusätzliche Oberfläche einführt, was zuweilen zu rein abstrakten Ergebnissen führt. She Disappeared into Complete Silence markiert Kuhns zunehmende Verwendung von Techniken, die scheinbar Figuren, Abstraktionen und Landschaften ineinander verschmelzen lassen. 

Betty & Veronica #2 | © Marianna Rothen

Marianna Rothen (geb. 1982, Kanada) nutzt Fotografie und Film, um konventionelle Vorstellungen von weiblicher Schönheit und Geschlechterpolitik zu untersuchen. Mit 15 Jahren arbeitete Rothen als Fotomodell und verbrachte später mehrere Jahre damit, die Welt zu bereisen und ihre Erfahrungen fotografisch zu dokumentieren. Derweil sie traditionelle fotografische Verfahren mit digitalen Medien kombiniert, schafft sie Bilder, die ein Gefühl von Geheimnis und Unbehagen hervorrufen, indem sie sich auf weibliche Charaktere im Rahmen einer nostalgischen Dystopie konzentriert. In Kombination mit zerfallenen Innenräumen, Wildnis und verführerischen Motiven strahlen Rothens Arbeiten einen Hauch von Geheimnis und Unzufriedenheit aus, die Teil einer umfassenderen Erzählung werden.  

Einzelausstellungen ihrer Arbeiten fanden in der Steven Kasher Gallery in New York, der Little Black Gallery in London, der Galerie Stephan Witschi in Zürich, der Galerie Ingrid Deuss in Antwerpen und Kaune Contemporary in Köln statt. Ihre Arbeiten waren Gegenstand von drei Monografien: Snow and Rose & Other Tales, Shadows in Paradise und Mail Order, die alle bei b.frank books erschienen sind. Rothen’s Arbeiten wurden bereits im The New Yorker, Collector Daily, New York Magazine, The Paris Review, in der Vogue, in Dveight, Photoworks, Elephant, Interview, AnOther, Upstate Diary, Huffington Post und Art Daily veröffentlicht. Die Künstlerin lebt und arbeitet in New York. 

Mrs. Dubinbaum | © Marianna Rothen

Die ausgestellten Fotografien aus der Serie Shadows in Paradise beziehen sich auf drei Filme: Persona von Ingmar Bergman, Drei Frauen von Robert Altman und Mulholland Drive von David Lynch. Die Serie wurde entwickelt, um Figuren aus Rothens erster Monografie Snow and Rose & Other Tales, erschienen 2014, wieder aufzugreifen und neu zu gestalten. In einer Welt ohne Männer schienen diese Frauen überschwänglich, aber hier in ihren "Shadows"-Fotografien, ist die Fantasie komplexer: Ihre Probandinnen stellen fest, dass Männer und Männlichkeit immer noch in der Kultur lauern, die sie konsumieren, auch wenn keine Männer physisch anwesend sind - in Zeitungsüberschriften, auf der Rückseite von Zeitschriftencovern, in Gemälden an einer Wand. Rothen, weitere Models und ihre Freundinnen inszenieren in den Fotografien melancholische Szenen, in denen sie sich selbst in Spiegeln betrachten oder in die Ferne starren. Jede Frau setzt sich mit ihrer Selbstwahrnehmung auseinander. 

Bushes 22, 2018 | © Mona Kuhn

Gastautorin
Alice Le Campion war mehrere Jahre im Galeriebereich tätig, vorwiegend in der Förderung von aufstrebenden internationalen Künstlern, bevor sie in ihr bevorzugtes Medium der Fotografie eintauchte. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Akquisition, die sie während ihrer Tätigkeit als Leiterin einer privaten Fotokunstsammlung in Berlin, Deutschland, gesammelt hat. Sie hat zahlreiche Fotoausstellungen etablierter Fotografen wie Jeanloup Sieff und Erwin Blumenfeld sowie Gruppenausstellungen kuratiert, die weibliche Repräsentationen betonen und sich an feministischen Theorien und Geschichten des Geschlechts orientieren. Neben ihre Tätigkeiten als Kuratorin mit Schwerpunkt Fotografie arbeitet Alice als Spezialistin in der Abteilung Fotografie eines Auktionhauses in New York. 

Fault, 2013 | © Mona Kuhn

Die Ausstellung Memories of Perception kann noch bis 7. Mai 2022 in der Galerie Stephan Witschi in Zürich besucht werden.

[1] Zitat Dr Daniel Glaser, Leiter Wissenschaftsgalerie, King’s College London

Im Schatten der Bäume…

Natural Order #22. Grey County. Ontario. Canada, 2020 © Edward Burtynsky, Courtesy of Flowers Gallery, London & Nicholas Metivier Gallery, Toronto.

Im Frühjahr 2020 befand sich Edward Burtynsky aufgrund der Coronavirus-Pandemie in Ontario (CA) in Isolation. Der Fotograf, der es gewohnt ist, durch die Kontinente zu reisen, nutzte diese Isolation als Gelegenheit, sein Objektiv auf die Landschaften um ihn herum zu richten. Das Ergebnis ist die neue Bildserie Natural Order, die in der Zeit des Jahres entstanden ist, in der die Erde aufblüht und neu geboren wird. Vom eisigen Schlummer des Winters bis zur fruchtbaren Dringlichkeit des Frühlings sind diese Bilder eine Bestätigung der Komplexität, des Wunders und der Widerstandsfähigkeit der natürlichen Ordnung in allen Dingen. Burtynsky betrachtet eine Vielzahl von scheinbarem Chaos, aber aus dieser selektiven Betrachtung entsteht eine Ordnung - eine dauerhafte Ordnung, die intakt bleibt, wie auch immer unser eigenes menschliches Schicksal aussehen mag. Diese Bilder wurden alle an einem Ort namens Grey County in Ontario aufgenommen.  

"Sie stammen auch aus einem Ort in meinem Kopf, der danach strebt, aus dem Chaos eine Ordnung zu schaffen und als beruhigender Balsam in diesen unsicheren Zeiten zu wirken", erklärt Edward Burtynsky.

Abbaye de Jumièges. Normandie. France, 2019 © Benjamin Deroche

Benjamin Deroche präsentiert eine Gruppe von Fotografien, die aus zwei Serien stammen: Surnature, die 2017 begann, und La lumière du loup, ein Projekt, das während seines Aufenthalts in der Normandie in der Abbaye de Jumièges (Juni 2019 bis Januar 2020) entstand. Am Anfang von Benjamin Deroches Arbeit steht der Wunsch, dem Wald, einem Ort der Therapie für Körper und Geist, eine Hommage zu erweisen, indem er einen fast animistischen Ansatz in Verbindung mit der Natur verfolgt. Das vor 12 Jahren begonnene Projekt hat es dem Künstler ermöglicht, sich zu allen Jahreszeiten im Wald aufzuhalten und durch seine Linse zu verstehen, wie sich das Licht und die Farben im Laufe des Jahres entwickeln. Er verwendet natürliche Elemente wie Beeren, Blumen oder Mineralien, die er in der Baumkrümmung anbringt. Er arbeitet auch mit Papier, Seilen und anderen zusätzlichen Elementen, die es ihm ermöglichen, seine Szene zu "rahmen" und ein fotografisches Bild voller Frieden und Ruhe zu schaffen. Heute ist diese Serie eher ein spiritueller Prozess und eine Suche nach dem Unsichtbaren als eine einfache Verpflichtung, Zeugnis von der Natur abzulegen.

Primary forest 18, roots, Malaysia from the series Reading the Landscape, 2012 © Olaf Otto Becker

Reading the Landscape befasst sich mit dem weltweiten Problem der Entwaldung und untersucht unsere Fähigkeit, die Natur zu verstehen und zu überdenken.

In den letzten 30 Jahren wurden in Indonesien fast 90 % der Wälder zerstört und durch Monokulturen ersetzt. Reading the Landscape ist ein Fotoprojekt und Buch, das in drei Abschnitten (Habitat I, Habitat II und Habitat III) die drei Zustände der Natur in den Primärwäldern Indonesiens und Malaysias dokumentiert: intakte Natur, zerstörte Natur und künstliche Natur. In diesem letzten Abschnitt macht Olaf Otto Becker auf die fehlende Vegetation in den Grossstädten und den verwässerten Einsatz von Bäumen aufmerksam, mit denen wir versuchen, diesen Zustand zu beheben. Letzteres zeigt auch, wie der Mensch den Bezug zur Natur verlieren kann, den er vor allem für die "Dekoration" der Stadtlandschaft braucht. Gleichzeitig schaffen wir eine Version des Waldes, die unserer eigenen Vorstellung entspricht und Pflanzen in eine "Ware" verwandelt, die ständig erneuert werden muss. Reading the Landscape spiegelt einen fatalen ökologischen und ökonomischen Prozess wider, der den Point of no Return überschritten hat.

from the series Résurgence, 2011-2015 © Mustapha Azeroual

Ausgehend von dem Motiv des Baumes als Element unseres kollektiven Gedächtnisses untersucht Mustapha Azeroual in Résurgence alte fotografische Verfahren, die den Ursprung des Mediums darstellen. Das Prinzip der Bildkomposition verlangt nach einer Hybridisierung der fotografischen Techniken. Mustapha Azeroual kombiniert das alte Verfahren des Gummidichromats mit dem der Digitalisierung. Die Kammerfotografie, die Digitalisierung von versilberten Negativen und die Überlagerung von Filmen führen zu einer Vervielfältigung der Bilder und zu einer Rahmung des Bildes, die um einen Punkt herum organisiert ist, an dem sich die Baumstämme mit dem Horizont schneiden. Das Auftragen der Gelatine auf das leere Papier, die richtige Dosierung der Mischung aus Gummiarabikum, Dichromat und Pigmenten und die Geste des Pinsels sind allesamt Schritte, die nicht mechanisiert sind, sondern auf die Wahl des Fotografen und seine Sicherheit in der Arbeitsweise zurückgehen.

Sein Werk basiert auf Beobachtung und Experiment und stellt historische Techniken den zeitgenössischen Fragen der Fotografie gegenüber. Résurgence ist eine Serie von Bildern, die auf Papier und Porzellan gedruckt sind. (Informationen entnommen aus einem Beitrag von Jérôme Duvignau)

Peach Blossoms Beam #06, 2019 © Yutao Gao

Nach dem Tod seines Grossvaters kletterte Yutao Gao auf den Gipfel eines Berges, auf dem ein Pfirsichbaum stand. In seiner Trauer war seine Begegnung mit dem Baum unbestreitbar vom Ende des Lebens geprägt. So beschloss er, die Äste des Baumes in einer Reihe von sich wiederholenden Gesten rituell abzutasten, als würde er "dem Baum mit einem glänzenden Kamm das Haar frisieren". Durch dieses Projekt wirft Yutao Gao einen genauen Blick auf seine eigene Existenz. Seiner Ansicht nach ist die Geste des "Kämmens" des Baumes eine Verkörperung der vergehenden Zeit, des "rituellen Sinns von Leben und Tod". Das Ergebnis ist ein Bild der Blüte des Obstbaums, zusammen mit abstrakten, verzerrten Spuren der Zeit. Der Baum sieht aus wie nichts anderes auf der Welt, er ist klar und verschwommen, wie eine Erinnerung.

Kapok. Palm Beach. Floride from the series Portraits of Time, 2004 © Beth Moon

"Die Bilder von Beth Moon fangen die Kraft und das Geheimnis der letzten uralten Bäume der Welt ein. Diese ehrwürdigen Wächter des Waldes gehören zu den ältesten Lebewesen auf unserem Planeten, und es ist von grösster Bedeutung, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um ihr Überleben zu sichern." - Jane Goodall 

14 Jahre lang durchquerte Beth Moon die Welt auf der Suche nach den ältesten Bäumen. Die Zeit, die sie damit verbrachte, sie zu betrachten, verwandelte sich in eine stille Selbstbeobachtung, und als sie die Stämme von Bäumen betrachtete, die manchmal bis zu 2000 Jahre alt sind und Zeugen unserer geologischen Geschichte sind, wurde Beth Moon mit ihrer eigenen vergänglichen Existenz konfrontiert. Die Künstlerin fängt die Schönheit und die Kraft ein, die von diesen Bäumen ausgeht und uns mit dem Konzept der Zeit verbindet. Die hier in Form einer Galerie von Portraits präsentierten Individuen gehören nicht so sehr der Vergangenheit an, sondern setzen die zaghafte Existenz als Teil unserer Zivilisation fort. Beth Moon wählt die beste Jahreszeit aus, zeltet am Fusse der Bäume, die sie fotografieren will, und erhebt das Alter der Bäume - sie überlässt nichts dem Zufall. Das Gleiche gilt für das Verfahren zur "Herstellung des Bildes": Die Künstlerin betrachtet jeden einzelnen Schritt bis zum endgültigen Druck als ebenso wichtig, um das richtige Bild einzufangen. Indem sie sich für die verlangsamte Drucktechnik, das Platin-Palladium-Verfahren, entscheidet, thematisiert sie den Begriff des Überlebens, nicht nur der Bäume, sondern auch der Fotografie.

Slash & Burn #9, 2017 © Terje Abusdal

In Slash & Burn trifft Terje Abusdal auf die Waldfinnen, die in Norwegen und Schweden als nationale Minderheit anerkannt sind. Die Waldfinnen lebten in Finnland, in einer Region in der Nähe von Russland, und betrieben Brandrodung. Diese alte Anbaumethode erforderte, dass die Menschen in ein anderes Gebiet umzogen, sobald die natürlichen Ressourcen erschöpft waren. Um 1600 führte der Bedarf an neuen Anbauflächen zur Abwanderung der Waldfinnen. Sie besiedelten einen ausgedehnten Waldgürtel an der Grenze zwischen Norwegen und Schweden, ein Gebiet, das heute noch Finnskogen (Wald der Finnen) genannt wird. Heute sind die Feuer, die sie entfachten, längst erloschen, und die Kultur der Waldfinnen als solche existiert nicht mehr. Einige Bauernfamilien leben jedoch noch heute nach einigen ihrer Traditionen, insbesondere dem Schamanismus. Das Projekt Slash & Burn basiert auf diesem Glauben und untersucht, was es heute bedeutet, ein Waldfinne zu sein". Diese Fotoserie umfasst "symbolische" Bilder aus dem Gebiet der Waldfinnen sowie Portraits von Mitgliedern der Gemeinschaft. 

Next Possible Victims de la série 100 Hectares of Understanding, 2018 © Jaakko Kahilaniemi

Ob er allein in der Landschaft steht, von anderen Bäumen umgeben ist oder mit ihnen konkurriert, ob er Teil der menschlichen Aktivitäten in der Ferne oder in der Nähe ist, der Baum ist ein wichtiges Thema der zeitgenössischen Fotografie.

Die Variationen der Formen und des Lichts, die der Baum so gut zum Ausdruck bringt, im Grunde das Rohmaterial der Fotografie, sind auch den Pionieren dieses Mediums im 19. Jahrhundert nicht entgangen. In der gesamten Kunstgeschichte wurde der Baum als explizites Symbol des Lebens, des Wachstums, des jahreszeitlichen Todes und der Widerstandsfähigkeit verwendet.

Der Baum, der grösste lebende Organismus der Welt, der manchmal Tausende von Jahren überlebt, ist oft das Emblem einer bestimmten Region oder Kultur, aber er ist auch eine Geisteshaltung. Die Bilder, die durch das Objektiv sichtbar werden, ermöglichen es, sich ein Bild vom Charakter und den Emotionen des Künstlers zu machen.

Genau diese aussergewöhnliche Vielfalt möchte der Hangar mit der Ausstellung Im Schatten der Bäume widerspiegeln, die zwanzig fotografische Projekte vereint. Die Ausstellung soll auch den entscheidenden Platz beleuchten, den Bäume im Leben einnehmen, und den Einfluss, den sie auf das Überleben der Menschheit haben. Im Jahr 2022 können wir die ökologischen und umweltbezogenen Aspekte, die allen künstlerischen Arbeiten zugrunde liegen, nicht mehr ignorieren.

Die Ausstellung In the Shadow of Trees im Hangar Photo Art Center in Brussels ist die Hauptausstellung des PhotoBrussels Festival 06. Die Ausstellung kann noch bis am 26. März 2022 besucht werden.

Sometimes I feel like a Bulgarian not a European…

© Désirée Good, Sava Hlavacek

"Sometimes I feel like a Bulgarian not a European" ist ein multimediales Langzeitprojekt in Kooperation mit Kulturschaffenden aus der Schweiz und Bulgarien.

© Désirée Good, Sava Hlavacek

2005, kurz vor der EU-Osterweiterung entstand der erste Teil der Arbeit. Die europäische Idee hat sich ein "Europa ohne Grenzen" zum Ziel gesetzt – eine Angleichung von Ost und West. 17 Jahre nachdem der eiserne Vorhang gefallen ist, wurden die neuen Freiheiten, Warenverkehr und Personenverkehr auf die ehemaligen kommunistischen Länder erweitert. Viele kritische Stimmen äusserten sich über die geplante Osterweiterung. Bulgarien ist im politischen und wirtschaftlichen Sinne ein "Transformationsland" und seit jeher von verschiedenen Systemwechseln geprägt.

© Désirée Good, Sava Hlavacek

Das Land hat eine komplexe Kulturgeschichte mit vielen unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften und Minderheiten. Die Entwicklung Bulgariens ist geprägt durch die Römer, die Byzantiner sowie die Türken. Zehn Prozent der türkischen Minderheit stammt ursprünglich aus der Zeit des Osmanischen Reiches.

© Désirée Good, Sava Hlavacek

Die herrschenden Vorurteile und das lückenhafte Wissen über das Land gaben Désirée Good und Sava Hlavacek den Impuls und die Motivation - 2 Jahre vor dem EU-Beitritt - eine Annäherung an Bulgarien zu wagen. Die Diversität im Land ist gross. Bei den Recherchen sind sie oft auf den Begriff "Balkan" gestossen. Die Polarisierung und Konstruktion eines "Anderen" wollten sie untersuchen und stellten sich die Frage: Wie verschieben sich die Blicke mit dem neuen Gewand Europas?

© Désirée Good, Sava Hlavacek

Während dieser ersten fünfwöchigen Forschungsreise konfrontierten sie bulgarische Lebensgemeinschaften unter anderem mit der Frage, wie der bevorstehende EU-Beitritt ihre kulturelle Identität beeinflussen, beziehungsweise verändern wird. Sie befragten und fotografierten Menschen aus verschiedenen Landesteilen, ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten sowie sozialen Schichten. Dadurch war es ihnen möglich Kontraste sichtbar zu machen.

© Désirée Good, Sava Hlavacek

Sie wollten aber auch das Naheliegende, Vertraute und Zwischenmenschliche finden. Die Paare wurden in ihrem persönlichen Umfeld portraitiert. Kleine, fast unscheinbare Gesten, Blicke, Berührungen und Posen stehen im Vordergrund der Fotografien. Durch die Öffnung ihres Heims bekamen Good und Hlavacek Zugang zu persönlichen Dingen wie Fotoalben, Dekorationen, Erinnerungsstücken, Schmuckschatullen und weiteren Gebrauchs- und Alltagsgegenständen.

© Désirée Good, Sava Hlavacek

13 Jahre später bereisten die beiden das Land erneut und haben sich auf das aktuelle heutige Bulgarien eingelassen. Was hat sich in den letzten 13 Jahren ereignet? Wie haben sich die portraitieren Menschen verändert? Welche Haltung und Identität haben die jungen Erwachsenen entwickelt, die damals noch Kinder waren? Damals "Balkan" heute ein Teil der EU, was steckt hinter diesen Begriffen und was bedeuten sie? Sie haben von generationsübergreifenden Traumata, Ausgrenzungen und anderen menschenrechtswidrigen Themen erfahren, die zum Teil mit den neuen EU-Grundrechten aufgearbeitet wurden. Bulgarien bleibt bis heute das ärmste EU-Land und leidet immer noch unter der Instabilität seines politischen Systems. Die gleichen Menschen wie vor dem EU-Beitritt wurden 13 Jahre später auf gleiche Art und Weise aufgenommen, am gleichen Ort - soweit es möglich war - in ihrem privaten Umfeld, im gleichen Abstand und Kamerastandpunkt.

© Désirée Good, Sava Hlavacek

Désirée Good (*1982) Fotografin und Kulturschaffende. In ihren Arbeiten beschäftigt siesich mit dem Thema Körper als kulturelle Inszenierung.

 Sava Hlavacek (*1973) Kunsttherapeutin Fachrichtung Intermediale Methode, Fotografin und Kulturschaffende. Sie beschäftigt sich mit den Themen Identität und kulturelle Herkunft.

 Boris Deliradev (*1976) ist freischaffender Autor und Übersetzer. Er beschäftigt sich eingehend mit dem Thema Sozialismus in Bulgarien und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft. 

Diana Ivanova (* 1968) ist eine bulgarische Journalistin, Autorin und Dokumentarfilmerin. Ihr berufliches Interesse gilt dem interkulturellen Dialog zwischen den Menschen in Bulgarien und anderen Ländern. Als Kulturmanagerin und Kuratorin engagiert sie sich für den Kulturaustausch und organisiert jedes Jahr im Nordwesten von Bulgarien das internationale Goatmilkfestival.

Sometimes I feel like a Bulgarian not a European ist bis 28. Februar in der Buchhandlung Never Stop Reading in Zürich zu sehen.

Floating Islands…

Aus der Serie Floating Islands © Matteo Aroldi

Die grösste Offenbarung ist die Stille.

Laotse[1]

Aus der Serie Floating Islands © Matteo Aroldi

Ich schöpfe Atem, kehre wieder auf die Insel in mir. Wie herrlich die Bäume dort! Wasser gibt es und Vögel, im Schein der Sonne die frische Luft. Ich atme aus, genieße die Sicherheit.

Linji[2]

Aus der Serie Floating Islands © Matteo Aroldi

Inspiriert von der traditionellen chinesischen und japanischen Malerei, entstehen in diesen Bildern fantastische und imaginäre Landschaften, die den Betrachter durch nebel- und wolkenverhangene Berge und wilde Gegenden führen.

Aus der Serie Floating Islands © Matteo Aroldi

Inmitten von Myriaden von Wassertropfen, die an Regentagen am Himmel schweben, inmitten des Morgennebels der fahlen Winterdämmerung, inmitten des Abendnebels der schwülen und glühenden Sommer, inmitten von flüchtigen, unsichtbaren Klängen, schweben Felsinseln, einsame Bäume, uralte Wälder, magische Wasserfälle, Wasserströme und seltene Spuren menschlicher Anwesenheit. Eine Welt aus Wasser, dessen Strömungen alles um uns herumtragen und bewegen.

Aus der Serie Floating Islands © Matteo Aroldi

Matteo Aroldi befasst sich in seinen Arbeiten hauptsächlich mit Themen aus den Bereichen Architektur, Stadtlandschaft, Natur und Mensch. Er hatte zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa und Japan. Seine Werke sind in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. Er ist Mitglied von Visarte (Schweizerischer Berufsverband für Bildende Kunst) und SBF (Schweizer Berufsfotografen und Fotodesigner).

Aus der Serie Floating Islands © Matteo Aroldi

[1] Laotse ist ein legendärer chinesischer Philosoph, der im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben soll. Er gilt als Begründer des Daoismus. Das ihm in der Legende zugeschriebene Werk, welches erst durch den Han-Kaiser Jing (157–141 v. Chr.) als Dàodéjīng (Tao Te King, Tao Te Ching) gefasst und betitelt wurde, ist das Hauptwerk des Daoismus. Das Werk ist wahrscheinlich im 4. Jahrhundert v. Chr. entstanden. Trotz der sonst beeindruckenden Überlieferung minutiöser Chroniken und Listen von Herrschern, Beamten und anderen Würdenträgern des alten China ist über Laozi fast nichts bekannt. Die ältesten Quellen, die ihn erwähnen, sind Anekdoten und Legenden, darunter mehrere Geschichten über ihn in Zhuāngzǐs (Dschuang Dsi, Chuang-tzu). Die erste historische oder biographische Quelle findet sich im Shǐjì (Shi chi) des Sīmǎ Qiān (Ssu-ma Ch'ien), den „Aufzeichnungen des Chronisten“ aus dem 1. Jahrhundert v. Chr., doch Sīmǎ Qiān schreibt selbst, dass seine Quellenlage sehr unsicher sei und er widersprüchliche Aussagen über Lǎozǐ gefunden habe; deshalb sei er nicht sicher, ob Lǎozǐ tatsächlich je gelebt habe. (Quelle: Wikipedia)

Aus der Serie Floating Islands © Matteo Aroldi

[2] Linji Yixuan (chinesisch 臨濟義玄, Pinyin Línjì Yìxuán, W.-G. Lin-chi I-hsüan; jap. Rinzai Gigen; † 866/867) ist der Begründer der nach ihm benannten Schule Linji zong (臨濟宗, Línjì zōng, Lin-chi tsung), des Meditationsbuddhismus (Chan) im Kaiserreich China, die in der Folge auch in Korea, Japan und Vietnam Fuss fasst. Am bekanntesten ist die japanische Rinzai-shū, die einen Zweig des japanischen Zen-Buddhismus darstellt. Linji war als junger Mönch in der Huayan-Tradition ein eifriger Studierender der buddhistischen Regeln und Lehrschriften. Eines Tages soll er alle seine schriftlichen Unterlagen verbrannt haben, um ein Mönch der Chan Schule zu werden, deren Belehrungen 'außerhalb der Schriften' übermittelt wurden. So wurde er Schüler von Huángbò sowie dessen Dharma-Nachfolger und erhielt seinen Namen vom Linji-Tempel in Hebei, in dem er ab 851, also zur Zeit der großen Buddhistenverfolgung (ab 845), wirkte. Einige seiner wichtigsten Dharma-Vorträge, Unterweisungen und Dialoge wurden von seinen Schülern im Linji Lu (jap. Rinzai Roku) überliefert. (Quelle: Wikipedia)

Art, FineArtMiryam Abebe
"Face Control" in der Foto Colectania, Barcelona…

Patient #1, 2016. © Alma Haser / Sammlung Art Vontobel, Schweiz

(Sich selbst) sehen, als Selfie inszenieren; von anderen gesehen werden: ein Gesicht; dein Gesicht! Gesucht, erkannt, – verkannt? – einem wahrhaft “janusköpfigen” Themenkomplex widmet sich die aktuelle Ausstellung in der Fotocolectania Barcelona (kuratiert von Urs Stahel).

Are You Talking to Me? – L.P., 2019. © Daniele Buetti / Cortesía del artista

Der gewählte Titel: «Face Control» benennt bereits die beiden gegensätzlichen Anknüpfungspunkte, die beiden Pole, an deren magnetischer Mittellinie entlang sich die Schau mit zahlreichen Werken bewegt: «Face», Gesicht, das Selbst-Porträt bzw. Selfie, dieses Selbstbild also, welches wir vermeintlich autonom über Social Media und andere Kanäle herumpräsentieren, gefiltert, optimiert, bereinigt, oft bis die individuellen Züge hinter einer computergenerierten Maske verschwinden; auf der andern Seite «Control»; die Programme, Algorithmen und Softwares, die befähigt sind, dank der ihr verfügbaren, jede Minute wachsenden Daten-Menge aus einer Masse von anonymen Gesichtszügen einen spezifischen Fall, eine spezifische Person heraus zu identifizieren, zu extrapolieren, zu exponieren. Ein explosives Feld, in dem die Grenzen des «Privaten» und dem «Öffentlichen», aber auch von Manipulation und manipuliert-werden sich überlappen und klare Grenzziehungen schwierig werden.

The Average of Everything, de la serie 'Image Eaters', 2020. © Maria Mavropoulou / Cortesía de la artista

Idealisierte (Selbst-) Bilder sind zwar seit frühster Zeit und in verstärktem Masse aus der Renaissance bekannt; im Karneval geben wir uns seit jeher ein «fremdes» Gesicht, schlüpfen in eine Larve, und bleiben deswegen beim Morgenstraich unerkannt. Im Zeitalter der Aufklärung war es Johann Caspar Lavater, der in seinen Schriften zur Physiognomie den Versuch anstellte, aus Gesichtszügen im Sinne einer Typisierung auf spezifischen Charakteren zu schliessen, und damit viel Gesprächsmunition lieferte. Denn man ahnt natürlich, dass Ansätze zur «Vereinfachung» oder Schubladisierung schnell entgleisen können - und es kaum zwei Jahrhunderte später auch taten.

Guise #0025, from the series 'Gestalt', 2012. © Cortesía de Thomas Rehbein Gallery y Tina Hage

Wir sind eine debattenfreudige Gesellschaft, ausgerüstet mit viel Schrift und Theorie, wortreich und laut. Gerade deswegen ist es umso reizvoller, den Raum Künstler*innen zur Verfügung zu stellen, die sich mit eher stillen, kreativen Mitteln und Strategien diesem Problemfeld stellen oder deren Werke sich thematisch gut einfügen. Die ganz zu Beginn der Schau gezeigten Front/Profil-Fotos von Verbrecher*innen – polizeiliches Bildmaterial zur Identifikation – kann man als thematisches «warm-up» verstehen. Sie leiten schwarzweiss und analog ein in eine sich schnell entfaltende, reichhaltige, farbige, im wahrsten Sinne überaus facettenreiche Ausstellung.

Kurze Texte an den Wänden stecken den theoretischen Rahmen ab, was es den Besucher*innen erleichtert, angeregt von den gezeigten Werken aus der traditionellen Fotografie bis hin zu Multimedia (zu sehen sind u.a. Werke von Diane Arbus, Thomas Ruff und Richard Hamilton ebenso wie von Alma Haser, Daniele Buetti, Shu Lea Chang oder Eva O’Leary) das kontroverse Thema «Face Control» auch für sich selbst zu reflektieren.

Tracked, a self-portrait. 3D avatar and facial tracking, 2019. © Shu Lea Cheang / Cortesía del artista

Es ist der Fundació Fotocolectania bzw. Urs Stahel gelungen, sich diesem komplexen, vielschichtigen Thema im Rahmen einer Ausstellung auf intelligente Weise zu nähern, ohne an Banalitäten hängenzubleiben oder mit simplen Positionen zu langweilen.  

Noch bis 20.3.2022, Foto Colectania Barcelona, C/ Passeig Picasso, 14, 08003 Barcelona

Korell, 2017. © Eva O’Leary / Sammlung Art Vontobel, Schweiz

« (…) Die spanische Regierung arbeitet seit Monaten an der Instandstellung einer «intelligenten Grenze», bei der die Grenzübergänge der (sich auf marokkanischem Boden befindlichen, sma) autonomen Städten Ceuta und Melilla mit Gesichtserkennungs-Kameras ausgerüstet werden. Obwohl solche Pläne sich rechtlich innerhalb der EU-Richtlinien befinden, beklagt eine Reihe von humanitären und sozialen Organisationen den Einsatz von AI (Artificial Intelligence), weil damit fundamentale Rechte der Menschen, die nach Europa kommen, verletzt werden könnten. (…)» (el periódico, Barcelona, 14.1.2022, Übersetzung sma

Ode an den Fisch…

Aus "Ode an den Fisch" © Natascha Auenhammer

Es ist eine Hommage an die Schönheit der Natur und die Ästhetik des Essens. Der Fisch als Teil des Ozeans wird als ästhetisches Objekt gezeigt - eine neue Sichtweise auf unser "Essen".

Aus "Ode an den Fisch" © Natascha Auenhammer

"Ich möchte den Fisch auf eine neue, persönliche Weise präsentieren. In der Form des Stilllebens, des Stilllebens (stil = unbewegt und leven = Existenz), also in Anlehnung an die europäische Kunsttradition der Darstellung toter oder unbewegter Objekte. Meine Darstellung von Fischen im Glas macht die Fische nun lebendig und konterkariert damit den eigentlichen Begriff des Stilllebens. Jeder hat seinen eigenen Ausdruck, Charakter und seine Persönlichkeit."

Natascha Auenhammer

Aus "Ode an den Fisch" © Natascha Auenhammer

Natascha Auenhammer (*1964) ist in Wien geboren und aufgewachsen. 1982 hat sie die Matura gemacht und danach Jusstudium absolviert. 1987 hat sie mit der Ausbildung als Fotografin begonnen. Sie lebt und arbeitet in Wien. Seit 1990 beschäftigt sie sich mit künstlerischer Fotografie, mit Schwerpunkt Körper und Portrait. Sie ist seit 2012 Mitglied des Künstlerhauses der Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs und seit 2013 Mitglied der ESHPH, European Society for the History of Photography.

Aus "Ode an den Fisch" © Natascha Auenhammer

Der TOKYO INTERNATIONAL FOTO AWARDS zeichnet talentierte Fotografen aus der ganzen Welt aus und bringt sie mit einer neuen Publikation einem Publikum in den kreativen Kreisen Japans in Kontakt. Der Award steht allen offen und lädt Fotografen aus der ganzen Welt ein, ihre Arbeiten einzureichen.

Aus "Ode an den Fisch" © Natascha Auenhammer

 

Aus "Ode an den Fisch" © Natascha Auenhammer

Aus "Ode an den Fisch" © Natascha Auenhammer

 

Archivgeschichte #2: Claire Anita Aho Brofeldt…

Untitled, Late 50's | © Claire Anita Aho Brofeldt

Claire Anita Aho Brofeldt (1925 – 2015), war eine finnische Fotografin. Sie wurde in Helsinki als Tochter des finnischen Filmregisseurs Heikki Aho[1] (Sohn des finnischen Schriftstellers Juhani Aho[2] und der Künstlerin Venny Soldan-Brofeldt[3]) und der aus Litauen stammende Tänzerin Dinah Selkina geboren.

Time, Mid 1960's | © Claire Anita Aho Brofeldt

Im Alter von 10 Jahren erhielt sie ihre erste Kamera. Sie war in vielerlei Hinsicht eine Pionierin – als Frau, die seit den späten 1940er Jahren als Werbefotografin arbeitete, zu einer Zeit, als kaum eine Frau in diesem Bereich tätig war, in ihrer Verwendung von Farbfotografie und in ihrer einzigartigen fotografischen Mischung aus Stil, Witz und Vitalität.

 

© Claire Anita Aho Brofeldt

Ihre Karriere begann sie in den 1940er Jahren bei der Firma Aho & Soldan, die sich im Besitz ihrer Familie befand. In den 1950er und 1960er Jahren war sie eine frühe Befürworterin der Farbfotografie in Finnland.

 

The woman in the Window, Early 1950's | © Claire Anita Aho Brofeldt

1974 zog Claire Anita Aho Brofeldt nach Schweden, wo sie als Fotografin für mehrere Zeitungen (Hufvudstadsbladet) und für das Nordische Museum arbeitete.

 

Stainless Finland, Mid 1960's | © Claire Anita Aho Brofeldt

Sie war nicht nur Fotografin, sondern auch Filmemacherin. Sie wurde bekannt für Pekka und seine Schule (1961), Laulu meren kaupungista (1950) und Jean Sibelius zu Hause (1961).

 

Penguins, Mid 1950´s | © Claire Anita Aho Brofeldt

Ihre Arbeiten wurden unter anderem in Kiel und London ausgestellt. 2011 fand in Helsinki eine grosse Retrospektive statt.

 

Marimekko II, Mid 1960's | © Claire Anita Aho Brofeldt

Sie starb am 29. November 2015 in Stockholm bei einem Brand in ihrem Haus.

[1] Heikki Taavetti Aho (1895 - 1961) gilt als ein Pionier des finnischen Dokumentarfilms. Aho arbeitete mit seinem Halbbruder Björn Soldan (1902-1953) zusammen und begründete mit seiner Filmproduktionsfirma Aho & Soldan (1925-1961) die finnische Dokumentarfilmtradition. Aho & Soldan wurde 1925 in Helsinki gegründet, um ein visuelles Bild von Finnland als junge Nation zu vermitteln. (Quelle: Wikipedia).

[2] Juhani Aho, eigentlich Juhani Brofeldt (1861 - 1921), war ein finnischer Schriftsteller und Journalist. Juhani Aho stammte aus einem pietistischen Elternhaus, in dem die Lektüre weltlicher Literatur nicht geduldet wurde. Sein Vater Henrik Gustaf Theodor Brofeldt war Propst in Lapinlahti; seine Mutter war Karolina Fredrika Emelie Snellman. Aho studierte von 1880 bis 1884 Geschichte und Literatur in Helsinki. Schon während des Studiums war er freiberuflich für verschiedene finnische Zeitungen tätig. Er war auch der Mitbegründer der Zeitung Päivälehti. Dadurch wurde er u. a. zu einer der wichtigen Persönlichkeiten im Jungen Finnland, eine Gruppe, die in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts neue Gedanken zu Gesellschaft, Kunst und Moral in Finnland formulierte. (Quelle: Wikipedia)

[3] Venny Soldan-Brofeldt (1863 - 1945) war eine finnlandschwedische Malerin, Illustratorin, Bildhauerin, Fotografin und Designerin. (Quelle: Wikipedia)

Im Strom des Lebens…

It’s Complicated, Fine Art Print, 2021 | © Gemma Pepper

Auf der Suche nach Möglichkeiten analoge und digitale Fotografie, Malerei sowie Objekte zu vereinen und dem Wunsch eine Symbiose zu erzeugen, entstanden diese Bilder, die verschiedene Elemente aus unterschiedlichen Kunstrichtungen zusammenbringen. Die Bilder der Künstlerin Gemma Pepper entstanden mit gesammelten analogen Fotografien und eignen digitalen Bildern, Objekten und Skizzen.

It’s written in the Wind, Analog Collage, 2021 | © Gemma Pepper

Diese vielschichtigen Kunstwerke kombinieren Bilderwelten und zeichnen sich durch ihre Vielschichtigkeit aus. Diese Ebenen lassen die Fotografien und die Collagen [1]dreidimensional erscheinen und werfen Fragen auf, die sich mit der Zukunft solcher schier vergessenen Fotografien auseinandersetzen. Was geschieht mit den verstaubten Fotoalben, die die meisten Menschen auf dem Dachboden lagern? Welchen Wert haben solche Bilder und wie können diese für die zukünftige Generationen erhalten werden?

Reality Shifting, Fine Art Print, 2021 | © Gemma Pepper

Einerseits zeigt die Künstlerin abstrakte Landschaftscollagen – Unikate, inspiriert von Wales, ihrer Heimat und der Schweiz, ihrer Wahlheimat. Des Weiteren werden Kunstfotografien gezeigt mit analogen Bildern aus ihrer eigenen Sammlung. Eines haben sie jedoch gemeinsam; die Materialien sind zum grössten Teil aus den Jahren 1900-1960. Einige Kunstwerke werden zum Teil immer wieder neu rekonstruiert, um aus etwas Altem schlussendlich etwas Neues, etwas Zeitgenössisches zu kreieren.

Evolution, Analog Collage, 2021 | © Gemma Pepper

Gemma Pepper ist eine Britische Fotografin und Künstlerin, die zur Zeit in der Schweiz lebt und arbeitet. Ihre Arbeiten befinden sich in Privatsammlungen und wurden international publiziert und ausgestellt. Das Museum und die Universität von Derby in England haben Kunstwerke für ihre Museumssammlung erworben. Gemma hat an der Universität von Derby Kunstfotografie studiert und an der Zürcher Hochschule der Künste einen Master in Art Education, Curatorial Studies erworben.

Ruby and her Sister, Fine Art Print, 2021 | © Gemma Pepper

14 Islands and 50 Bridges, Analog Collage, 2021 | © Gemma Pepper

Moody Blues, Analog Collage, 2021 | © Gemma Pepper

[1] Die Collage (franz. "coller" = kleben), auch Klebebild genannt, entsteht durch Übereinanderkleben von Materialien, wobei ein neues Ganzes geschaffen wird. Dabei können verschiedenste Materialien wie Zeitungsausschnitte, farbiges Papier, Bänder, Furnierstücke, Fotografien oder ähnliches verwendet werden, die auf einen festen Untergrund oder Leinwand aufgebracht werden. Die Collage-Technik wurde von den Futuristen eingesetzt. Besonders geschätzt wurde sie von den Dadaisten und Surrealisten, wegen ihrer möglichen Überraschungseffekte und absurden Kombination, der Möglichkeit des freien Spiels des Zufalls. Max Ernst definiert die Collage so: "Collage-Technik ist die systematische Ausbeutung des zufälligen oder künstlich provozierten Zusammentreffens von zwei oder mehr wesensfremden Realitäten auf einer augenscheinlich dazu ungeeigneten Ebene - und der Funke Poesie, welcher bei der Annäherung dieser Realitäten überspringt.“ Die Collage als künstlerische Technik wurde bereits früher eingesetzt, um 1910/11 führten George Braque und Pablo Picasso die Collage in die moderne Kunst ein. Bei der Verwendung der Collagetechnik mit dreidimensionalen Objekten spricht man von einer Assemblage. (Quelle: Ketterer Kunst)

In konstantem Dialog: Guido Guidi «da zero» im Centre Virreina de la Imatge, BCN…

Linea veloce Bologna-Milano, Rubiera, 2005 | © Guido Guidi

Es sei die Absicht, mit «da zero» einen vertieften, umfassenden Einblick in das Werk des italienischen Fotografen Guido Guidi (*Cesena/IT, 1941) zu geben, liest die Besucherin im aufschlussreichen, in drei Sprachen (cat, spa, eng) erhältlichen, kostenlosen Ausstellungsleaflet. Und, um es gleich vorwegzunehmen - dies ist mehr als gelungen: Die über 250 Fotografien umfassende, auf mehrere Säle unterteilte Ausstellung liefert Anschauungs-, aber auch Nachdenkmaterial, das durchaus auf mehrere Besuche verteilt werden kann.

San Mauro in Valle © Guido Guidi

„da zero”, von vorne, bei Null beginnen:
Seit seiner Adoleszenz beschäftigt sich Guido Guidi mit der Fotografie. Die ersten Bilder der Ausstellung, in b/w, markieren dieses «da zero», bevor der Fotograf in den Sechzigerjahren zu experimentieren beginnt und die fotografische Praxis weiterdenkt: Es entstehen fotografische Diptychen, Sequenzierungen, die an ein bebildertes Skript oder Drehbuch erinnern und einen narrativen Kontext schaffen. In den Siebzigerjahren sind es Fotoserien, die uns eine Architekturfotografie zeigen, die mit den Regeln derselben bricht – und unser Auge damit gehörig irritieren. Motivisch rückt zudem die urbane Peripherie in den Mittelpunkt – mit ihrer in jeder Hinsicht unausgereiften Gestalt ist sie für fotografische Experimente durchaus prädestiniert.

Tomba Brion | © Guido Guidi

Guidis in zwischen den Siebziger und Neunziger Jahren entstandenen, die Sehgewohnheit herausfordernden Fotografien erinnern teilweise formal an die Bildpraxis von Walker Evans, obwohl sie durchwegs eigenständig sind. Von besonderem Interesse sind zudem die durch den Sucher festgehaltenen Beobachtungen des Zusammenspiels von Licht, Schatten und Bewegungen in einem Raum oder im Freien. So gelang Guidi das Bannen des zum schon von Aristoteles beschriebenen Phänomen der Eklipse.

Cervia, 1983 | © Guido Guidi

Studien in Kunst, Architektur und Design bei Professoren wie dem genannten Architekten Carlo Scarpa (dessen Meisterwerk Tomba Brion ein weiteres wichtiges Motiv in Guidis Schaffen darstellt) sowie der Einfluss von Fotografen wie Italo Zannier und Bruno Zevi auf der einen, die Bauhaus-Theorie, und die Beschreibung des «Alltäglichen», welche mit der nordamerikanischen Fotografie der Zeit konnotiert wird, auf der andern, bildeten den äusserst fruchtbaren Grund, auf dem sich Guido Guidis Schaffen stets weiter entfalten konnte und es ihm ermöglichte, experimentell in sogenannte fotografische «Peripherien» vorzustossen.

Accademia di Belle Arti, Ravenna, 2005 | © Guido Guidi

Ausdruck dieses dialektisch verstandenen «Suchens mit dem Sucher» ist der Fakt, dass in den Siebzigerjahren, in denen Guido Guidi als technischer Fotograf am Instituto Universitario di Architettura di Venezia (IUAV) arbeitet, gleichzeitig jene Arbeiten entstehen, die das Überwinden der Vorgaben, was «korrekte» (Architektur-) Fotografie sei, aufzeigen. So gelingt es Guidi, sich im technischen, aber auch im philosophischen Sinn der bestehenden Korsette zu entledigen: die Regeln der fotografischen Praxis gezielt zu brechen, sind die Bedingungen, um an neue Erkenntnisse zu gelangen und neues Terrain zu erschliessen.

Preganziol, 1983 | © Guido Guidi

Die von Marta Dahó kuratierte Ausstellung zeigt, zeitlich fast ein Menschenleben umspannend, den konstanten und konstruktiven Dialog, den der Fotograf mit der Kamera, dem Sucher, mit Licht und Schatten, aufrechterhalten hat. Die latent vorhandene Herausforderung des Mediums Fotografie ist in allen ausgestellten Werkgruppen und den zahlreichen, ebenfalls präsentierten Publikationen und Monografien präsent und macht die Ausstellung zu einem riesigen Fundus, zu einem Füllhorn, das auch beim zweiten oder dritten Besuch noch Überraschungen und Neuentdeckungen parat hält.

Tomba Brion | © Guido Guidi

Guido Guidi: «da zero», bis 16.01.2022 La Virreina Centre de la Imatge, La Rambla 99, Barcelona. Eintritt frei

Susanne Martínez García
Mbelha...

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

"La femme occupe dans le cœur de son homme, la place qu'elle occupe au lit"

Mauretanisches Sprichwort

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

Das mauretanische Sprichwort zeichnet ein aus unserer Sicht ein wohl eher komplexes Bild, das jedoch den Wert verdeutlicht, den die patriarchalische mauretanische Gesellschaft ihren Frauen beimisst – je fetter desto schöner…

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

Das Projekt Mbelha befindet sich an der Schnittstelle zwischen dokumentarischen, aktivistischen und künstlerischen Bereichen. In Mauretanien entdeckte die Fotografin Carmen Abd Ali, die für NGO's in Westafrika arbeitet die Praxis der Zwangsernährung von Frauen "mbelha" in Hassaniya[1].

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

Seit jeher gilt in der mauretanischen Bevölkerung Fettleibigkeit als absolutes Schönheitskriterium für Frauen. Das Projekt soll die verschiedenen Realitäten der mauretanischen Frauen darstellen, in dem die Techniken und Entwicklungen des Zwangsernährens aufgezeigt werden. Um dem Schönheitskanon gerecht zu werden, der zwischen Übergewicht und Fettleibigkeit schwankt, gibt es zwei Formen. Die jahrhundertealte, traditionelle Variante – die Zwangsernährung von jungen Mädchen, die verheiratet werden sollen. Deshalb essen Mädchen schon früh Unmengen Nahrungsmittel aus Brei, Ziegenmilch und Hirsepulver. Die zweite Variante, die moderne Zwangsfütterung, die als individuelle Entscheidung unter Verwendung von Naturprodukten zur schnellen Gewichtszunahme, oder auch Medikamente, die wegen ihrer Nebenwirkungen eingesetzt werden, dies können aber auch Wirkstoffe sein, die in der Viehzucht eingesetzt werden. Um die gewünschte Form zu erhalten und das von der Gesellschaft vermittelte Schönheitsideal zu erreichen, sind manche bereit unbedachte Risiken für ihre Gesundheit einzugehen.

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

Carmen Abd Ali will mit dem Projekt nicht eine kulturelle Praxis anprangern, sondern den jungen Frauen eine Stimme geben, indem sie sie einbezieht. Sie hat die Frauen nicht nur fotografiert und interviewt, sondern auch in den künstlerischen Prozess einbezogen. Mit Mbelha hinterfragt sie den Einfluss und die Auswirkungen von Schönheitsnormen auf Frauen, ihre Körper und ihr Image, und die Absurdität dieser Normen, die, wo auch immer, den Frauen einen schlechten Dienst erweisen…

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

Sie schafft eine Parallele zur Darstellung von Frauenkörpern in Europa und deren Folgen. Im Westen werden die Frauen ermutigt schlank, straff und wohlgeformt zu sein. Dies wird mit Schlankheits- und Straffungscremes, Techniken zur Beseitigung von Cellulite und Dehnungsstreifen, Appetitzügler, Fitnesskurse, Diäten zur Gewichtsreduzierung und vielem mehr erreicht. All dies gefährdet die physische und psychische Gesundheit…

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

Carmen Abd Ali (1994) lebt zwischen Paris und Dakar. Neben der Zusammenarbeit mit internationalen Medien realisiert sie eigene Langzeitprojekte zu gesellschaftlichen Themen, immer unter der Prämisse der Erkundung des Intimen. Um ihre Reportagen eindringlicher zu gestalten, setzt sie nebst der Fotografie auch Ton und Film ein.

Aus Mbelha | © Carmen Abd Ali

Zum dritten Mal in Folge wurde die künstlerische Leitung der Rencontres photographiques du 10e  arrondissement dem Kollektiv Fetart anvertraut. Während des gesamten Monats November 2021 ist die Fotografie im öffentlichen Raum und in den kulturellen Einrichtungen des 10. Arrondissements so präsent wie nie zuvor und unterstreicht einmal mehr die starke Verbundenheit des Bezirks mit der Fotografie in all ihren Formen. Diese Ausgabe wird das 10. Arrondissement widerspiegeln, voller Energie und Farbe, mit vielfältigen Identitäten, offen und integrativ. Die Rencontres photographiques du 10e wollen Konfrontationen von Bildern schaffen, die überraschen, zum Nachdenken anregen und den Zugang zur zeitgenössischen Fotografie für alle fördern. 

Mbelha von Carmen Abd Ali ist im Rahmen der Rencontres photographiques du 10e bis am 1. Dezember 2021 im Jardin Villemin, 6 rue des Récollets, 75010 Paris zu sehen.

[1] Hassaniya ist ein arabischer Dialekt, der vor allem in der westlichen Sahara in Arḍ al-Bīḍān, dem Gebiet der Bidhan (Mauren), das im Zentrum die Länder Mauretanien und Westsahara umfasst, gesprochen wird. Hassaniya ist zudem in Teilen von Niger, Mali, Marokko und Algerien verbreitet. Der Dialekt enthält neben arabischen auch afrikanische und französische Fremdwörter. (Quelle: Wikipedia)

Make a nomadic living in a water ecosystem…

Make a nomadic living in a water ecosystem, (2016-2021) | © Khanh Bui Phu

Mit "Make a nomadic living in a water ecosystem" gewinnt Khanh Bui Phu den mit CHF 5'000 dotierten ersten Preis des Unpublished Photo Awards. Der vietnamesische Fotograf erhielt zudem einen Sonderpreis, der von Artphilein Editions in Lugano verliehen wurde und mit der Veröffentlichung einer prestigeträchtigen Publikation verbunden ist.

Make a nomadic living in a water ecosystem, (2016-2021) | © Khanh Bui Phu

"Make a nomadic living in a water ecosystem" ist ein Langzeitprojekt (2016 – 2021), während dem Khanh Bui Phu das Leben von nomadischen Fischern am Tuyen Lam See im westlichen Hochland dokumentiert hat. Der Tuyen Lam See erscheint auf den ersten Blick wie ein unberührter See, in Wirklichkeit ist er ein grosser künstlicher Stausee, der 1987 durch den Bau eines Staudamms am Tia Fluss entstand.

Make a nomadic living in a water ecosystem, (2016-2021) | © Khanh Bui Phu

Hinter den Bildern von suggestiver und poetischer Intensität verbirgt sich die prekäre Lage dieser traditionellen Fischer, die isoliert auf Flössen leben, ohne Eigentum, ohne Ackerland und ohne Bildung. Khanh Bui Phu will das Bewusstsein dafür schärfen, wie sehr wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten sowie die Ausbeutung der Umwelt das Überleben dieser Gemeinschaften bedrohen.

Make a nomadic living in a water ecosystem, (2016-2021) | © Khanh Bui Phu

Bui Phu Khanh (1987) lebt und arbeitet zur Zeit in Da Lat City in der Provinz Lam Dong in Vietnam. Er ist freelance Fotograf, der sich leidenschaftlich für die kulturellen Traditionen und die natürliche Umgebung seines Landes interessiert. Er möchte sein Land, die Menschen und den Tourismus in Vietnam durch einzigartige Bilder in der ganzen Welt bekannt machen.

Make a nomadic living in a water ecosystem, (2016-2021) | © Khanh Bui Phu

Unpublished Photo ist eine Veranstaltung, die von MUSEC und der Fondazione culture e musei in Zusammenarbeit mit der Galerie 29 ARTS IN PROGRESS in Mailand gefördert wird. Seit 2018 hat das Projekt junge Fotografen unter 36 Jahren aus der ganzen Welt angezogen. Im Jahr 2020 möchte MUSEC die Initiative konsolidieren, indem sie ihr einen institutionellen Rahmen und eine mittelfristige Entwicklungsperspektive gibt, mit dem Ziel, die wichtigsten internationalen Trends in der jungen Kunstfotografie aufzuzeigen. Das MUSEC beabsichtigt auch, in Lugano ein Archiv für zeitgenössische Fotografie einzurichten, das neben der bestehenden Sammlung von Fotografien aus dem 19. Jahrhundert und exotischer Fotografie im Museum untergebracht werden soll.

Make a nomadic living in a water ecosystem, (2016-2021) | © Khanh Bui Phu

Das Museo delle Culture wurde 1985 und beherbergt den grössten Teil der aussergewöhnlichen Sammlung des Tessiner Künstlers Serge Brignoni[1]. Die prächtige Villa im neoklassizistischen Stil liegt am Seeufer in einem botanischen Park mit tropischen und subtropischen Arten. 

Make a nomadic living in a water ecosystem, (2016-2021) | © Khanh Bui Phu

Die Ausstellung "Unpublished Photo 2021" im Museo delle Culture dauert bis 27. Februar 2022.

 Die Publikation "The Ancient Craft of Nomadic Fishing in Vietnamese Lakes and Rivers" (ISBN: 9788894518696) kann direkt bei Artphilein Editions oder im Buchhandel bezogen werden.

[1] Serge Brignoni (12. Oktober 1903 in San Simone di Vacallo - 6. Januar 2002 in Zollikofen) war ein Maler, Plastiker und Sammler.

à demain inshallah…

Anonymous portrait and organization aus à demain inshallah | © Tim Rod

Mit à demain inshallah hat der Berner Fotograf Tim Rod den 25. vfg Nachwuchsförderpreis für Fotografie gewonnen. Der Preis wird seit vielen Jahren von Keystone-SDA gestiftet.

Earnings from one evening aus à demain inshallah | © Tim Rod

Tim Rod hat sich aus Neugierde dazu entschieden Edi Fuema (erfundener Name) auf einer seiner vielen Reisen nach Dakar zu begleiten. Eine Reise, die für Edi Fuema scheinbar alltäglich ist – wie für uns das Pendeln zur Arbeit – Tim Rod hingegen stiess an seine Grenzen und hat sie immer wieder neu gezogen.

Intercontinental crossing aus à demain inshallah | © Tim Rod

Edi Fuema wurde 1971 im Senegal geboren und kam vor 17 Jahren nach Europa. Zehn Jahre lebte er mit seinem Bruder in Spanien und erhielt dort eine Aufenthaltsgenehmigung. 2012 kam er in die Schweiz. Seither verdient er seinen Lebensunterhalt mit Sammeln von Flaschen- und Becherpfand an Partys und Festivals in und um Bern. Edi ist in der Berner Alternativszene immer willkommen - er ist hier bekannt. Menschen wie er leben unter dem Radar der Gesellschaft und haben weder den Ruf noch die finanziellen Mittel, sich eine feste Wohnung zu mieten, dennoch findet er immer wieder temporäre Unterkünfte in Wohngemeinschaften oder während Hausbesetzungen.

Fata Morgana aus à demain inshallah | © Tim Rod

Einige Monate nach dem ersten Kontakt der beiden erfuhr Tim Rod, dass Edi auf der Suche nach einem Familienauto mit viel Stauraum war. Es stellte sich heraus, dass er sich erneut auf die Reise nach Dakar machen wollte und das Auto für den Transport von Fahrrädern, Fernsehern, Mikrowellengeräte und anderes tauglich sein muss.

Bern to Dakar aus à demain inshallah | © Tim Rod

Die Motivation von Tim Rod für diese Fotoreportage beruht auf der grundsätzlichen Frage nach Herkunft, Identität und Verwurzelung des Menschen. Sein Schicksal teilt Edi mit einer grossen Gruppe von Menschen, die in der Hoffnung auf bessere wirtschaftliche Möglichkeiten - vor allem, um ihre Familie in der Heimat zu unterstützen - ins Exil gegangen sind und gehen werden, um ihren Lebensunterhalt als "Wanderarbeiter" zu verdienen. Das Projekt soll eine breite Öffentlichkeit für dieses individuelle Schicksal zu sensibilisieren, das stellvertretend für viele andere steht: Um Edi zu schützen und nicht blosszustellen, bleibt er in dieser Geschichte anonym.

Bern to Dakar aus à demain inshallah | © Tim Rod

Tim Rod lebt und arbeitet in Bern. BA in Vermittlung von Kunst und Design an der HKB (Hochschule der Künste Bern) 2019. Abschluss der Formation supérieure en photographie, CEPV, Vevey im Jahr 2021. In seinem Werk beschäftigt er sich mit den Themen Exil und Lebensraum. Seit einigen Jahren erforscht er seine eigenen Wurzeln und Ursprünge. Dabei lässt er sich immer wieder von seinen Überlegungen zur Entwurzelung und Verwurzelung an anderen Orten leiten oder dazu, wie sich Zugehörigkeit und Bindung an ein Territorium in ständigem Wandel auflösen und neu entstehen.

Fatigue aus à demain inshallah | © Tim Rod

Der vfg Nachwuchsförderpreis für Fotografie ist ein seit 25 Jahren von der vereinigung fotografischer gestalter*innen ausgeschriebener Award für Schweizer Fotografen und Fotokünstlerinnen (oder anderer Nationen, die zum Zeitpunkt der Einreichung in der Schweiz wohnhaft sind). Mit der Organisation des Preises, die eine grosse Ausstellung aller zehn Finalistinnen und Finalisten, begleitend stattfindenden Veranstaltungen sowie einem umfassenden Katalog umfasst, nimmt die vfg, die sich als offener Verein kreativer Bildschaffender versteht, ihre Verantwortung wahr, den hiesigen fotografischen Nachwuchs zu fördern, zu vernetzen und die Arbeiten einem breiten Publikum zu zeigen.

Dakar Beach aus à demain inshallah | © Tim Rod

Die äusserst vielseitige und spannende Schau ist noch bis 7.11. im IPFO zu sehen. Es sind keine weiteren Schweizer Ausstellungen mit den diesjährigen Finalisten und Finalistinnen vorgesehen - drum lohnt sich ein Besuch gleich doppelt.  

Die begleitend erschienene Publikation kostet 10.- und kann im Museum gekauft werden.

Momentum of Light...
A woman walking up to the building's flat rooftop, Bobo-Dioulasso | © Iwan Baan

A woman walking up to the building's flat rooftop, Bobo-Dioulasso | © Iwan Baan

Momentum of Light ist ein Buch über Licht und Raum, das Architektur- und Fotografieliebhaber gleichermassen zu begeistern mag. Der niederländische Fotograf Iwan Baan und der aus Burkina Faso stammende Architekt Francis Kéré haben sich auf Initiative der Zumtobel Group gemeinsam auf den Weg in verschiedene Regionen von Burkina Faso gemacht. 

Die Buchgestaltung nimmt die Kontraste von Licht und Schatten, hell – dunkel und von Aussen- und Innenräumen auf – schwarze Seiten betonen die Dunkelheit der Innenräume, aber auch der Nacht. Auch die Papierstruktur unterstreicht die Rauheit der schwarzen Nacht und die glatte Struktur das grelle Sonnenlicht.

A Tibébélé royal family member sitting on the roots of a young baobab inside the royal compound. The walls incorporate the tree. | © Iwan Baan

A Tibébélé royal family member sitting on the roots of a young baobab inside the royal compound. The walls incorporate the tree. | © Iwan Baan

Informationen des Verlags: Auf dem gesamten afrikanischen Kontinent, vor allem aber in den Ländern südlich der Sahara, ist das von der Sonne gelieferte Licht besonders stark - eine Tatsache, die sich in traditionellen Gebäuden und in der Art und Weise, wie das Sonnenlicht den Tagesablauf ihrer Bewohner prägt, zeigt. Da es kein künstliches Licht gab, musste die Architektur das Sonnenlicht nutzen, um eine Lichtquelle innerhalb eines Gebäudes zu schaffen, und gleichzeitig die Bewohner eines Hauses vor seiner Intensität schützen. Das Ergebnis ist eine volkstümliche Architektur, die mit sehr wenigen oder kleinen Öffnungen arbeitet. Sie machen das Innere eines Gebäudes fast pechschwarz, während das Äußere von gleißendem Sonnenschein erhellt wird. 

Auf Initiative des Lichtunternehmens Zumtobel Group machten sich der Architekturfotograf Iwan Baan und der Architekt Francis Kéré auf den Weg, um einzufangen, wie der natürliche Lichtzyklus der Sonne die volkstümliche Architektur in Burkina Faso prägt. Die Bilder von Iwan Baan werden begleitet von architektonischen Skizzen von Francis Kéré, der in dieser Lichtumgebung aufgewachsen ist und dessen Architektur davon inspiriert ist. Die atemberaubenden Fotografien sind in einer speziellen Technik gedruckt, die das Gefühl vermittelt, in die dokumentierten Lichtverhältnisse einzutauchen.

A storage area containing an entire house-hold's goods lit up by daylight streaming through tow skylights. | © Iwan Baan

A storage area containing an entire house-hold's goods lit up by daylight streaming through tow skylights. | © Iwan Baan

Iwan Baan (*1975) ist in der Nähe von Amsterdam aufgewachsen und studierte Fotografie an der Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten in Den Haag. Er ist ein Architektur- und Dokumentarfotograf. Seine Arbeiten werden regelmässig in Architekturmagazinen und Zeitungen veröffentlicht, unter anderem in Domus, a+u, The New Yorker und The New York Times. Er hat für renommierte Architekturbüros wie SANAA, Rem Koolhaas/OMA, Herzog & de Meuron, Toyo Ito und Architekten wie Steven Holl und Zaha Hadid gearbeitet. In seinen Fotografien konzentriert er sich auf die Verbindung zwischen der Architektur und der Umgebung. Anstatt die gebaute Struktur zu isolieren, bettet er sie in Geschichte und Kontext ein. 

Francis Kéré (*1965) ist in Gando, Burkina Faso geboren und aufgewachsen und lebt heute in Berlin.  ist ein international anerkannter burkinischer Architekt, der für seinen bahnbrechenden Ansatz in Sachen Design und nachhaltige Bauweisen bekannt ist. Seine Berufung zum Architekten entspringt der persönlichen Verpflichtung, der Gemeinschaft, in der er aufgewachsen ist, zu dienen, und dem Glauben an das transformative Potenzial der Schönheit. Im Jahr 2004 wurde sein erstes Gebäude mit dem renommierten Aga Khan Award for Architecture ausgezeichnet, was ihm gleich zu Beginn seiner Karriere viel Anerkennung einbrachte. 2005 gründete er sein Architekturbüro, die Kéré Architecture GmbH, sowie die Kéré Foundation e. V., eine gemeinnützige Organisation, die Projekte in seinem Heimatdorf Gando in Burkina Faso unterstützt. 

Aerial view of a Tiébélé compound cluster. | © Iwan Baan

Aerial view of a Tiébélé compound cluster. | © Iwan Baan

Lars Müller Publishers wurde 1983 vom Designer Lars Müller gegründet. Mit sorgfältig redigierten und gestalteten Publikationen zu Architektur, Design, Fotografie, zeitgenössischer Kunst und Gesellschaft hat sich der Verlag weltweit - nicht nur in Fachgebieten - einen Namen gemacht. Das Verlagsprogramm spiegelt Müllers eigene vielfältige Interessen wider. Es dokumentiert historische Entwicklungen und zeitgenössische Phänomene, indem es überzeugende Arbeiten aus den Bereichen Bildende Kunst, Objekt- und Umweltgestaltung vorstellt und deren gesellschaftliche und kulturelle Relevanz erforscht. Lars Müller arbeitet eng mit seinen Herausgebern und Autoren zusammen, um bedeutende Publikationen von grosser Eigenständigkeit und auf höchstem Niveau zu produzieren. Lars Müller Publishers ist Mitglied von SWIPS Swiss Independent Publishers und der MOTOVUN Group of International Publishers. Lars Müller ist Einzelmitglied der ICAM (International Confederation of Architectural Museums).

The ancient natural wooden construction typical of Sudan-Sahelian architecture, of which Bobo-Dioulasso's Grand Mosque is one of the few remaining examples. | © Iwan Baan

The ancient natural wooden construction typical of Sudan-Sahelian architecture, of which Bobo-Dioulasso's Grand Mosque is one of the few remaining examples. | © Iwan Baan

"The Poverty Line" (ISBN 978-3-03778-673-4) kann direkt bei Lars Müller Publishers oder im Buchhandel bezogen werden. 

Die Ausstellung "Momentum of Light" kann noch bis 14. November 2021 im Kunstmuseum Olten besucht werden.

The Poverty Line…
China, Beijing | January 2016. | CNY 8.22 (USD 1.27, EUR 1.17). | © Chow and Lin

China, Beijing | January 2016. | CNY 8.22 (USD 1.27, EUR 1.17). | © Chow and Lin

Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.

Albert Einstein[1]

China, Beijing | January 2016 | CNY 8.22 (USD 1.27, EUR 1.17) | © Chow and Lin

China, Beijing | January 2016 | CNY 8.22 (USD 1.27, EUR 1.17) | © Chow and Lin

The Poverty Line ist eine Reise an der Armutsgrenze rund um die Welt. Das 431 Seite dicke Buch zeigt eindrücklich die Möglichkeiten eins Tagesbudgets für Lebensmittel an genau dieser Grenze auf. Das Künstlerduo Chow und Lin war auf verschiedenen Märkten unterwegs und hat fotografisch festgehalten was man für diese Beträge bekommt…

United Arab Emirates, Dubai | September 2014 | AED 11.08 (USD 3.02, EUR 2.30) | © Chow and Lin

United Arab Emirates, Dubai | September 2014 | AED 11.08 (USD 3.02, EUR 2.30) | © Chow and Lin

Im ersten Kapitel zeigen sie eindrücklich wie viel man sich auf dem Markt leisten kann – Reis, Linsen, Gemüse, Fleisch, Fisch manchmal auch Süsses… Immer auf einer aktuellen Tageszeitung des jeweiligen Landes, immer gleich dargestellt. Dazwischen ökonomische und statistische Informationen zur Armutsgrenzen in einem der sechsunddreissig besuchten Länder…

France, Paris | September 2015. | EUR 5.99 (USD 6.73) for food. | © Chow and Lin

France, Paris | September 2015. | EUR 5.99 (USD 6.73) for food. | © Chow and Lin

Im zweiten Kapital machen sie eine beeindruckende Gegenüberstellung zu einzelnen Lebensmitteln – wie viele Eier bekommt man wo und dazu Informationen wie wichtig das entsprechende Lebensmittel ist. Interessant ist auch die Darstellung des Geflügels – was bekommt man wo – ein ganzes Huhn in Grossbritannien, Schenkel in Spanien, die feinen Minifilet in Deutschland oder die Krallen in Madagascar oder Kambodscha…

France, Paris | September 2015 | EUR 5.99 (USD 6.73) | © Chow and Lin

France, Paris | September 2015 | EUR 5.99 (USD 6.73) | © Chow and Lin

Im dritten Kapitel kommen international renommierten Ökonomen zu Wort und versuchen Armut zu erklären. Der Professor für Wirtschaft und Sozialstatistik John Micklewright und der Wirtschaftswissenschaftler Andrea Brandolini beantworten in einem aufschlussreichen Text die Frage: Poverty: What is it an why do we care? Im Essay Leaving no one behind in Asia and the Pacific schreibt Armida Salsiah Alisjahbana über den Fortschritt der Armutsbekämpfung, der sozialen Entwicklung und des nachhaltigen Wirtschaftswachstums in der Region. In World inequality and poverty schreibt der Wirtschaftswissenschaftler Lucas Chancel über Ungleichheit, Armut und die rasante wirtschaftliche Veränderung in Schwellenländer…

Georgia, Tbilisi | May 2013 | GEL 3.64 (USD 2.20, EUR 1.69) | © Chow and Lin

Georgia, Tbilisi | May 2013 | GEL 3.64 (USD 2.20, EUR 1.69) | © Chow and Lin

Informationen des Verlages: Um zu veranschaulichen, was es bedeutet, an der Armutsgrenze zu leben, besuchten Stefen Chow und Huiyi Lin sechsunddreissig Städte auf sechs Kontinenten und untersuchten die Armut in Bezug auf Lebensmittel. Auf den lokalen Märkten kauften sie Gemüse, Obst, Getreideprodukte, Proteine und Snacks - die Menge an Lebensmitteln, die sie sich pro Tag leisten konnten, basierend auf der jeweiligen Definition der Armutsgrenze, die von jeder Regierung festgelegt wurde. Sie fotografierten den daraus resultierenden Haufen an Lebensmitteln und platzierten ihn auf einer Seite einer lokalen Zeitung des jeweiligen Tages. Mit Hilfe der visuellen Typologie und der künstlerischen Forschung als Leitprinzip haben sie die Beleuchtung und den Aufnahmeabstand sorgfältig kalibriert, um Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit zu gewährleisten. 

In diesem visuellen Lesebuch werden die Fotografien von Chow und Lin durch Texte bereichert, die Fragen rund um die Armutsgrenze als globales Phänomen beleuchten. Die Autoren nehmen Bezug auf die Herausforderungen unserer Gesellschaft und die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, deren erstes von siebzehn Zielen die Beendigung der Armut in all ihren Formen ist.

United Kingdom, London | December 2013 | GBP 5.85 (USD 9.47, EUR 7.01) | © Chow and Lin

United Kingdom, London | December 2013 | GBP 5.85 (USD 9.47, EUR 7.01) | © Chow and Lin

Huiyi Lin (*1980) ist in Singapur geboren. Sie ist ausgebildete Wirtschaftswissenschaftlerin und Marktforscherin. Sie hat einen Hintergrund in der Formulierung von Wirtschaftspolitik und führt branchenübergreifende Marktforschung in der APAC-Region durch. Lin hat einen Bachelor of Social Sciences in Wirtschaft und Mathematik von der National University of Singapore und einen Master of Business Administration der Tsinghua University - MIT Sloan School International MBA Program.

Myanmar, Yangon | August 2016. | MMK 1,030 (USD 0.88, EUR 0.80). | © Chow and Lin

Myanmar, Yangon | August 2016. | MMK 1,030 (USD 0.88, EUR 0.80). | © Chow and Lin

Stefen Chow (*1980) ist in Malaysia geboren und in Singapur aufgewachsen. Seine Arbeiten wurden von World Press Photo, Tokyo Type Director's Club und National Geographic ausgezeichnet. Er hat mit Institutionen wie dem Smithsonian Magazine, GEO, Science und Nature zusammengearbeitet. Er hat einen Bachelor of Engineering (Maschinenbau) von der National University of Singapore.

Nigeria, Lagos | October 2019 | NGN 363 (USD 0.99, EUR 0.90) | © Chow and Lin

Nigeria, Lagos | October 2019 | NGN 363 (USD 0.99, EUR 0.90) | © Chow and Lin

Stefan Chow und Huiyi Lin bilden zusammen das in Peking, China, ansässige Künstlerduo Chow und Lin, dessen Projekte einem typologischen, fotografischen Ansatz folgen und von ihrem jeweiligen Hintergrund in den Bereichen Wirtschaft, öffentliche Politik und Medien bestimmt werden.

Japan, Tokyo | February 2011 | JPY 394 (USD 4.84, EUR 3.51) | © Chow and Lin

Japan, Tokyo | February 2011 | JPY 394 (USD 4.84, EUR 3.51) | © Chow and Lin

Armida Salsiah Alisjahbana (* 1960) ist in Bandung, Indonesien geboren. Sie ist Exekutivsekretärin der Wirtschafts- und Sozialkommission der Vereinten Nationen für Asien und den Pazifik. Sie ist Professorin an der Wirtschaftsfakultät der Padjadjaran-Universität in Bandung und war Vizedekanin für akademische Angelegenheiten an der Fakultät. Sie ist ehemalige Staatsministerin für nationale Entwicklungsplanung und Leiterin von BAPPENAS im Zweiten Vereinigten Kabinett Indonesiens unter der Regierung von Präsident Susilo Bambang Yudhoyono. Sie war Vorsitzende der Abteilung für Wirtschafts- und Entwicklungsstudien an der Padjadjaran-Universität und Direktorin des Zentrums für Wirtschafts- und Entwicklungsstudien. Sie promovierte in Wirtschaftswissenschaften an der University of Washington. Bevor sie Ministerin wurde, übernahm sie verschiedene Forschungsaufgaben für die Weltbank und die Australian Agency for International Development (AusAID).

Norway, Oslo | October 2014 | NOK 65 (USD 10.26, EUR 7.95) | © Chow and Lin

Norway, Oslo | October 2014 | NOK 65 (USD 10.26, EUR 7.95) | © Chow and Lin

Andrea Brandolini (* 1961) ist in Cervia (Ravenna) geboren und schloss sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Modena 1985 mit Auszeichnung ab. Nach einem Jahr als Forschungsbeauftragter bei Prometeia setzte er sein Postgraduiertenstudium an der London School of Economics bis 1992 fort und erwarb 1988 einen Master of Science in Wirtschaftswissenschaften. Im Juni 1992 trat er in die Abteilung für Wirtschaftsforschung der Banca d'Italia ein. Von 2007 bis 2012 war er Leiter der Abteilung Wirtschaftsstruktur und Arbeitsmarkt in der Abteilung für strukturelle Wirtschaftsanalyse. Von Juni 2015 bis März 2020 war er Leiter der Direktion für statistische Analysen. Im April 2020 wurde er zum stellvertretenden Generaldirektor für Wirtschaft, Statistik und Forschung ernannt. Zwischen 1994 und 2007 vertrat er die Banca d'Italia in der von der italienischen Regierung eingerichteten Armutskommissionen und in der Arbeitsgruppe zum Mindesteinkommen beim Minister für Arbeit und Sozialpolitik (2013). Er führte den Vorsitz der Kommission für die Methodik der absoluten Armut (2006-09) und war Mitglied des vom Instituto Nazionale di Statistica eingerichteten wissenschaftlichen Ausschusses für die Messung des Wohlbefindens (2011-15). Zudem war er der italienische Vertreter in der Luxemburger Einkommensstudie, wo er dem Exekutivausschuss angehörte (1997-2009), und leitete zusammen mit Timothy M. Smeeding die Luxemburger Vermögensstudie, ein Pilotprojekt, das darauf abzielte, eine harmonisierte länderübergreifende Datenbank mit Mikrodaten über das Vermögen privater Haushalte zu erstellen (2004-07). Er war auch Mitglied der World Bank Commission on Global Poverty (2015-16) und war Vorsitzender des Ausschusses für Währungs-, Finanz- und Zahlungsbilanzstatistiken (2019-20). Er veröffentlichte Arbeiten über Armut, die Verteilung von Einkommen und Vermögen, die Messung des Wohlstands, Arbeitsökonomie und die Geschichte des wirtschaftlichen Denkens (eine unvollständige Liste findet hier).

Hong Kong, Wanchai | July 2011 | HKD 44.96 (USD 5.77, EUR 4.01) | © Chow and Lin

Hong Kong, Wanchai | July 2011 | HKD 44.96 (USD 5.77, EUR 4.01) | © Chow and Lin

Lucas Chancel ist Wirtschaftswissenschaftler und spezialisiert auf Ungleichheit und Umwelt. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Messung wirtschaftlicher Ungleichheiten, ihrer Wechselwirkung mit nachhaltiger Entwicklung und der Umsetzung sozialer und umweltpolitischer Massnahmen. Zudem ist er Co-Direktor des Global Inequality Laboratory und Professor an der Sciences Po. Ausserdem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Paris School of Economics (PSE) und am Institut für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen (IDDRI).

Spain, Getxo | October 2018 | EUR 4.74 (USD 5.47) for food | © Chow and Lin

Spain, Getxo | October 2018 | EUR 4.74 (USD 5.47) for food | © Chow and Lin

John Micklewright (*1957) ist emeritierter Professor für Wirtschaft und Sozialstatistik am UCL Social Research Institute, University College London. Er studierte an der Universität von Exeter (BA in Geografie und Wirtschaft mit Auszeichnung) und promovierte anschliessend in Wirtschaftswissenschaften an der London School of Economics. Nach seiner Promotion war er als Prize Research Fellow am Nuffield College in Oxford tätig. Bevor er zum UCL kam, war er Professor für Sozialstatistik an der School of Social Sciences der Universität Southampton, Forschungsleiter im UNICEF Innocenti Research Centre, Professor für Wirtschaftswissenschaften am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und Dozent, Referent und dann Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Queen Mary, University of London. Zusammen mit Andrea Brandolini (Banca d'Italia) ist er Herausgeber des letzten Buches von Tony Atkinson, das 2019 posthum veröffentlicht wurde: Measuring Poverty around the World, Princeton University Press.

USA, New York | October 2011 | USD 4.91 (EUR 3.60) for food. | © Chow and Lin

USA, New York | October 2011 | USD 4.91 (EUR 3.60) for food. | © Chow and Lin

Lars Müller Publishers wurde 1983 vom Designer Lars Müller gegründet. Mit sorgfältig redigierten und gestalteten Publikationen zu Architektur, Design, Fotografie, zeitgenössischer Kunst und Gesellschaft hat sich der Verlag weltweit - nicht nur in Fachgebieten - einen Namen gemacht. Das Verlagsprogramm spiegelt Müllers eigene vielfältige Interessen wider. Es dokumentiert historische Entwicklungen und zeitgenössische Phänomene, indem es überzeugende Arbeiten aus den Bereichen Bildende Kunst, Objekt- und Umweltgestaltung vorstellt und deren gesellschaftliche und kulturelle Relevanz erforscht. Lars Müller arbeitet eng mit seinen Herausgebern und Autoren zusammen, um bedeutende Publikationen von grosser Eigenständigkeit und auf höchstem Niveau zu produzieren. Lars Müller Publishers ist Mitglied von SWIPS Swiss Independent Publishers und der MOTOVUN Group of International Publishers. Lars Müller ist Einzelmitglied der ICAM (International Confederation of Architectural Museums).

Turkey, Istanbul | October 2019 | TRY 6.99 (USD 1.22, EUR 1.11) | © Chow and Lin

Turkey, Istanbul | October 2019 | TRY 6.99 (USD 1.22, EUR 1.11) | © Chow and Lin

"The Poverty Line" (ISBN 978-3-03778-673-4) kann direkt bei Lars Müller Publishers oder im Buchhandel bezogen werden.

Brazil, Rio de Janeiro | May 2012 | BRL 2.33 (USD 1.23, EUR 0.93) | © Chow and Lin

Brazil, Rio de Janeiro | May 2012 | BRL 2.33 (USD 1.23, EUR 0.93) | © Chow and Lin

Die Ausstellung "The Poverty Line" im Rahmen der Rencontres de la photographie Arles kann noch bis 26. September 2021 im Jardin des Voyageurs besucht werden.

[1] Albert Einstein (*1879 in Ulm - 1955 in Princeton) war ein deutscher Physiker mit Schweizer und US-amerikanischer Staatsbürgerschaft. Er gilt als einer der bedeutendsten theoretischen Physiker. Seine Forschungen zur Struktur von Materie, Raum und Zeit sowie zum Wesen der Gravitation veränderten massgeblich das zuvor geltende newtonsche Weltbild. Die Relativitätstheorie machte ihn weltberühmt. Auch zur Quantenphysik leistete er wesentliche Beiträge. Für seine Verdienste um die theoretische Physik, besonders für seine Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Effekts erhielt er 1921 den Nobelpreis. Er gilt als Inbegriff des Forschers und Genies. Im Laufe seines Lebens war er Staatsbürger mehrerer Länder. Durch Geburt besass er die württembergische Staatsbürgerschaft. Von 1896 bis 1901 staatenlos, ab 1901 bis zu seinem Tode Staatsbürger der Schweiz, zwischen 1911/1912 war er in Österreich-Ungarn auch Bürger Österreichs. Von 1914 bis 1932 lebte er in Berlin und war als Bürger Preussens erneut Staatsangehöriger im Deutschen Reich. Mit der Machtergreifung Hitlers gab er 1933 den deutschen Pass endgültig ab und wurde 1934 vom Deutschen Reich strafausgebürgert. Zusätzlich zu seinem Schweizer Bürgerrecht erwarb er 1940 noch die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten.

Japanische Skizzen…
Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Das Buchformat von "Japanische Skizzen" erinnert bewusst an ein Skizzenbuch, das man immer dabei hat, um Gedanken und Ideen, vielleicht sogar einen Konzeptentwurf festzuhalten. Die Texte erinnern an Tagebucheinträge über Eindrücke während des Flanierens und Reisens. Die oft poetischen Bilder lassen die Lesenden die japanische Ästhetik streifen und wecken den Wunsch sich vertiefter damit auseinander zu setzen.

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

In "Die Ästhetik des Zufalls" schreibt Dorothea Strauss über die Herangehensweise und die Entstehung der Arbeiten von Hans Jörg Bachmann und wie das Reisen und Entdecken neuer Orte, das Zurückkehren an diese Orte, das vertiefte Kennenlernen fremder Kulturen, das Umherstreifen und Beobachten seine künstlerische Arbeit prägt. Sie schreibt über die Inspiration Japans, die ästhetische Tradition der Verbindungen zwischen Perfektion und Unperfektem (wabi sabi[1]) und der unergründlichen nicht erklärbaren Tiefe (yugen[2]). 

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

"Seinen Fotografien merkt man an: Es geht immer wieder um ein poetisches Erleben des Alltags und scheinbar Banalen. Manche Aufnahmen wirken so flüchtig, als seien sie während einer leichten Kopfdrehung entstanden. Gerade so, als hätte der Künstler nur ganz kurz herübergeschaut und noch ein letztes Fragment einer Situation eingefangen."

Dorothea Strauss

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Roger Walch schreibt in "Das wöchentliche Mittagessen bei Papa Jon's" über die Begegnungen mit Hans Jörg Bachmann im besagten Papa Jon's in Kyoto und über die Aversion der Japaner und Japanerinnen gegen UV-Strahlung – ein Grund warum der einzige Tisch vor dem Lokal immer frei ist. 

"Hans Jörg findet im japanischen Alltag an jeder Strassenecke dankbare Motive. Er liebt das Unspektakuläre, aber Verblüffende. Er hält die Gegensätze von Tradition und Moderne fest, die einem hier auf jedem Schritt und Tritt begegnen. Die sublime Zen-Ästhetik der buddhistischen Tempel prallt oftmals auf die schreiend bunten Maskottchen und kitschigen Anime-Figuren einer disneyfizierten Gegenwart. Augenzwinkernd dokumentiert er diese Dichotomien und lässt den Betrachter seiner Bilder über die vermeintlichen Widersprüche staunen. […]"

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Klappentext: Kenninji. Das Betreten der Räume ist nur mit Pantoffeln gestattet. Beim Eingang liegen die roten Hausschuhe in grosser Zahl zwischen den Regalen. Viele der Exemplare sehen schon arg gebraucht aus und erinnern mich an luftgetrocknete Fische. Der Tempel ist der einzige in der Stadt, dessen Gelände die ganze Nacht über geöffnet ist. Ich geniesse die Stimmung, wenn ich nachts von meinen Streifzügen zurückkehre. Zwischen dem Schattenmuster der schräg stehenden Kiefern huschen noch weitere Gestalten im Mondlicht nach Hause.

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Hans Jörg Bachmann (*1949) ist in Arbon aufgewachsen und lebt und arbeitet seit 2014 in Biel und Nidau. Er studierte an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen Deutsch und Geschichte. An der Hochschule der Künste Berlin West folgten ein Studium in Malerei und Kunstpädagogik. Seit 1989 werden seine Arbeiten (Fotografie, Malerei, Zeichnung) in der Schweiz, Italien und Japan ausgestellt. Atelier- und Studienaufenthalte und Reisen führten ihn nach Berlin, Cabo de Gata in Andalusien, Genua, Kyoto und Tokyo, Spanien, Mexico, Kuba und Japan.

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Dorothea Strauss (*1960) ist in Braunlage aufgewachsen und lebt heute in der Schweiz. Sie studierte von 1982 bis 1988 Kunstgeschichte, Theater/Film und Fernsehen sowie Klassische Archäologie an der Johann Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Sie leitet die Abteilung für Corporate Social Responsibility (CSR) bei der Mobiliar Versicherung, die sich vor allem mit Fragen der Nachhaltigkeit, Kreativität, Zukunftsgestaltung und Veränderungsfähigkeit beschäftigt. Zuvor verantwortete sie verschiedene Institutionen im Kunstbereich, lehrte an der Hochschule der Künste Zürich und ist Herausgeberin zahlreicher Publikationen.

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Roger Walch (*1965) ist in St. Gallen aufgewachsen und lebt heut ein Nara (Japan). An der Universität Zürich hat er Japanologie, Ethnologie und Soziologie studiert. Es folgte ein Filmstudium unter Katsu Kanai am Image Forum Institute Shibuya in Tokio. Seit 1998 ist er als Filmemacher, Kameramann, Musiker und Lehrbeauftragter in Japan tätig. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet (Cultural Award der Japan Foundation, Schweizer Arbeiterliteraturpreis, Friendship Prize).

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Machiko Hafner-Nakai ist in Osaka (Japan) aufgewachsen und lebt seit 1976 in Zürich. Sie ist als japanische Sprachlehrerin und Übersetzerin tätig.

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Der Verlag edition clandestin wurde 1989 von Judith Luks gegründet. Im Zentrum der Publikationstätigkeit des in Biel/Bienne, Schweiz, domizilierten Verlages stehen Kunstbücher, bibliophile Vorzugsausgaben und Kunstblätter. Vermehrt werden auch belletristische Werke in Kombination mit Fotos, Zeichnungen und Illustrationen ins Programm aufgenommen, Richtung Graphic Novel. edition clandestin ist Mitglied vom SBVV und von SWIPS (Swiss Independent Publishers), der Plattform der unabhängigen Schweizer Verlage. 

"Japanische Skizzen" (ISBN 978-3-907262-13-9) kann direkt bei edition clandestin oder im Buchhandel bezogen werden.

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

Aus "Japanische Skizzen" | © Hans Jörg Bachmann

[1] Das schwer zu übersetzende Wabi-Sabi (侘寂) bezeichnet eine Ästhetik des Unperfekten, das sich durch Asymmetrie, Rauheit, Unregelmässigkeit, Einfachheit und Sparsamkeit auszeichnet. Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit beweisen Achtung vor der Eigenheit der Dinge. Im Vergleich mit der abendländischen Tradition nimmt es einen ähnlich hohen Stellenwert ein, wie das westliche Konzept des Schönen. (Quelle: Wikipedia)

[2] Einer der vielleicht am schwersten zu fassenden Begriffe der japanischen Ästhetik ist Yūgen (幽玄). Der aus dem Chinesischen übernommene Begriff bedeutet ursprünglich dunkel, tief und mysteriös. Der äusseren Erscheinung nach ähnelt Yūgen der Wabi-Sabi-Ästhetik, doch verweist es auf eine dahinter liegende Dimension, welche das Angedeutete und Verborgene höher schätzt als das offen zu Tage Liegende und klar Exponierte. Yūgen ist damit vornehmlich eine Stimmung, die sich für jene Andeutungen eines Transzendenten offen hält. Diese Transzendenz ist jedoch nicht jene einer unsichtbaren Welt hinter der sichtbaren, sondern es ist jene innerweltliche Tiefe der Welt, in welcher wir leben. (Quelle: Wikipedia)