à demain inshallah…

Anonymous portrait and organization aus à demain inshallah | © Tim Rod

Mit à demain inshallah hat der Berner Fotograf Tim Rod den 25. vfg Nachwuchsförderpreis für Fotografie gewonnen. Der Preis wird seit vielen Jahren von Keystone-SDA gestiftet.

Earnings from one evening aus à demain inshallah | © Tim Rod

Tim Rod hat sich aus Neugierde dazu entschieden Edi Fuema (erfundener Name) auf einer seiner vielen Reisen nach Dakar zu begleiten. Eine Reise, die für Edi Fuema scheinbar alltäglich ist – wie für uns das Pendeln zur Arbeit – Tim Rod hingegen stiess an seine Grenzen und hat sie immer wieder neu gezogen.

Intercontinental crossing aus à demain inshallah | © Tim Rod

Edi Fuema wurde 1971 im Senegal geboren und kam vor 17 Jahren nach Europa. Zehn Jahre lebte er mit seinem Bruder in Spanien und erhielt dort eine Aufenthaltsgenehmigung. 2012 kam er in die Schweiz. Seither verdient er seinen Lebensunterhalt mit Sammeln von Flaschen- und Becherpfand an Partys und Festivals in und um Bern. Edi ist in der Berner Alternativszene immer willkommen - er ist hier bekannt. Menschen wie er leben unter dem Radar der Gesellschaft und haben weder den Ruf noch die finanziellen Mittel, sich eine feste Wohnung zu mieten, dennoch findet er immer wieder temporäre Unterkünfte in Wohngemeinschaften oder während Hausbesetzungen.

Fata Morgana aus à demain inshallah | © Tim Rod

Einige Monate nach dem ersten Kontakt der beiden erfuhr Tim Rod, dass Edi auf der Suche nach einem Familienauto mit viel Stauraum war. Es stellte sich heraus, dass er sich erneut auf die Reise nach Dakar machen wollte und das Auto für den Transport von Fahrrädern, Fernsehern, Mikrowellengeräte und anderes tauglich sein muss.

Bern to Dakar aus à demain inshallah | © Tim Rod

Die Motivation von Tim Rod für diese Fotoreportage beruht auf der grundsätzlichen Frage nach Herkunft, Identität und Verwurzelung des Menschen. Sein Schicksal teilt Edi mit einer grossen Gruppe von Menschen, die in der Hoffnung auf bessere wirtschaftliche Möglichkeiten - vor allem, um ihre Familie in der Heimat zu unterstützen - ins Exil gegangen sind und gehen werden, um ihren Lebensunterhalt als "Wanderarbeiter" zu verdienen. Das Projekt soll eine breite Öffentlichkeit für dieses individuelle Schicksal zu sensibilisieren, das stellvertretend für viele andere steht: Um Edi zu schützen und nicht blosszustellen, bleibt er in dieser Geschichte anonym.

Bern to Dakar aus à demain inshallah | © Tim Rod

Tim Rod lebt und arbeitet in Bern. BA in Vermittlung von Kunst und Design an der HKB (Hochschule der Künste Bern) 2019. Abschluss der Formation supérieure en photographie, CEPV, Vevey im Jahr 2021. In seinem Werk beschäftigt er sich mit den Themen Exil und Lebensraum. Seit einigen Jahren erforscht er seine eigenen Wurzeln und Ursprünge. Dabei lässt er sich immer wieder von seinen Überlegungen zur Entwurzelung und Verwurzelung an anderen Orten leiten oder dazu, wie sich Zugehörigkeit und Bindung an ein Territorium in ständigem Wandel auflösen und neu entstehen.

Fatigue aus à demain inshallah | © Tim Rod

Der vfg Nachwuchsförderpreis für Fotografie ist ein seit 25 Jahren von der vereinigung fotografischer gestalter*innen ausgeschriebener Award für Schweizer Fotografen und Fotokünstlerinnen (oder anderer Nationen, die zum Zeitpunkt der Einreichung in der Schweiz wohnhaft sind). Mit der Organisation des Preises, die eine grosse Ausstellung aller zehn Finalistinnen und Finalisten, begleitend stattfindenden Veranstaltungen sowie einem umfassenden Katalog umfasst, nimmt die vfg, die sich als offener Verein kreativer Bildschaffender versteht, ihre Verantwortung wahr, den hiesigen fotografischen Nachwuchs zu fördern, zu vernetzen und die Arbeiten einem breiten Publikum zu zeigen.

Dakar Beach aus à demain inshallah | © Tim Rod

Die äusserst vielseitige und spannende Schau ist noch bis 7.11. im IPFO zu sehen. Es sind keine weiteren Schweizer Ausstellungen mit den diesjährigen Finalisten und Finalistinnen vorgesehen - drum lohnt sich ein Besuch gleich doppelt.  

Die begleitend erschienene Publikation kostet 10.- und kann im Museum gekauft werden.