Human Insights...

Operation zur Korrektur einer Fehlbildung der Wirbelsäule. Blick durch den Schnitt auf die Gewebeschicht (Dura), welche das untere Ende des Rückenmarks bedeckt. Freilegung der Dura über dem unteren Ende des Rückenmarks nach teilweiser Entfernung eines dorsalen Wirbelbogens.

Surgery to correct a malformation of the spine. View through the incision of the tissue sheath (dura) onto the terminal end of the spinal cord. Exposure of the dura covering the lower end of the spinal cord after partial removal of a dorsal arch of a vertebra.

© Michael Tummings

Michael Tummings war Artist in Residence bei Experimental Surgery.[1] Er richtet seine Kamera auf den Operationssaal und hält intime Momente chirurgischer Eingriffe fest. Seine Fotografien erkunden den menschlichen Körper nicht als Objekt klinischer Analyse, sondern als Ort der Verletzlichkeit, Widerstandsfähigkeit und Transformation. Er enthüllt Geheimnisse des Körpers und bietet völlig neue Perspektiven auf die physische Existenz und die Rolle der modernen Medizin. Mit Zustimmung der Patienten und der Operationsteams mehrerer Universitätskliniken erhielt Michael Tummings Zugang zu Operationen mit Organimplantaten und künstlichen Prothesen, um diese zu dokumentieren. Die Bilder schlagen eine Brücke zwischen Wissenschaft und Kunst und konfrontieren uns mit der inneren Schönheit des menschlichen Körpers – jenseits des rationalen und analysierenden Blicks.

Operation zur Stabilisierung der Wirbelsäule. Der Operateur und die Assistenz stabilisieren und fixieren gemeinsam das eingesetzte Instrumentarium (Stäbe und Schrauben), welches in die Wirbelsäule eingebracht wurde.

Surgery of stabilize the spine. The surgeon and the assistant work together to stabilize and tighten the instrumentation (rods and screws) that has been implanted into the spine.

© Michael Tummings

Prof. em. Dr. med. Michael Hagner beginnt in seinem Essay A Matter of Representation: On Photographing Surgical Procedures in situ mit der Feststellung, dass sich in medizinischen Disziplinen Anatomie und Chirurgie in einem Atemzug genannt werden, obwohl sie in Kunst, Literatur und Philosophie klar voneinander unterschieden werden und dass in der Kunst die Anatomie schon immer den gesamten Raum zwischen Eros [2]und Thanatos[3], zwischen Angst und Melancholie ausfüllt, wie dies insbesondere in der Malerei und Fotografie deutlich wird…

Die Patientin bzw. der Patient liegt in Bauchlage, der Rücken ist nach Desinfektion der Haut und Abdecken des Operationsfeldes mit sterilen Tüchern freigelegt. Als Nächstes beginnen die Chirurginnen und Chirurgen mit dem Schnitt entlang der markierten Linie und präparieren anschliessend das Weichgewebe sowie die Muskulatur, um die Wirbelsäulenknochen freizulegen. Ziel des Eingriffs ist es, die deutlich sichtbare s-förmige (skoliotische) Verkrümmung der Wirbelsäule zu korrigieren.

The patient is lying in a prone position; the back being exposed after disinfection the skin and draping the operating field with sterile cloth. Nex, the surgeons will start with the cut (insicion) along the dotted line and then dissect the soft tissues and muscles to expose the bones of the spine. Their goal is to correct the s-shaped (scoliotic) deformity that con clearly be seen.

© Michael Tummings

Prof. Dr. med. Mazda Farshad beleuchtet in seinem Text On Orthopedic Innovations Implantate, künstliche Intelligenz, den Bereich der augmented reality (AR)[4], das Zusammenspiel und die Integration von Robotern und weiteren Innovationen…

Seitliche Ansicht des Moments, in dem die Chirurgin oder der Chirurg die an den Wirbelkörpern befestigten Instrumente durch die offene Inzision am Rücken bewegt. Nachdem die Rotation der Wirbelsäule korrigiert wurde, werden die Stäbe an den bereits eingesetzten Schrauben fixiert und stabilisieren so die Wirbelsäule in ihrer neuen Position.

View from the side of the moment at which the surgeon manipulates the instruments attached to the patient's vertebrae through the open incision at the back after the surgeon has finished correcting the rotation of the spine, the rods will be fixed to the screws that are already in place, effectively stabilizing the spine in its new position.

 © Michael Tummings

Prof. em. Dr. med. Jörg Christian Tonn hat nicht nur Interviews geführt, sondern sich auch mit der Frage der Longevity auseinandergesetzt. In seinem Essay The Quest for Longevity: From medical Implants to the Novacene geht er dem Wunsch der Menschheit nach Unsterblichkeit nach…

Reverse Schulterprothese. Bei einer inversen (Reverse) Schulterprothese wird eine runde Metallkugel dort am Schulterblatt angebracht, wo sich zuvor die Gelenkpfanne befand, während eine neue künstliche Pfanne am Oberarmknochen eingesetzt wird, wo vorher der Gelenkkopf war. Hier wird die Metallkugel auf der Pfanne angebracht.

Reverse shoulder arthroplasty. In a reverse shoulder replacement, a round metal ball is placed on the shoulder blade where the socket used to be, while a new artificial socket is placed on the upper arm bone where the ball used to be. Here, the metal ball is placed on the socket.

© Michael Tummings

Informationen des Verlags: Geheimnisse im Innern – Michael Tummings künstlerische Arbeiten enthüllen das Wunderland der Anatomie und machen seine Geheimnisse sichtbar. Diese Visualisierung der Mysterien des Körpers und seine Erforschung im Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen eröffnet völlig neue Aspekte unserer physischen Existenz und der modernen Medizin. Die Ästhetik der Kunstfotografie bringt uns in engen Kontakt mit unseren «Reparatur bedürftigen» Organen und lässt uns die Schönheit unseres Körpers jenseits von analytischer, rationaler und «sezierender» Annäherung erahnen. «Medicus curat – natura sanat»: Der Arzt kuriert – die Natur heilt. Diese Blicke über die Schultern der Chirurg:innen beweisen nicht nur deren Können und den technologischen Fortschritt, sondern führen uns auch vor Augen, wie wichtig die Verbundenheit mit unserem Körper im Kampf gegen Krankheiten oder auch bei Präventivmassnahmen ist. In einer Zeit künstlicher Gelenke, Organteile und Implantate müssen wir diesen Wundern unserer Biologie und Natur unsere ganze Aufmerksamkeit schenken. – Jörg Christian Tonn

Komplexe Fraktur eines Unterarmknochens in unmittelbarer Nähe zum Handgelenk (distale Radiusfraktur). Fixierung eines innerhalb des Gelenks verschobenen Knochenteils (intraartikulär). Kleine Drähte (Pins) halten die kleinen Fragmente der Fraktur, während eine Titanplatte mit Schrauben am Knochen befestigt wird, um die grösseren Fragmente zu stabilisieren.

Complex fracture of one of the bones of the forearm in close proximity to the wrist (distal fracture of the radius). Fixation of a dislocated piece of bone within the joint (intra-articular). The small wires (pins) hold small fragments of the fracture, while a titanium plate is attached with screws to the bone to keep the large fragments steady.

© Michael Tummings

Michael Tummings wurde 1966 in London als Kind jamaikanischer Einwanderer geboren. Er lebt und arbeitet in Deutschland. «Es blieb mir gar nichts anderes übrig, als in unterschiedliche Kulturen einzutauchen. Mein Medium war die Fotografie, schon in jungen Jahren hatte ich durch die Linse der Kamera die subtilen Nuancen meiner künstlerischen Praxis entdeckt und mich mit gesellschaftlichen Fragen auseinandergesetzt, die von Arbeit und Rassismus bis zu Natur und Umwelt reichten und einen Prozess anthropologischer Sensitivität für meine Thematik in Gang setzte.»

Blick auf die Oberfläche des Gehirns (Grosshirnrinde) mit sichtbaren Blutgefässen: Arterien (hellrot) und Venen (dunkelrot und violett). Die Hirnrinde zeigt Windungen (Gyri) und die dazwischenliegenden Furchen (Sulci). In der unteren linken Ecke ist die weissliche äussere Schicht der Hirnhäute (Dura mater) erkennbar. Die grossen Gefässe auf der rechten Seite sind von der mittleren Schicht der Hirnhäute, dem spinnwebartigen Gewebe (Arachnoidea), bedeckt.

View onto the surface of the brain (cerebral cortex) showing blood vessels: arteries (light red) and veins (dark red and violet).The cortex shows convolutions (gyri) and the indentations (sulci) between them. In the lower left corner, the whitish outer layer of the brain's covering (dura mater) is visible. The large vessels on the right are covered by the middle layer of the brain's covering, the spiderweb-like tissue (arachnoidea).

© Michael Tummings

Prof. Dr. Michael Hagner ist Professor für Wissenschaftsforschung am Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften der ETH Zürich. Nach dem Studium der Medizin und Philosophie an der Freien Universität Berlin und Promotion war er unter anderem am Wellcome Institute for the History of Medicine in London, den Universitäten Lübeck und Göttingen sowie am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin tätig. Gastprofessuren führten ihn u. a. nach Salzburg, Tel Aviv und Frankfurt am Main. 2008 wurde er mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ausgezeichnet. Seine Forschungsschwerpunkte sind die historische Epistemologie der Humanwissenschaften, Visualisierungsstrategien in den Lebenswissenschaften, das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft sowie die Geschichte der Kybernetik.

Zugang zur Entfernung eines Hirntumors unter der Oberfläche des Gehirns (Grosshirnrinde). Die Grosshirnrinde ist sichtbar nach dem vorübergehenden Entfernen eines Schädelknochenstücks und der sie bedeckenden Gewebeschicht (Dura mater).

Approach to remove a brain tumor beneath the surface of the brain (cerebral cortex). The cortex, after the temporary removal of      a segment of the skull and the sheath of tissue (dura mater) covering the brain.

© Michael Tummings

Prof. Dr. med. Jörg-Christian Tonn ist Direktor der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik am Klinikum der Universität München und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach Medizinstudium und Facharztausbildung in Lübeck, Hannover und München spezialisierte er sich auf neuroonkologische und vaskuläre Neurochirurgie. Er ist ein international führender Experte auf dem Gebiet der Hirntumorbehandlung und leitet zahlreiche innovative Forschungs- und Therapieprojekte zur Behandlung von Hirntumoren und anderen neurochirurgischen Erkrankungen.

Blick in eine eröffnete Hauttasche über dem grossen Brustmuskel (Pectoralis-Muskel), in welcher sich ein implantierbarer Defibrillator befindet – ein Gerät, das lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen erkennt und korrigiert. Das Gerät selbst ist hier nicht sichtbar, jedoch sind die elektrischen Sonden zu sehen, die lose in der Tasche liegen. Diese Sonden verlaufen vom Aggregat durch die Vene unter dem Schlüsselbein bis zum Herzen.

View into an opened skin picket over the large chest muscle (pectoral muscle), with an implantable defibrillator – a device that detects and corrects dangerous heart rhythm disorders – located in the depth. While the device itself is not visible here, the electrical leads con be seen, loosely coiled in the pocket. These leads run from the generator through the vein under the collarbone to the heart.

© Michael Tummings

Prof. Dr. med. Mazda Farshad ist Spitaldirektor und Chefarzt für Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie an der Universitätsklinik Balgrist sowie Professor an der Universität Zürich. Nach Medizinstudium, Facharztausbildung in Zürich und einem Master of Public Health spezialisierte er sich am Hospital for Special Surgery in New York auf Wirbelsäulenchirurgie. Zu den von ihm gegründeten und geleiteten Innovationen zählen das Universitäre Wirbelsäulenzentrum Zürich, das Forschungsprojekt SURGENT sowie das moderne Zentrum OR-X.

Chirurgischer Eingriff zur Korrektur der Kurzsichtigkeit (Myopie) (SMILE – small incision lenticule extraction). Bei diesem Verfahren formt ein Laser ein kleines, scheibenförmiges Stück Hornhautgewebe (Lentikel) aus der äusseren Schicht des Auges, das anschliessend durch einen kleinen Schnitt entfernt wird. Dadurch wird die Hornhaut umgeformt und das Sehvermögen verbessert.

Surgical procedure for the correction of nearsightedness (myopia) (SMILE – small incision lenticule extraction – procedure). A laser creates a tiny, disc-shaped piece of corneal tissue from the outer layer corneal lenticule) of the eyeball, which is then removed through a small incision, reshaping the cornea and improving vision.

© Michael Tummings

Martin Steiner verantwortet die Gestaltung des Buches. Studio Martin Steiner konzipiert und gestaltet Bücher, Kataloge, Magazine, Buchcover, Ausstellungen, Konferenzen, Erscheinungsbilder und digitale Umsetzungsformen im Umfeld von kulturellen, sowie kommerziellen Projekten. Darüber hinaus verfügt es über ein Netzwerk aus Fotografen, Illustratoren, Programmierern, Produktionern und Textern.

Die Edition Patrick Frey hat seit ihrer Gründung 1986 mehr als 300 Bücher veröffentlicht. Der Verlag arbeitet in engen Kollaborationen mit hauptsächlich Schweizer, aber auch internationalen Künstlern zusammen. So entstehen einmalige Projekte in kleinen Auflagen. Die Edition Patrick Frey bietet jungen Künstlern eine Plattform und die Möglichkeit für eine erste Publikation. Ausserdem ist der Verlag in Langzeitkollaborationen mit renommierten Künstlern wie Walter Pfeiffer, Karen Kilimnik, Anne-Lise Coste, Peter Fischli & David Weiss und Andreas Züst involviert. Mit einem Output von etwa 20 Büchern pro Jahr, liegt der Fokus auf Fotografie, Kunst und auf Projekten, die Popkultur und das Alltägliche thematisieren.

Human Insights von Michael Tummings (ISBN: 978-3-907236-79-6) kann direkt bei der Edition Patrick Frey oder im Buchhandel bezogen werden.

[1] Das Artist in Residence (AIR) Programm @ Experimental Surgery ist eine Initiative, die Künstler in eine chirurgische Forschungsumgebung integriert. Es bringt Kunst und Wissenschaft zusammen, indem es Künstlern die Möglichkeit gibt, direkt mit Chirurgen, Forschern und medizinischen Technologien zu interagieren. Ziel ist es, neue Perspektiven zu eröffnen, interdisziplinäre Dialoge zu fördern und innovative Projekte zu entwickeln, die an der Schnittstelle von Kunst und Medizin liegen.

[2] Eros: In der griechischen Mythologie der Gott der Liebe, Begierde und Anziehung; philosophisch steht Eros für die schöpferische Kraft der Liebe und des Begehrens im weitesten Sinne.

[3] Thanatos: In der griechischen Mythologie die Personifikation des Todes; in der Psychologie steht er für den Todestrieb und destruktive Kräfte.

[4] Augmented Reality (AR) in der Orthopädie: Eine Technologie, die digitale Daten wie 3D-Bilder in die reale Sicht des Operateurs einblendet, um die Navigation, Präzision und Effizienz bei orthopädischen Eingriffen zu optimieren.

In memoriam: Sebastião Salgado – Chronist der Menschlichkeit und Anwalt der Natur…

Flüchtlinge im Lager Korem, Äthiopien, 1984 © Sebastião Salgado

Der Tod von Sebastião Salgado hinterlässt eine Leerstelle in der Welt der Fotografie – und weit darüber hinaus. Am Freitag ist der weltbekannte brasilianische Fotograf und Umweltaktivist im Alter von 81 Jahren in Paris gestorben. Seine Familie teilte mit, dass Salgado an Leukämie litt, die nach einer Malaria-Infektion im Jahr 2010 ausgebrochen war. Noch bis zuletzt engagierte er sich gemeinsam mit seiner Frau Lélia Deluiz Wanick Salgado für ihr gemeinsames Herzensprojekt, Instituto Terra, mit dem sie Hoffnung säten, wo Verwüstung war.

Ein ruandisches Flüchtlingscamp in Tansania, 1994 © Sebastião Salgado/Amazonas images

Salgado war mehr als nur einer der grossen Fotografen unserer Zeit. Er war Chronist der menschlichen Existenz, Fürsprecher der Ausgegrenzten – und, wie Kulturministerin Margareth Menezes treffend schrieb, jemand, dessen "Objektiv die Seele der Welt eingefangen hat, mit einem menschlichen, poetischen und zutiefst transformativen Blick". Er gab den Namenlosen ein Gesicht und machte das Unsichtbare sichtbar.

Menschen im Sahel auf der Flucht vor der Dürre: Die Aufnahmen des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado prägten überall auf der Welt das Bild der grossen Hungersnot südlich der Sahara in den 1980er-Jahren. Der grosse Verdienst Salgados: Er lichtete die Notleidenden ab, ohne sie ihrer Würde zu berauben. © Sebastião Salgado / Focus

Er wurde am 8. Februar 1944 in Aimorés, Minas Gerais, Brasilien, als einziger Sohn einer Viehzüchterfamilie geboren. Nach seinem Wirtschaftsstudium in São Paulo und dem Doktortitel in Paris floh Salgado mit seiner Frau vor der Militärdiktatur nach Frankreich. Dort entdeckte er auf einer Afrika-Reise mit der Leica seiner Frau die Fotografie – ein Wendepunkt in seinem Leben. Ab 1973 war er als unabhängiger Fotograf aktiv und arbeitete für renommierte internationale Agenturen wie Sygma, Gamma und beinahe 20 Jahre bei Magnum Photos, eine der wichtigsten Fotoagenturen weltweit. 1994 gründete er zusammen mit Lélia Wanick Salgado eine eigene Agentur.

Arbeiter auf der Teeplantage Mata, Ruanda © Sebastião Salgado

Bekannt wurde Salgado durch schonungslose Sozialreportagen und intensive Naturaufnahmen. Ob Kriegsgebiete in Kuwait, Flüchtlingslager in Afrika oder die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Goldmine von Serra Pelada – seine Bilder dokumentierten das Leiden der Menschen und berührten weltweit. Salgados Bildsprache wurde gelegentlich als "verstörend schön" und er selbst als "Ästhet des Elends" kritisiert; doch er hielt dagegen: "Weshalb sollte die arme Welt hässlicher sein als die reiche? Die Würde ist hier wie dort dieselbe."

Hoffnung: 1995 machte Salgado dieses Aufnahme im Südwesten Ruandas. 300.000 Menschen lebten allein dort in zwölf Flüchtlingslagern. © Sebastião SALGADO/ Amazonas images

Charakteristisch für Salgados Arbeiten sind seine grossformatigen, ausschliesslich in Schwarz-Weiss gehaltenen Fotografien, oft analog aufgenommen. Seine Kompositionen sind sorgfältig aufgebaut und leben vom Kontrast zwischen Licht und Schatten. In ihnen verdichtet sich menschliche Erfahrung zu universellen Geschichten. Als "Chronist des globalen Südens" brachte er mit seinen Projekten "Workers", "Migration", "Africa" und zuletzt mit der monumentalen Naturstudie "Genesis" die Herausforderungen und Hoffnungen ganzer Erdteile ins öffentliche Bewusstsein.

Rajasthan, India, 1990 © Sebastião Salgado

Salgado verstand Fotografie als Verpflichtung: "Durch die Linse seiner Kamera kämpfte Sebastião unermüdlich für eine gerechtere, menschlichere und ökologischere Welt", heisst es in der Mitteilung von Instituto Terra.

Überfüllung: Menschen in Bewegung faszinierten Sebastião Salgado. Die Aufnahme aus dem indischen Bombay 1995 zeigt den Bahnhof Church Gate, der zu diesem Zeitpunkt von fast drei Millionen Menschen genutzt wurde - täglich. © Sebastião SALGADO/ Amazonas images

Der Dokumentarfilm "Das Salz der Erde" (2014, Wim Wenders und Juliano Ribeiro Salgado) setzte mit berührenden Einblicken in Leben und Werk des Fotografen seinem Lebenswerk ein besonderes Denkmal. Seine Bilder waren Mahnung und Hoffnung zugleich.

Bucht von Moramba. Madagaskar 2010 © Sebastião Salgado/Amazonas images

Im Laufe seines Schaffens wurde Salgado mit bedeutenden internationalen Preisen geehrt, darunter unter anderem der World Press Photo Award, der Grand Prix National de la Photographie, der Prinz-von-Asturien-Preis, die Leica Oskar Barnack Awards und als erster Fotograf der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Zusätzlich wurde er 1992 zum Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Sciences ernannt und 2016 in die Académie des Beaux-Arts aufgenommen. Verschiedene Universitäten verliehen ihm Ehrendoktorwürden. Ebenso engagierte er sich für UNICEF, Amnesty International und Médecins Sans Frontières.

Rio Jaú, Amazonas, Brazil, 2019 © Sebastião Salgado

Nach Jahren der Arbeit in Kriegs- und Krisengebieten widmete sich Salgado mit seiner Frau ab Ende der 1990er-Jahre dem Wiederaufbau der zerstörten Heimat seiner Kindheit: Millionen Bäume pflanzten sie über das Instituto Terra auf der Farm in Minas Gerais, heute ein Naturschutzgebiet und Hoffnungszeichen für kommende Generationen.

Iles Anavilhanas, bewaldete Inseln des Rio Negro, Bundesstaat Amazonas, Brasilien, 2009 © Sebastião Salgado

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva schrieb: "Sein Leiden an der Ungleichheit in der Welt und sein Talent, die Lebenswirklichkeit der Unterdrückten abzubilden, dienen als Weckruf an das Gewissen der gesamten Menschheit. Salgado hat nicht nur seine Augen und seine Kamera genutzt, sondern auch die Fülle seines Herzens und seiner Seele."

Elefant im Kafue-Nationalpark, Sambia, 2010. © Sebastião Salgado

Danke, Sebastião Salgado, für dein einzigartiges Werk, das unser Bewusstsein erweitert hat – und das uns weiterhin auffordert, hinzusehen, hinzuhören und Verantwortung zu übernehmen.

Stiftung F.C. Gundlach…

Junge Männer machen junge Mode - Gitta Schilling in einem Cardigan von Pierre Cardin, Paris 1958 © F.C. Gundlach / Stiftung F.C. Gundlach

Die Stiftung F.C. Gundlach wurde im Jahr 2000 von F.C. Gundlach gegründet, mit dem Ziel, die Fotografie als künstlerisch und gesellschaftlich bedeutendes Kulturgut zu fördern. Im Zentrum ihrer Tätigkeit steht das fotografische Werk und Archiv des Stifters, welches durch eine Vielzahl von fotografischen Konvoluten, Zustiftungen, Nachlässen und Archiven bedeutender Fotografinnen und Fotografen ergänzt wird.

Fischmarkt, Sesimbra 1968 © Toni Schneiders / Stiftung F.C. Gundlach

Die Archive der Stiftung umfassen sowohl vollständige Nachlässe als auch ausgewählte Werkgruppen renommierter Fotografinnen und Fotografen. Dabei variieren Umfang und Inhalt der Bestände: Während einige das gesamte künstlerische Werk darstellen, handelt es sich bei anderen um wichtige Teilarchive oder thematische Konvolute. Zu den betreuten Beständen gehören unter anderem Nachlässe und Archive von Hans Meyer-Veden, Werner Stuhler, Reinhart Wolf, Wilfried Bauer, Peter Keetman, Dirk Reinartz, Toni Schneiders und Michael Lange.

o.T.. aus der Serie Hamburg - St. Georg, 1981 © Dirk Reinartz / Deutsche Fotothek & Stiftung F.C. Gundlach

Durch die Erschliessung, Katalogisierung und Vermittlung ihrer Archive leistet die Stiftung einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des fotografischen Kulturerbes und eröffnet Forscherinnen und Forschern, Kuratorinnen und Kuratoren sowie einem interessierten Publikum neue Zugänge zu zentralen Positionen und Entwicklungen der Fotografie.

Sprungturm, Prien am Chiemsee 1957 © Peter Keetman / Stiftung F.C. Gundlach

In enger Zusammenarbeit mit dem von F.C. Gundlach 2003 initiierten Haus der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg – welches den Kernbestand seiner Sammlung „Das Bild des Menschen in der Fotografie“ sowie die Bibliothek als Dauerleihgabe verwaltet – realisiert die Stiftung zahlreiche Ausstellungen, Fotobildbände und Projekte zur Vermittlung von fotografischer Kultur.

Verlassener Wohnwagen in Südfrankreich, 1972 © Werner Stuhler / Deutsche Fotothek & Stiftung F.C. Gundlach

2025 feiert die Stiftung F.C. Gundlach ihr 25-jähriges Jubiläum. Sie blickt damit auf ein Vierteljahrhundert engagierter Arbeit zurück. Das Jubiläum bietet Anlass, das fotografische Erbe F.C. Gundlachs sowie die vielfältigen Aktivitäten der Stiftung für die Fotografie gebührend zu würdigen. Das Jubiläumsjahr wird durch zahlreiche Veranstaltungen und Ausstellungen begleitet und lädt dazu ein, die Fotografie als lebendige Ausdrucksform neu zu entdecken. 

Die Stiftung F.C. Gundlach arbeitet im Bereich der Vermittlung und Sichtbarmachung fotografischer Positionen mit sichtbar.art zusammen. sichtbar.art ist ein kuratiertes Onlinemagazin für Fotografie und verwandte Genres und richtet sich an eine anspruchsvolle, internationale Leserschaft mit Interesse an Fotografie und Kunst. In dieser Zusammenarbeit präsentiert die Stiftung F.C. Gundlach ausgewählte Bestände und Projekte einem weltweiten Publikum, fördert den Austausch und stärkt die digitale Präsenz ihrer Sammlung.

Archivgeschichte: Joana Biarnés Florensa…

Das Hochwasser im Vallès 1962 © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Joana Biarnés Florensa (1935–2018) war eine der ersten Fotoreporterin Spaniens. Sie wurde in Terrassa bei Barcelona geboren und kam durch ihren Vater Joan Biarnés i Masip[1], einen Sportfotografen, schon früh mit der Fotografie in Kontakt. Bereits als Kind half sie ihm in der Dunkelkammer. Biarnés studierte an der Journalistenschule in Barcelona. Zu Beginn ihrer Laufbahn hatte sie als Frau grosse Schwierigkeiten: Arbeitsmöglichkeiten waren knapp, und oft musste sie sich mit ihrem Vater auf Sportveranstaltungen behelfen. Häufig erlebte sie Diskriminierung – es kam sogar vor, dass ein Fussballschiedsrichter ein Spiel unterbrach, um zu verhindern, dass sie als Frau fotografierte, obwohl sie über alle nötigen Akkreditierungen verfügte.

Die Überschwemmungen in El Vallès forderten Hunderte von Todesopfern und richteten grosse Schäden an. Auf dem Bild hängen die Eisenbahnschienen, die durch den Bach Les Arenes führen. Terrassa, 25/09/1962. © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Ihr Professor Del Arco [2]gab ihr während des Studiums den Auftrag, eine Reportage über einen Schlachthof zu machen, nachdem er hörte, dass sie keine Stierkampf-Fotos machen wollte. Dieses Projekt ergänzte Joana mit Fotos aus einer Sammlung von deformierten Tieren und verkaufte die Bilder schliesslich an einen Tierarzt, der damit ein Fachbuch gestaltete.

Ernte der Safranblüten. Consuegra, Toledo, 1967 © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Ein bedeutender Schritt ihrer Karriere war die Berichterstattung über das Hochwasser in Terrassa im September 1962, bei dem viele Menschen ums Leben kamen. Im selben Jahr machte sie eine Reportage für die Zeitung Pueblo an, die sogenannten "Aschenputtel von Pueblo". Dem Direktor der Zeitung, Emilio Romero, gefiel diese Arbeit so sehr, dass er sie nach Madrid holte. Fortan arbeitete sie als festangestellte Fotografin für Pueblo und berichtete über viele gesellschaftliche und kulturelle Ereignisse.

Atmosphäre in einer Madrider Kneipe, 1966 © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

In Madrid lernte Biarnés den französischen Journalisten Jean Michel Bamberger [3]kennen, der die Radiosendung "Ustedes son formidables" produzierte. Mit ihm war sie später verheiratet.

Paul McCartney im Hotel, Barcelona, Juli 1965 © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Eine ihrer bekanntesten Reportagen entstand 1965, als die Beatles in Spanien auftraten. Durch ihre Kontakte gelang es Biarnés, im gleichen Flugzeug wie die Band von Madrid nach Barcelona zu fliegen und sie fotografisch zu begleiten. Sie umging die Sicherheitsvorkehrungen, gelangte über den Lastenaufzug zur Suite der Beatles im Hotel Avenida Palace und konnte dort drei Stunden lang exklusive Fotos anfertigen. Die Zeitung weigerte sich, den Bericht zu veröffentlichen, da er nicht den Redaktionsthemen entsprach, sodass die Bilder stattdessen in der Zeitschrift Ondas erschienen.

Modereportage mitten auf der Strasse, Madrid, 1967 © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Biarnés war über viele Jahre die persönliche Fotografin des Sängers Raphael und lichtete zahlreiche weitere prominente Personen ab, darunter Sara Montiel, die Herzogin von Alba, Audrey Hepburn, Tom Jones, Lola Flores, Sammy Davis Jr., "El Cordobés" und Joan Manuel Serrat. Sie begleitete die Sängerin Massiel nach Paris, um das Kleid für ihre Teilnahme am Eurovision Song Contest zu kaufen und war an weiteren Ereignissen der internationalen und nationalen Prominenz beteiligt. In ihren Arbeiten zeigte sie immer wieder Improvisationstalent – zum Beispiel, indem sie sich für Interviews als Ehefrau oder Sekretärin ausgab, um Zugang zu erhalten.

Ad Lib Modenschau, Ibiza, 1972. © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Neben ihrer Reportertätigkeit gestaltete sie für die Zeitung Pueblo eine Modeseite im Stil von Magazinen wie Vogue und Elle. Nach ihrer Zeit bei Pueblo war sie zunächst für Raphael tätig, dann holte Luis María Anson sie zum ABC. Später gründete Biarnés mit Kollegen die Fotoagentur Sincropress [4]und arbeitete auch für andere Presseagenturen wie Heliopress, Contifoto und Cosmopress.

Madrid, 1971 © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Im Jahr 1985 entschied sie sich, die Presse zu verlassen. Sie missbilligte die zunehmende Sensationslust im Fotojournalismus. Anschliessend eröffnete sie auf Ibiza das Restaurant Cana Joana, das zu den angesehensten Restaurants der Balearen zählte. Sie trat zudem in der spanischen Kochsendung "Con las manos en la masa" auf und zog sich später nach Viladecavalls in der Provinz Barcelona zurück.

Ava Gardner in der Stierkampfarena La Maestranza. Sevilla, 1964 © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

2017 veröffentlichte Joana Biarnés ihr Buch "Joana Biarnés. Disparando con el corazón". Im selben Jahr wurde eine grosse Auswahl ihrer Fotos im Palau Robert in Barcelona ausgestellt, die insbesondere das Spanien der Nachkriegszeit dokumentieren. Seit 2001 litt sie an einer degenerativen Augenerkrankung, die ihr Sehvermögen im Lauf der Jahre stark einschränkte.

Ein lustiger Moment zwischen zwei Stierkämpfern auf der Plaza de Las Ventas, Madrid, 1967. © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

Joana Biarnés starb am 19. Dezember 2018 im Alter von 83 Jahren. Ihr Lebenswerk gilt als wichtiger Beitrag für den Fotojournalismus in Spanien, insbesondere für die Rolle der Frauen in der Presse, und wurde in ihren letzten Lebensjahren und posthum durch zahlreiche Ausstellungen und Veröffentlichungen gewürdigt.

Dalí kleidet sich als Clown auf Kosten eines Modells. Portlligat, Girona, 1966. © Joana Biarnés / Fundación Photographic Social Vision.

[1] Joan Biarnés i Masip (1919–2009). Er war ein bekannter katalanischer Sportfotograf und Inhaber eines eigenen Fotostudios in Terrassa. Von ihm lernte Joana Biarnés schon früh die Grundlagen der Fotografie und sammelte bei ihm erste berufliche Erfahrungen als Fotografin.

[2] Luis de Arco, mit vollem Namen Luis de Arco Canseco (häufig bekannt als Del Arco). Er war ein bekannter spanischer Journalist und Dozent an der Journalistenschule von Barcelona. Del Arco war in der Mitte des 20. Jahrhunderts eine prägende Persönlichkeit des Journalismus in Spanien und für seine oft provozierenden und praktischen Lehrmethoden bekannt. Er spielte eine wichtige Rolle als Mentor in der Ausbildung von Joana Biarnés, indem er sie zu besonderen und nicht alltäglichen Reportageaufgaben ermutigte. Der Name „Del Arco“ ist in der Journalistenszene Spaniens insbesondere durch seinen Unterricht und seine Kolumnen bekannt geworden.

[3] Jean Michel Bamberger arbeitete bei spanischen Medien, insbesondere beim Radio, und war Produzent der Sendung "Ustedes son formidables", einer erfolgreichen Radiosendung von Alberto Oliveras, die sich auf soziale Hilfsaktionen konzentrierte und im spanischen Radio Popular ausgestrahlt wurde. 

[4] Sincropress war eine spanische Fotoagentur, die von Joana Biarnés gemeinsam mit anderen Fotografen gegründet wurde. Die Gründung von Sincropress war Teil ihrer Bestrebungen, als Fotojournalistin unabhängiger zu arbeiten und nicht nur für einzelne Zeitungen oder Verlage, sondern auch für verschiedene Medien und Auftraggeber tätig sein zu können. Sincropress bot Bildmaterial für Zeitungen, Zeitschriften und andere Presseerzeugnisse an und ermöglichte es Fotoreporterinnen und Fotoreportern, eigene Reportagen und Themen selbstständiger zu vermarkten.

ArchiveMiryam Abebe
Swiss Press Photo 2025…

International
1. Preis: Dominic Nahr, Die Grüne Linie, Neue Zürcher Zeitung

Die Gewinner und Gewinnerinnen der von der Fondation Reinhardt von Graffenried vergebenen Swiss Press Photo Awards 2025 wurden Anfang Januar in der Schweizerischen Nationalbibliothek BN Bern von einer siebenköpfigen Jury (Denise Tonella, Direktorin Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich, Nicole Spiess, Bildchefin Schweizer Illustrierte, Zürich, Joumana El Zein Khoury, Direktorin World Press Photo, Amsterdam, Alessa Widmer, Kuratorin, Zürich, Jurypräsidentin Albertine Bourget, Journalistin, Lausanne, Luc Debraine, Journalist, Vevey und Jost Fetzer, Bildredaktor Tages-Anzeiger, Zürich gewählt.

Die Hauptgewinnerin oder der Hauptgewinner des Swiss Press Photo 2025, der Swiss Press Photographer of the Year wird am 25. April 2025 in der Aula der Universität Bern erkoren.

Aktualität
1. Preis: Anne Morgenstern, Swifties, Neue Zürcher Zeitung

Kurz vor den zwei Schweizer Konzerten der amerikanischen Popsängerin Taylor Swift im Juli in Zürich bringen sich ihre – hier vornehmlich weiblichen – Fans in einem Klub in Stimmung. Die mit Freundschaftsarmbändern bestückten jungen Frauen gehen ganz in ihrem Fantum auf, beten Taylor Swift geradezu an. Diese sei «die Anführerin einer Religion», betitelt die Zeitung den Artikel über die «devoten» Swifties.

Aktualität
2. Preis: Alessandro della Valle, Bauerdemo, Keystone SDA, Diverse Medien

Rund 650 Traktoren bilden am 22. März auf einem Feld in Ersigen (BE) ein Lichtermeer vor der Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau. Die Zusammenkunft der Bäuerinnen und Bauern ist eine von mehreren friedlichen Protestaktionen, die schweizweit stattfinden. Gefordert werden in erster Linie faire Preise für landwirtschaftliche Produkte, sowohl vom Staat als auch von den Grossverteilern.

Aktualität
3. Preis: Michael Buholzer, Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock, Keystone SDA, Diverse Medien

Am 15. und 16. Juni findet auf dem Bürgenstock die Ukraine-Friedenskonferenz statt. Am Gipfeltreffen von über 80 Staaten nehmen unter anderem US-Vizepräsidentin Kamala Harris und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teil – und natürlich Wolodimir Selenski. Der ukrainische Präsident steht sichtlich angespannt zwischen Bundespräsidentin Viola Amherd und Bundesrat Ignazio Cassis.

Alltag
1. Preis: Sébastien Anex, Endlich Sonne!, Schweizer Familie

Das Berner Bergdorf Lütschental feiert am 25. Februar die Rückkehr des Sonnenscheins nach vier Wintermonaten im Schatten der Oberländer Alpen. Das Fest der kleinen Dorfgemeinschaft heisst Sunnezmorge. Manche behelfen sich während der dunklen Jahreszeit mit einer künstlichen Sonne. Familie Teuscher kann es kaum erwarten und fährt in die Höhe, wo man schon «sünnele» kann.

Alltag
2. Preis: Annick Ramp, Ein Leben im Provisorium, Neue Zürcher Zeitung

In der Nähe des Hauptbahnhofs Zürich stehen vier heruntergekommene Wohnblocks. Sie gehören der SBB und wurden 1965 für unverheiratete Gastarbeiter gebaut. Eigentlich als Provisorien geplant, stehen die «Junggesellenheime» bis heute. Und nach wie vor sind sie von Arbeitern bewohnt, zum Beispiel von Joaquin aus Portugal oder Peter aus Ostdeutschland. Dass die an Plattenbauten erinnernden Häuser an zentraler Lage nicht längst durch Neubauten ersetzt wurden, liegt an der Stadtplanung: Langfristig soll hier eine neue Tramlinie durchführen.

Alltag
3. Preis: Boris Müller, Hundeshow, Wertpapier Kundenmagazin

An einem Augustwochenende gehört die Luzerner Allmend ganz den Hundehalterinnen und -haltern. An der Swiss Dog Show präsentieren sie ihre Vierbeiner und lassen sie bewerten – in der Hoffnung, Herrchen oder Frauchen eines Schönheits-Champions zu sein.

Schweizer Geschichten
1. Preis: Rahel Zuber, Nährstoff Konzentration, nicht publiziert

Die analog aufgenommenen Fotos zeigen verschiedene landwirtschaftliche Standorte im Kanton Zürich. Die Filme wurden vor dem Entwickeln in Flüssigdünger oder Pflanzenschutzmittel eingeweicht. Die daraus entstandenen Spuren sollen darauf hinweisen, dass in unseren Gewässern trotz strenger Umweltstandards oft eine zu hohe Nährstoffkonzentration gemessen wird.

Schweizer Geschichten
2. Preis: Jonathan Labusch, Nemo Tour 2024, nicht publiziert

Durch den Sieg beim Eurovision Song Contest fⁿr die Schweiz wird Nemo über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Die Medien berichten über die nachfolgenden Konzerte, die Nemo zum Beispiel auf dem Berner Gurten oder in Solothurn gibt. Dabei wird Nemo, offen nicht-binär lebend, auch backstage begleitet.

Schweizer Geschichten
3. Preis: Marie-Lou Dumauthioz, Abbayes vaudoises, 24 heures

Die Waadtländer «Abteien» sind nicht etwa Klöster, sondern Schützenvereine und gleichzeitig Schiesswettbewerbe, deren Tradition bis ins Mittelalter zurückreicht. Frauen nehmen in diesen eigentlichen Bruderschaften oft die Rolle einer Ehrendame ein, die Schützenkönige sind männlich. Es geht aber auch anders: Die Abbaye des Nobles Coeurs zum Beispiel ist seit ihrer Gründung anno 1990 immer gemischtgeschlechtlich gewesen, sodass auch die Schwestern Marianne und Audrey an diesem Sommersamstag in Aigle im Paarschiessen antreten dürfen.

Porträt
1. Preis: Kostas Maros, Ich bin das letzte verbliebene Fräulein, Basler Zeitung

Noémi Speiser ist 97 Jahre alt und gilt als Koryphäe in ihrem Fachgebiet der Textilwissenschaft. Eine Kunstgalerie ehrt 2024 das Lebenswerk der Baslerin. Speiser heiratete zeitlebens nie und besteht darauf, als «Fräulein» angesprochen zu werden.

Porträt
2. Preis: Maurice Haas, Phoenix, Das Magazin

David Heimer war Küchenchef in einem angesagten Zürcher Restaurant, bis er im Mai 2023 schwer verunfallte: Bei einem Fallschirmsprung in Spanien kollidierte er mit einer Stromleitung, er verlor seine Nase und sämtliche Finger, und 70 Prozent seiner Haut verbrannten. Bis heute kämpft sich der Mittdreissiger zurück ins Leben. Dazu gehört nicht nur eine langwierige Rehabilitation, sondern auch sein Wille, seine Geschichte zu erzählen. Das Studiobild entsteht wenige Monate nach dem Unfall. Im Januar 2024 ist Heimer in der Lage, einen Wochenendausflug ins Piemont zu unternehmen – eine willkommene Abwechslung. Im Bett trägt er eine Silikonmaske, was die Narbenreifung positiv beeinflusst.

Porträt
3. Preis: Noëlle Guidon, Für Anna Rosenwasser ist die Liebe politisch, NZZ am Sonntag Magazin

Sie hat sich schon als Aktivistin für die Rechte von queeren Menschen stark gemacht, und auch als SP-Nationalrätin bleibt die Zürcherin Anna Rosenwasser eine wichtige Stimme für die LGBTIQ-Community. Die Bilder entstehen für ein Interview im Stadthaus und im Café Gleis. Die bekannte Feministin, die Frauen liebt, bezeichnet sich als «stolze Schlampe». Das sei politisch gemeint, denn sexuelle Selbstbestimmung dürfe nicht abgewertet werden. Im Bundeshaus müsse sie sich ständig sexistische Bemerkungen anhören. «Die Schweiz überschätzt sich gerne, was die eigene Offenheit angeht. Wir meinen, wir seien modern, aber eigentlich sind wir nur reich.»

Sport
1. Preis: Joseph Khakshouri, Rad WM Zürich, Schweizer Illustrierte

2024 wurde Zürich zum Mekka für Radsportfans. Die Rad- und Para-Cycling-WM lockte viele Fans in die Limmatstadt, und auch entlang der Strecke konnten die Rennfahrer auf grosse Unterstützung zählen. Auf dem Weg nach Zollikerberg ist das Feld sehr kompakt, eine ungewohnte Perspektive auf das Rennen bietet sich aus der Luft.

Sport
2. Preis: Silas Zindel, Der einzige Mann im Wasser, Neue Zürcher Zeitung

Einst wurde er von seinen Mitschülern gehänselt, heute träumt er von einer Teilnahme an den Olympischen Spielen: Francesco Cosentino ist Synchronschwimmer und der erste Mann, der in dieser Sportart an den Schweizer Meisterschaften teilgenommen hat. Der heute 17-Jährige möchte nicht der einzige bleiben. Er sagt: «Ich hoffe, dass es irgendeinmal ein Team geben wird mit vier Männern und vier Frauen.»

Sport
3. Preis: Katja Schmidlin, Eiskunstlauf, Wochenblatt Laufental

Am 20. Dreiländer Cup treffen sich am 27. Oktober Eiskunstläuferinnen und Eiskunstläufer aus der ganzen Schweiz in Laufen (BL), um gegeneinander anzutreten. Die Schwarz-Weiss-Aufnahmen lenken den Blick für einmal weg von den glitzernden Kostümen auf Details, die sonst kaum auffallen. Paula Wittkopf vom Eislauf Club Laufen ist hochkonzentriert. Nahaufnahmen von Alina Groux und Oréa Noto vom Eislauf Club Thun geben ungewohnte Einblicke. Eine Eisläuferin wärmt sich für ihren Wettkampf auf.

International
1. Preis: Dominic Nahr, Die Grüne Linie, Neue Zürcher Zeitung

In Jemen herrscht seit zehn Jahren Bürgerkrieg. Wie das ganze Land, ist auch die Stadt Taiz zweigeteilt: Deren Norden kontrolliert die islamistische Huthi-Miliz. Taiz ist kriegsversehrt, Soldaten patrouillieren auf Pick-ups durch die Strassen. Die Huthis kämpfen auch ausserhalb «ihres» Staates auf der Arabischen Halbinsel: Im Gaza-Krieg haben sie die Hamas gegen Israel unterstützt.

International
2. Preis: Tiziana Amico, Nunca Fui Adolescente, Republik Magazin

Dem ultralibertären argentinischen Präsidenten Javier Milei sind feministische Errungenschaften ein besonders grosser Dorn im Auge. In diesem politischen Klima haben es Frauen, die sehr jung Mutter geworden sind, noch schwerer als ohnehin. Micaela aus Buenos Aires wurde mit 15 Jahren zum ersten Mal, mit 17 zum zweiten Mal schwanger. Ihre Töchter brachte sie zur Welt, obwohl die Familie sie zu einer Abtreibung drängte. Es gibt in Argentinien zwar ein staatliches Programm zur Verhinderung ungewollter Teenager-Schwangerschaften, doch die neue Regierung strich das Budget radikal zusammen.

International
3. Preis: Mario Heller, Turkish Hairlines, Neue Zürcher Zeitung

In Istanbul gibt es zahlreiche Haarkliniken. Hierhin reisen jedes Jahr Hunderttausende Männer, um ihre Halbglatze behandeln zu lassen. Ein probates Mittel sind Haartransplantationen. Dabei werden am Hinterkopf sogenannte Grafts entnommen, gekühlt zwischengelagert und an der kahlen Stelle wieder eingepflanzt – bis zu 75 Haare pro Quadratzentimeter. Die Transplantationen sind in der Türkei zwar besonders günstig, aber auch mit gewissen gesundheitlichen und kosmetischen Risiken verbunden.

Award, ReportageMiryam Abebe
Archivgeschichte #7 - Esther Bubley

Greyhound bus trip from Louisville, Kantucky, to Memphis, Tennessee. Waiting for the bus at Memphis terminal, September 1943 © Esther Bubley for the Office of War Information

Esther Bubley (1921-1998) war eine bedeutende US-amerikanische Fotografin, die sowohl im Office of War Information (OWI) als auch bei der Standard Oil Company (New Jersey) tätig war. Sie etablierte sich in einer Zeit, in der viele Frauen auf häusliche Rollen beschränkt waren, als erfolgreiche Fotografin. Sie arbeitete für bekannte Zeitschriften wie LIFE und das Ladies' Home Journal sowie für Unternehmen wie Pepsi-Cola und Pan American World Airways.

Greaseball, a mascot at the Stevens Airport, Frederick, Maryland, October 1943 © Esther Bubley, Office of War Information

Geboren am 16. Februar 1921 in Phillips, als viertes Kind russisch-jüdischer Einwanderer, entwickelte Bubley bereits während ihrer Schulzeit eine Leidenschaft für den Fotojournalismus. Inspiriert vom 1936 erstmals veröffentlichten Life Magazin und den Bildern der Weltwirtschaftskrise der Farm Security Administration, verfolgte sie ihre Passion zielstrebig. Als Chefredakteurin des Jahrbuchs ihres Colleges versuchte sie, den Stil des Life Magazins nachzuahmen. Sie besuchte nach der Highschool zunächst die heutige University of Wisconsin-Superior für zwei Jahre und schrieb sich dann in das einjährige Fotografieprogramm des heutigen Minneapolis College of Art and Design ein.

Alone in the Sea Grill, 1943 © Esther Bubley

1941 zog Bubley nach Washington, D.C., in der Hoffnung, als Fotografin arbeiten zu können. Nach einer kurzen Anstellung beim Vogue Magazin in New York City kehrte sie nach Washington zurück und begann ihre Karriere bei den National Archives and Records Administration. Im Herbst 1942 stellte Roy Stryker sie als Dunkelkammerassistentin im OWI ein, wo sie schnell zur Fotografin avancierte und das Leben an der Heimatfront während des Krieges dokumentierte.

New York Harbor, October 1946 © Esther Bubley

Innovativ in ihren Fototechniken, gehörte Bubley zu den Fotografen, die den Übergang von inszenierten zu spontanen, intimen Erzählungen vollzogen. Sie verstand es hervorragend, künstliches Licht und verschiedene Kameraformate einzusetzen, um tiefgehende und fesselnde Bildserien zu schaffen.

In the Waiting Room, Greyhound Bus Terminal, New York, c. 1949 © Esther Bubley

1943 wechselte Bubley zusammen mit Stryker zu Standard Oil, wo ihre „Bus Story“-Serie 1948 mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Sie begann auch, für das Children’s Bureau zu fotografieren, eine Wohltätigkeitsorganisation, für die sie zahlreiche Bilder beisteuerte.

A Newly Arrived Youngster in the Admitting Ward, Bellevue Hospital, New York, 1950 © Esther Bubley

1949 gewann sie mit einem Bericht über Geisteskrankheit im Ladies' Home Journal erneut einen Fotowettbewerb. Sie produzierte zudem Beiträge für die Serie „How America Lives“. Ab 1951 arbeitete sie für das LIFE Magazin und erstellte zahlreiche Artikel, darunter mehrere Titelgeschichten. In diesem Jahr dokumentierte sie auch das Children’s Hospital of Pittsburgh, was ihr Interesse an medizinischen Themen in der Fotografie verstärkte und von Edward Steichen im Museum of Modern Art ausgestellt wurde.

Third Avenue, 1951 © Esther Bubley

In den 1950er Jahren nahm sie an internationalen Projekten teil, darunter eine Dokumentation für UNICEF in Marokko. Ihre Arbeiten für grosse Unternehmen und Organisationen führten sie nach Lateinamerika, Europa und Asien.

Rush hour passengers on a Q type express train on the upper level of the 42nd Street express station. New York City, circa 1951 © Esther Bubley

Als in den 1960er Jahren die Fotozeitschriften an Bedeutung verloren, konzentrierte sich Bubley mehr auf persönliche Projekte und reduzierte ihre Reisetätigkeit. Sie veröffentlichte Bücher über Tiere und Pflanzenfotografie. 1991 erhielt sie ein Ehrendoktorat vom Minneapolis College of Art and Design. Sie verstarb 1998 in New York City.

New York City, 1951 © Esther Bubley

Ihr fotografisches Werk wird durch Ausstellungen und Publikationen gewürdigt, darunter eine bedeutende Ausstellung 2001 in der UBS Art Gallery in New York City. Bücher über ihr Werk erschienen 2005 und 2010, und sie bleibt eine prägende Figur in der Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts.

Berber woman. Trachoma project. Morocco. 1953 © Esther Bubley

Central Park. New York City. © Esther Bubley

Rockefeller Center. New York City. © Esther Bubley

Rockefeller Center. New York City. © Esther Bubley

New York City, 1951 © Esther Bubley

vfg Nachwuchsförderpreis für Fotografie wird SIYU AWARD...

SIYU AWARD 2025 – jetzt einreichen!

Das SIYU AWARD Team freut sich, die erneute Ausschreibung des SIYU AWARD (ehemals vfg Nachwuchsförderpreis für Fotografie) für junge Schweizer Fotografinnen und Fotografen bekannt zu geben! Ab dem 1. Februar 2025 haben kreative Talente die Möglichkeit, ihre besten Arbeiten einzureichen und sich einen Platz unter den zehn Besten des Jahres zu sichern!

 Was ist der SIYU AWARD?
Der SIYU AWARD ist ein Wettbewerb im Bereich der Fotografie, der sich an aufstrebende Fotografinnen und Fotografen in der Schweiz richtet. Der SIYU AWARD wird von der SIYU professionelle fotografie schweiz, deren Sektionen und weiteren Sponsor*innen unterstützt. Ziel des SIYU AWARD ist es, junge Fototalente zu fördern und ihre Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Wer entscheidet?
Die Freude ist gross, dass für diese erste Ausgabe des SIYU AWARD mit Virginie Rebetez, Lisa Schneider und Dominic Nahr drei ausgewiesene Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen der Fotografie als Jury gewonnen werden konnten. Sie werden im Juni 2025 die zehn besten Arbeiten auswählen – und unter ihnen den oder die Preisträger*in des SIYU AWARD 2025 küren. Der Preis ist mit CHF 3000 dotiert.

 Warum teilnehmen?

  • Präsentation: Die Werke der zehn Finalist*innen werden in einer grossen Ausstellung präsentiert.

  • Anerkennung: Durch die Ausstellung, aber auch mittels anderer Kanäle bietet sich den zehn jungen Talenten eine Plattform, um sich in der Fotowelt zu etablieren.

  • Netzwerk: Die Finalist*innen erhalten die Gelegenheit, wertvolle Kontakte in der Branche zu knüpfen und ihre Arbeit einem breiten Publikum zu präsentieren.

Wie mitmachen?
Die Teilnahme ist einfach! Ab dem 1. Februar können interessierte Fotografinnen und Fotografen ihre Arbeiten direkt über die picter- Website einreichen. Alle Informationen zur Teilnahme sowie die vollständigen Wettbewerbsbedingungen findest du unter siyu-award.ch oder direkt über die Eingabeseite von picter.

Dein Talent ist gefragt!

Ob du gerade erst in die Welt der Fotografie eintauchst oder bereits einige Jahre Erfahrung hast – du bist herzlich eingeladen, beim SIYU AWARD 2025 mitzumachen.

AwardMiryam Abebe
Looking for miracles…

Aus der Serie Lightscapes © Stefan Daniel

Looking for miracles – eine Arbeit von Stefan Daniel über schwindende Landschaften unter Polarlichern, lädt dazu ein genauer hinzuschauen und über die Zerbrechlichkeit des Lebens auf der Erde nachzudenken und sich, uns als Teil eines grösseren Ganzen zu verstehen.

 

Aus der Serie Lightscapes #136-01 © Stefan Daniel

In der Hektik des Alltags suchen viele Menschen nach Dingen, die über das Gewöhnliche hinausgehen – vielleicht nach einem Wunder, einem Moment des Staunens, der die Routine unterbricht und uns innere Ruhe schenkt. Diese Suche führt uns an die entlegensten und schönsten Orte unserer Erde, denn oft finden wir das Wunderbare in der Stille der Natur…

 

Aus der Serie Lightscapes #147-41 © Stefan Daniel

Die Suche nach dem Wunder ist eine Reise, die mit offenen Augen und offenem Herzen beginnt. Sie führt uns zu den entlegensten Winkeln der Erde und lässt uns die uns umgebende Schönheit mit neuer Wertschätzung betrachten. Jede Landschaft, ob weite Ebene, hohe Bergkette, jedes Naturphänomen, von den flüchtigen Polarlichtern bis hin zu den dauerhaften Wellen des Meeres, erzählt die eigene Geschichte und lädt uns ein, Teil dieser Erzählung zu werden.

 

Aus der Serie Lightscapes #149-03 © Stefan Daniel

Am Ende dieser Reise stehen wir nicht nur vor einem Wunder – wir verstehen, dass das eigentliche Wunder darin besteht, dass wir diese Momente der Schönheit erleben können. Und vielleicht ist es genau dieser Schatz an Erfahrungen, der uns zeigt, dass das Wunder nicht immer in der Ferne gesucht werden muss, sondern direkt vor uns liegt - verborgen in den Geheimnissen der Natur, die uns umgibt.

 

Aus der Serie Lightscapes #147-53 © Stefan Daniel

Stafan Daniels Arbeiten sind konzeptuell, narrativ und vielschichtig und umfassen Fotografie, Skulptur, Neonarbeiten, Arbieten auf Papier und Drucktechniken. Seine Arbeiten basieren auf jahrelangen Beobachtungen, intensiver Forschung, dem Sammeln von Daten und Gesprächen mit Wissenschaftlern. In seinen Installationen, Leuchtschriften, Drucken und Fotografien zeigt er uns schwindende Landschaften unter Polarlichtern, die Welt des Konsums und fragile Ökosysteme.

 

Aus der Serie Lightscapes #147-46 © Stefan Daniel

Stefan Daniel (1975*) lebt und arbeitet in Chur. Er beschäftigt sich in seiner medienübergreifenden Kunst mit Veränderungen auf der Erde und ökologischen Fragen. Er schafft dabei einen Dialog zwischen der Umwelt und dem Betrachter.

Aus der Serie Lightscapes #150-03 © Stefan Daniel

Aus der Serie Lightscapes #150-04 © Stefan Daniel

ArtMiryam Abebe
In memoriam: Michael Ruetz…

Narziss, 1971 © Michael Ruetz

Der in Berlin geborene Künstler und Autor schrieb mit seiner Kamera Geschichte, er betrieb Spurensuche und schuf poetische Fotografien. Michael Ruetz, der aus einer Familie von Druckern, Journalisten, Verlegern aus Riga stammt, studierte im Hauptfach Sinologie. Dann wurde er Augenzeuge der Studentenproteste in den Sechzigerjahren – und griff zur Kamera. Auch den Einmarsch der sowjetischen Armee in Prag dokumentierte der Autodidakt, die Bilder brachten ihm einen Job beim »Stern« ein.

Aus der Serie Decay and Serendipity © Michael Ruetz

Ruetz gilt heute als einer der wichtigsten Dokumentare der Apo-Zeit. Schwarz-weiß, grobkörnig, manchmal nicht ganz scharf, erfasste er mit seinen Fotos das Wesentliche. Perspektive war für ihn mehr als eine physikalische, gestalterische Größe, sie war Ausdruck seiner Haltung. Ruetz sympathisierte mit der Außerparlamentarischen Opposition. Bei der Springer-Presse konnte der Fotograf so nicht landen.

Aus der Serie Die Poesie der Zeit © Michael Ruetz

Er wollte ohnehin mehr: 1972 nahm er an der Ausstellungsreihe Documenta 5 teil, im Laufe der Jahrzehnte publizierte er dutzende umfangreiche Fotobände. Sein Buch »Auf Goethes Spuren« war ein Verkaufsschlager und der Titel Programm: Ruetz vollzog Goethes Lebensstationen fotografisch auf einzigartige Weise nach. Von Mai bis August 2024 war die Ausstellung »Poesie der Zeit« in der Berliner Akademie der Künste zu sehen. Sie zeigte seine fast 60 Jahre andauernden fotografischen Studien.

Bild: Amélie Losier

Orte in der Hauptstadt oder in der Natur suchte er immer wieder auf und lichtete sie vom gleichen Kamerastandpunkt aus ab. Veränderung und Vergänglichkeit faszinierten ihn sein Leben lang. Michael Rutz starb am 2. Dezember in Berlin.

(Text: Der Spiegel)

in memoriamMiryam Abebe
In memoriam: Anas Alkharboutli...

Der in Syrien für die Deutsche Presse-Agentur arbeitende Fotograf Anas Alkharboutli ist bei den Pictures of the Year International (POYI) mit dem Award of Excellence in der Kategorie Daily Life Singles ausgezeichnet worden. Sein Bild zeigt Menschen in den Trümmern eines Wohnviertels der Stadt Al Atarib, die während des Fastenmonats Ramadan ein gemeinsames Iftar-Essen (Fastenbrechen) einnehmen. Das Viertel war während der Militäroperationen in der Provinz Aleppo völlig zerstört worden. Anas Alkharboutli hat das Foto am 7. Mai 2020 aufgenommen.
© Anas Alkharboutli, Bildrechte: dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH

© dpa, Bildrecht: dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH

Der dpa-Fotograf Anas Alkharboutli ist bei den neu aufgeflammten Kämpfen in Syrien getötet worden. Der 32 Jahre alte Fotojournalist kam bei seiner Arbeit nahe der syrischen Stadt Hama durch einen Luftangriff ums Leben, wie andere Reporter aus dem Kriegsgebiet als Augenzeugen bestätigten. In den vergangenen Tagen hatte Alkharboutli über den Vorstoss der Rebellenallianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) berichtet. 

(Keystone-SDA) Alkharboutli studierte Ingenieurwissenschaften an der Universität von Damaskus. 2015 begann er mit seiner Arbeit als Fotojournalist und kam 2017 zur dpa. Mit seinen Bild- und Videoaufnahmen aus dem syrischen Bürgerkrieg machte er sich schnell einen Namen. 

Seine Fotografie wurde international mehrfach gewürdigt. 2020 erhielt er die Young Reporter Trophy des renommierten französischen Prix Bayeux für Kriegsberichterstattung. Bei den Sony World Photography Awards gewann er 2021 die Kategorie Sports mit einer eindrucksvollen Bildserie über Kinder beim Karatetraining. 

dpa-Chefredakteur Sven Gösmann sagte: «Wir alle bei dpa stehen unter Schock und sind unendlich traurig über den Tod von Anas Alkharboutli. Sein journalistisches Vermächtnis ist uns Verpflichtung. Mit seinen Bildern hat er nicht nur die Gräuel des Krieges dokumentiert, er hat stets für die Wahrheit gearbeitet.»

(Text: Swissinfo)

in memoriamMiryam Abebe
In memoriam: Ibra Ibrahimovič...

© Ibra Ibrahimovič

Der tschechische Fotograf Ibra Ibrahimovič, bekannt für seine Arbeiten aus Nordböhmen, ist im Alter von 57 Jahren verstorben. Besondere Aufmerksamkeit erhielt seine Serie über die Gemeinde Libkovice, die in den 1990er Jahren aufgrund des Kohleabbaus dem Boden gleichgemacht wurde. Für seine Serie «Geschichte des Bauern Jan Rajter» wurde er vor 21 Jahren mit dem Hauptpreis des Czech Press Photo ausgezeichnet. Viele seiner Fotografien veröffentlichte er im Umweltmagazin «Sedmá generace».

© Ibra Ibrahimovič

Ibrahimovič stammte aus Most. Seine erste Fotoausstellung hatte er 1993 – eine Serie von Schwarzweissbildern über die Gemeinde Libkovice und den Kampf ihrer Bewohner für die Rettung des Dorfes. Seine Erinnerungen an die Ankunft im Dorf im Dezember 1992 sind auf seiner Website festgehalten: Die für einige Tage geplante Aktion verwandelte sich in zwei Jahre andauernde Bemühungen um die Rettung der Gemeinde. Diese sei seit 1990 wegen dem Kohleabbau systematisch liquidiert worden… Trotz Gerichtsstreitigkeiten und Verhandlungen mit dem Industrieministerium wurden im Oktober 1993 während eines Tages 29 Häuser an der Hauptstrasse abgerissen. Binnen eines Monats folgten weitere 25 Häuser, und bis 1994 verschwand fast die ganze Gemeinde. Die Serie über den verschwundenen Ort heisst «Libkovice, das Gewissen des Nordens».

Ibra Ibrahimovič|Foto: Tomáš Vodňanský, Tschechischer Rundfunk

Archive, in memoriamMiryam Abebe
Kunst der Stille…

The Painter © Vera Mercer

Vera Mercer, die in den 1960er Jahren zur Pariser Künstleravantgarde gehörte, wurde durch ihre Fotografien von Künstlern wie Jean Tinguely, Eva Aeppli, Marcel Duchamp, Niki de Saint-Phalle und Daniel Spoerri bekannt. Neben der Portraitfotografie entwickelte sie eine Faszination für Stillleben, inspiriert von alten Pariser Markthallen. Dieses Interesse an Früchten, Gemüse, Fleisch und Fisch in ihrer frischesten und unverarbeiteten Form prägt ihr künstlerisches Schaffen bis heute.

The Enormes © Vera Mercer

Vera Mercers Œuvre zeichnet sich durch opulente, neobarocke Farbstillleben aus, die klassische Vanitas-Motive neu interpretieren. Ihre Werke sind reich an Farben und Details, oft in mystisches Licht getaucht und kunstvoll arrangiert. Krebse, Fischleiber, Wild und Geflügel kombiniert sie mit Blumen, Kerzen und antiken Accessoires zu einem visuellen Fest, das Lebensfreude und Vergänglichkeit gleichermaßen zelebriert. Die Arbeiten bestechen durch ihre Sinnlichkeit und Ästhetik und schaffen eine einzigartige Atmosphäre, die den Betrachter in eine Welt voller Schönheit und Nachdenklichkeit entführt.

Paris 2023 © Vera Mercer

Ein besonderes Merkmal von Mercers Stillleben ist ihr Gespür für das Theatralische und die Textur. Sie schafft es, in ihren Werken eine Spannung zu erzeugen, die den Betrachter dazu einlädt, genauer hinzuschauen und die Details und Feinheiten jedes Stücks zu erkunden. Diese Werke sind reich an Symbolik und Komplexität, was sie zu mehr als nur ästhetisch ansprechenden Bildern macht; sie sind auch eine Erkundung von Themen wie Vergänglichkeit, Vergnügung und Melancholie.

Bass © Vera Mercer

Ein weiterer Aspekt, der Vera Mercers Arbeit besonders macht, ist ihr Hintergrund in verschiedenen Kulturen und Einflüssen. Nachdem sie in Europa aufgewachsen ist und dann in die USA gezogen ist, kombiniert Mercer in ihrer Kunst europäische und amerikanische Elemente und reflektiert so ihre eigene Lebenserfahrung.

Peaches and Apples © Vera Mercer

Vera Mercer wurde 1936 in Berlin geboren und machte sich in den 1960er Jahren in Paris einen Namen als Fotografin. Sie war tief in Künstlerkreisen verwurzelt und dokumentierte Werk und Leben bedeutender Künstler der Avantgarde. Seit Anfang der 2000er Jahre widmet sie sich wieder verstärkt dem Stillleben, für das sie international bekannt ist. Ihre Werke verbinden klassische Bildmotive mit einer zeitgenössischen Ästhetik, die unverwechselbar und eigenständig ist.

Rubarba leaf © Vera Mercer

Die Ausstellung Kunst der Stille: Porträts und Stillleben von Vera Mercer kann bis 28. Februar 2025 in der Leica Galerie in Salzburg besucht werden.

Matilde Now © Vera Mercer

Fotostiftung Schweiz: «Bildarchiv Online» - ein digitales Portal zur Schweizer Fotografiegeschichte

Ansicht Frontend Bildarchiv Online © Fotostiftung Schweiz

Die Fotostiftung Schweiz macht das fotografische Kulturerbe der Schweiz in neuer Form erlebbar: Mit dem «Bildarchiv Online» wird die Geschichte und Vielfalt der Schweizer Fotografie von ihren Anfängen bis zur Gegenwart digital zugänglich gemacht. Ab sofort können rund 37'700 digitalisierte Werke kostenlos entdeckt werden.

Prozesse, Digital Lab Fotostiftung Schweiz © Fotostiftung Schweiz

Die Plattform bietet eine umfassende Sammlung von Werken aus den Archiven der Fotostiftung Schweiz. Zu den vertretenen renommierten Schweizer Fotografi:innen zählen unter anderen Marianne Breslauer, Barbara Davatz, Robert Frank, Monique Jacot, Andri Pol oder Pia Zanetti. Die Bildbestände werden laufend um neu digitalisierte Werke und Archive ergänzt. Forschende, Medienschaffende, Historiker:innen sowie ein fotografiebegeistertes Publikum erhalten mit dem «Bildarchiv Online» ein vielseitiges Werkzeug – sei es für gezielte Recherchen oder für eine inspirierende Entdeckungsreise durch das Schweizer Fotoschaffen.

Henriette Grindat, 1946-1952, Lavaux, Schweiz © Fotostiftung Schweiz

Effiziente Recherche dank neuer Funktionen
Dank der erweiterten Such- und Filterfunktion können Bilder nach Kriterien wie Fotograf:innen, Orten, Themen, Zeiträumen oder fotografischen Techniken durchsucht werden. Die Warenkorb-Funktion bietet die Möglichkeit, Bilder für Publikationszwecke zu bestellen. Zudem stellt der integrierte Index der Fotograf:innen eine Auswahl von Autor:innen vor, die mit mindestens einem Werk in den Archiven und Sammlungen vertreten sind. Die Plattform ist an die neue Sammlungsdatenbank der Fotostiftung Schweiz angebunden, die seit Frühjahr 2024 im Einsatz ist.

Prozesse, Digital Lab Fotostiftung Schweiz © Fotostiftung Schweiz

Das Digital Lab der Fotostiftung Schweiz
Die Digitalisierung der Archiv- und Sammlungsbestände bildet die Grundlage für deren Sichtbarmachung im digitalen Raum, insbesondere für schwierig zugängliche Medien wie Negativ- und Diapositivfilmen. Mit der Anschaffung einer professionellen Repro-Anlage im Jahr 2017 und dem Aufbau des Know-Hows im hauseigenen Digital Lab wurde die Digitalisierung der Sammlungen intensiv vorangetrieben. Als Kompetenzstelle für die Digitalisierung fotografischer Kulturgüter steht die Fotostiftung in regelmässigem Austausch mit anderen Institutionen. In Zusammenarbeit mit Memoriav organisiert sie zudem Workshops zur Digitalisierung von fotografischen Dokumenten für Fachkräfte.

Marcel Bolomey, Rotes Kreuz, Paris, 1945 © Marcel Bolomet Estate / Gottfried Keller Foundation / Fotostiftung

SchweizArchive und Sammlungen der Fotostiftung Schweiz
Die Fotostiftung Schweiz engagiert sich seit über 50 Jahren für die Bewahrung, Erforschung und Vermittlung des fotografischen Erbes. Sie betreut eine der umfangreichsten und repräsentativsten Sammlung zur Schweizer Fotografie ab 1840 und rund 160 bedeutende Archive von Fotograf:innen wie Binia Bill, Marcel Bolomey, Balthasar Burkhard, Hans Danuser, Ernst A. Heiniger, Gertrud Dübi-Müller, Nicolas Faure, Gertrude Fehr, Gotthard Schuh, Henriette Grindat oder Jakob Tuggener.

Gotthard Schuh, Elefant, um 1930 © Fotostiftung Schweiz

Ein Beitrag zur Zukunft des Kulturerbes
Mit dem «Bildarchiv Online» leistet die Fotostiftung Schweiz einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Teilhabe am fotografischen Erbe der Schweiz. Die Plattform fördert Forschung, Bildung und Vermittlung und öffnet die reiche Bildersammlung für ein breites Publikum.

(Medieninformation Fotostiftung Schweiz)

ArchiveMiryam Abebe
Collection from the sea…

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Ein Spaziergang am Strand kann viel mehr sein als nur eine erholsame Auszeit: Die Natur wird zur Künstlerin und formt aus den Materialien, die das Meer anspült, beeindruckende Kunstwerke. Ohne menschliches Eingreifen entstehen kunstvolle Kompositionen aus Muscheln, Steinen, Treibholz und leider auch Abfall, der inzwischen ebenso ein Teil des Strandbildes geworden ist. 

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Die Elemente werden von der Natur auf eindrucksvolle Weise angeordnet: Treibholz lehnt sich schräg an einen Felsen, während Muschelschalen in vom Wasser geformte Vertiefungen gebettet sind. Die Farbenpracht der Algen, die sich auf den Steinen ablagern, und die filigranen Muster im Sand, die durch das sanfte Zurückweichen der Wellen entstehen, wirken wie zarte Pinselstriche in einem natürlichen Gemälde. 

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Inmitten dieser harmonischen Anordnungen begegnet man auch Abfällen: Plastikflaschen, verrostete Dosen und alte Fischernetze fügen sich ebenfalls in die Szenerie ein. Diese fremden Materialien bilden auf vielen Ebenen einen Kontrast zu den organischen Formen der Natur. Sie erinnern uns daran, dass die Natur nicht nur schön, sondern auch verletzlich ist. Sie zeigen, wie menschliche Hinterlassenschaften sich in der Landschaft ausbreiten und zugleich Teil der natürlichen Ästhetik werden – dabei aber auch eine Herausforderung für das Ökosystem darstellen. 

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Jeder Strandspaziergang bietet die Chance, auf kleine Kunstwerke zu stossen, die dazu einladen, innezuhalten und die Details zu betrachten. Diese Fundstücke verdeutlichen, dass die Natur auch ohne unser Zutun beeindruckende Werke schafft. Sie regen dazu an, die natürliche Umgebung mit einem achtsamen Blick zu erleben. So wird ein Besuch am Strand zur Entdeckungsreise, bei der sowohl die Schönheit der Natur als auch der Einfluss menschlichen Handelns auf die Umwelt unaufdringlich in Erscheinung treten. 

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Anne Gabriel-Jürgens studierte in Hamburg Fotografie, erhielt ihr Diplom an der HAW bei Prof. Ute Mahler und schloss ihr Masterstudium bei Prof. Arno Fischer in Berlin ab. Sie ist freischaffende Fotografien und arbeitet an Langzeitprojekten. Zentrale Themen ihrer Arbeit sind Definition von Geschlechter- und Familienrollen, sowie Umweltfragen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit, Identität und Gesellschaft. Sie hinterfragt gängige Gesellschaftsmodelle und beobachtet, wie sich die Umwelt unter den gegebenen Einflüssen entwickelt und verändert. Ihre Arbeiten wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert und mehrfach ausgezeichnet.

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Aus Collection from the sea © Anne Gabriel-Jürgens

Pionier der konkreten Fotografie - Rolf Schroeter ist 92jährig verstorben...

Rolf Schroeter vor seinen Fotogrammen am 22. Februar 2012 in einer Ausstellung im Haus Konstruktiv Zürich. Steffen Schmidt, Keystone © Pro Litteris

Rolf Schroeter war ein aussergewöhnlicher Künstler, der die Grenzen der konventionellen Fotografie stets zu überschreiten wusste. Sein kreatives Schaffen war geprägt von der Erforschung von Raum, Bewegung und Licht, oft sogar ohne den Einsatz eines traditionellen Fotoapparats. Inspiriert von Künstlern wie Laszlo Moholy-Nagy und Man Ray, setzte er für seine Kompositionen Gegenstände direkt auf lichtempfindliches Papier und schuf so beeindruckende Fotogramme in klaren Schwarz-Weiss-Kontrasten. Diese kameralosen Studien, oft geprägt von kreisförmigen und unregelmässigen Flächen, zeugten von einer strukturellen Ordnung und technischer Perfektion, die thematisch der experimentellen Fotografie zuzuordnen sind.

© Rolf Schroeter, ProLitteris

Geboren und aufgewachsen in der lebhaften Umgebung des Zürcher Neumarkts, trug Rolf Schroeter eine tiefe Verbundenheit zur Natur in sich. Er träumte davon, Förster zu werden und nannte sich selbst einen Baumfanatiker. Sein fotografisches Werk, das die Transformation von Natur in Kunst dokumentierte, spiegelte diese Leidenschaft wider. Trotz finanzieller Einschränkungen entschied er sich für eine Ausbildung als Dekorateur und fand seinen Weg zur Kunstfotografie über Umwege. Seine Ausbildung an der Kunstakademie in Ulm, unterstützt durch ein Stipendium der Pro Helvetia, führte ihn unter die Anleitung von Max Bill, einem herausragenden Vertreter der Zürcher Konkreten, dem er auch assistierte.

© Rolf Schroeter, ProLitteris

Schroeters künstlerischer Werdegang, der von der Werbefotografie zur Kunstfotografie reichte, wurde in seinen Arbeiten offensichtlich. Er kombinierte Fotografien oft mit visuellen Gedichten aus der konkreten Poesie und arbeitete mit Persönlichkeiten wie Eugen Gomringer an Buchprojekten. Seine Unabhängigkeit vom Kunstmarkt erlaubte ihm, kompromisslos seiner künstlerischen Vision zu folgen. Mit seiner bemerkenswerten Fotoinstallation "Aletheia – Wahrheit", die im Haus Konstruktiv in Zürich zu sehen war, reflektierte er über Natur und Geschichte und integrierte dabei Zitate von Denkern wie Heidegger, Benn und Celan.

© Rolf Schroeter, ProLitteris

Trotz seines grossen Potenzials bleibt Schroeter ein Geheimtipp in der Kunstwelt. Sein oft als eigenwillig beschriebener Stil hinderte ihn daran, den gängigen Kunstmarkt zu bedienen, wobei er stets betonte, dass er seine Kunst "nur für sich selbst" machte. Seine finanzielle Unabhängigkeit sicherte er sich durch seine Arbeit in der Werbefotografie, während er sich in seinen künstlerischen Projekten frei und furchtlos bewegen konnte, bis er im Alter von 92 Jahren verstarb. Rolf Schroeters Vermächtnis lebt weiter in seinen einzigartigen visuellen Erzählungen und der unbeirrbaren Leidenschaft, mit der er die Kunstwelt bereicherte.

13e Prix Focale…

Aus der Serie «Baume», 2024 © Loris Theurillat

«Baume» von Loris Theurillat wird mit dem 13e Prix Focale ausgezeichnet. Die Jury, unter der Leitung von Sarah Girard, Jurypräsidentin, Direktorin der Bieler Fototage, wählte die Arbeit aufgrund ihrer Genauigkeit und Qualität. Die Serie wirft einen intimen Blick auf den Verlust eines geliebten Menschen, wobei der fotografische Akt gleichzeitig zum Mittel und zur Flucht vor der bevorstehenden Trauer wird. Weitere Jurymitglieder waren Giorgia Del Don, Kulturjournalistin und Mitglied der Commission des affaires culturelles de la Ville de Nyon, Aurélien Garzarolli, Fotolithograph und Vorstandsmitglied von FOCALE, Myriam Kridi, Abteilungsleiterin Kultur von Nyon, Coline Plançon, Kulturmanagerin bei der Agentur MYOP, Radu Popescu, Vorstandsmitglied von FOCALE.

 

Aus der Serie «Baume», 2024 © Loris Theurillat

«An diesem Tag erzähltest du mir ein paar Erinnerungsfetzen, bevor dein Gedächtnis müde wurde und dann, ohne mich anzusehen, sagtest du: «Ich bin ein Wrack». In diesem Moment, als du noch zu Hause lebtest, wurde dir klar, dass du nicht in der Lage warst, dir selbst zu helfen, noch selbständig zu Hause zu leben, wurde dir die Wichtigkeit deiner Unabhängigkeit bewusst. Drei Monate später hast du dein Haus verlassen, dein Zimmer, deine Küche, deinen Garten, dein Dorf, um in ein Pflegeheim zu ziehen. Du bist in ein Pflegeheim vier Ortschaften weitergezogen. 

In den 1950er Jahren hattest du den Jura gewählt, um dich hier niederzulassen und eine Familie zu gründen. Mit seinen sanften Hügeln und Tannenwäldern kündigte die Schönheit dieser Landschaft ein friedliches und angenehmes Leben an. Es wurde jedoch von tiefem Leid überschattet. Dein Mann und zwei deiner Kinder starben von einem Tag auf den anderen. Dann wurdest du schwer krank. Du hattest ein Nahtoderlebnis. Dieses Erlebnis führte zu einer tiefen Einsamkeit. Als du die Entscheidung getroffen hast in die Residenz umzuziehen, war der Verlust deiner Selbständigkeit und deines Gedächtnisses ein Grund für die Isolation. Die Einsamkeit nahm eine neue Form an, obwohl sie dir bereits vertraut war. Du hattest bereits Menschen verloren – jetzt musstest du deine Privatsphäre mit einer Unbekannten teilen. Von deinem Schlafzimmerfenster aus sahst du fremde Personen, eine dir fremde Landschaft – alles hatte sich verändert.

Aus der Serie «Baume», 2024 © Loris Theurillat

Diese Tatsache gehörte zu den Dingen, vor denen du dich am meisten fürchtest. Es dauerte lange, bis du es begriffen hattest und akzeptierteste. Gleichzeitig trübten sich deine Erinnerungen. Es schien, als ob du dich nicht erinnern konntest, als ob du dies absichtlich tätest, als ob es Teil des Spiels war, um die Veränderung besser zu ertragen. Dieser Satz, den du zu mir sagtest, hat mich nie wieder losgelassen. Ich wurde mir der Sterblichkeit bewusst – deiner Sterblichkeit. Eines Tages würde ein Teil von dir verschwinden, während ich glaubte, dass du ewig leben würden. 

Ich erinnere mich an das letzte Telefonat der Krankenschwester an dem Morgen, als du gestorben bis. Sie beschrieb mir, wie die Agonie bereits deinen Körper ergriffen hatte. Sie hatte deine Finger und Zehen ergriffen, die sich schwarz verfärbten. Als wir ankamen, atmetest du nicht mehr. Du sahst friedlich und erlöst aus.

Aus der Serie «Baume», 2024 © Loris Theurillat

Als ich dich sah, konnte ich nicht anders, als einen Weg zu suchen, deine Geschichte ausserhalb der Realität erzählen zu können und dich auf meine Weise unvergesslich zu machen. Ich befürchtete, dass wir dich vergessen. Die Fotografie wurde meine Art, dich zu begleiten und zu bewahren. Später wurde mir klar, dass es eine Flucht war. Hinter der Kamera hielt ich die Trauer auf Distanz. Trauer war oft ein Thema in unseren Gesprächen. Ich erinnere mich an den Tag, den wir auf dem Dachboden verbrachten, um die Fotoalben zu öffnen. Du sagtest zu mir: «Danke, dass du mich nach Michel fragst, denn mir wurde immer wieder gesagt, dass ich nicht daran denken sollte, nicht darüber reden, ich solle vergessen». Ich habe bemerkt, dass die Verdrängung für dich keine Befreiung war, denn die Trauer verfolgte dich noch Jahrzehnte später.

Aus der Serie «Baume», 2024 © Loris Theurillat

Während ich durch die Bilder anschaue, habe ich das Gefühl, dass ich mich mit dir verbinde. Dieser Gedanke löst viele Gefühle aus. Emotionen, die sich in einem tiefen Wohlbefinden vereinen. Der Geruch von Bricelets und wenn ich den Knopf deines Radios drücke, denke ich an dich. Die Melodie deines Lachens – ich erinnere mich an dein Lachen beim Kartenspiel oder Toc. 

Welche Beziehung haben wir zum Gedächtnis, zum Vergessen, zum Tod und zur Trauer? Deine Geschichte, deine Erinnerungen und unsere Gespräche haben es ermöglicht, darüber nachzudenken und vor allem, es zu erfahren. Eine Realität, die oft verdrängt wird. Diese fotografische Arbeit verlängert deine Spuren und macht sie schön. Ich habe gelernt, dass dein letzter Atemzug nicht wirklich ein letzter Atemzug war. Der Tod war erhaben».

Aus der Serie «Baume», 2024 © Loris Theurillat

Loris Theurillat ist am 22. Oktober 1998 in Etoy geboren. Er, ist Kameramann und Fotograf. 2020 schloss er ein EFZ in Fotografie am CEPV ab und 2022 erlange er an der ECAL einen Bachelor in Film, Spezialisierung Bild. Er hat an verschiedenen Musikvideos und Kurzfilmen gearbeitet. die auf internationalen Festivals gezeigt wurden, wie z.B. «La merveilleuse douleur du genêt» von Olivia Calcaterra (Vision du Réel 2023), oder «Portrait de Nicolas Rabaeus» von Rokhaya Marieme Balde (Schweizer Filmpreis 2023). Als Fotograf hat er sich auf Architektur und Porträts spezialisiert. Seit 2024 ist er Mitglied des Vereins Strates.

Documentary, ReportageMiryam Abebe
14e Prix Carmignac du photojournalisme…

Jalalabad, Nangarhar, Afghanistan, 12. Februar 2024. Eine Familie, die vor kurzem aus Pakistan ausgewiesen wurde, hat sich vorübergehend in einem Vorort von Jalalabad, im Osten Afghanistans, niedergelassen. Hunderttausende Afghanen waren gezwungen, Pakistan aufgrund der anhaltenden Repressionen gegen illegale Ausländer zu verlassen, einige von ihnen, nachdem sie Jahrzehnte in Pakistan gelebt hatten. Frauen und Mädchen sind am stärksten von den Folgen der Zwangsumsiedlung betroffen, z.B. mit hohen Raten von Kinderehen. © Kiana Hayeri pour Fondation Carmignac

Der 14. Prix Carmignac du photojournalisme ist der Situation von Frauen und Mädchen in Afghanistan seit der Rückkehr der Taliban an die Macht im August 2021 gewidmet und wird der kanadisch-iranischen Fotojournalistin Kiana Hayeri und der französischen Wissenschaftlerin Mélissa Cornet verliehen.

Die Reportage von Kiana Hayeri und Mélissa Cornet konnte mit der Unterstützung der Fondation Carmignac während sechs Monaten realisiert werden. In den letzten Monaten reisten Kiana und Mélissa durch sieben Provinzen Afghanistans, um die Lebensbedingungen zu untersuchen, die die Taliban Frauen und Mädchen auferlegt haben und die nach den Recherchen von Amnesty International ein mögliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit der geschlechtsspezifischen Verfolgung darstellen könnten. Sie trafen über 100 afghanische Frauen, die nicht zur Schule gehen durften und zu Hause eingesperrt wurden, Journalistinnen und Aktivistinnen, die hartnäckig für ihre Rechte kämpfen, Mütter, die entsetzt sind, dass sich die Geschichte ihrer Töchter wiederholt, und Mitglieder der LSBTIQ+ Gemeinschaft. Sie dokumentierten, wie die Taliban im Rahmen einer zutiefst patriarchalischen Gesellschaft Frauen systematisch aus dem öffentlichen Leben entfernten, indem sie ihnen ihre grundlegendsten Rechte vorenthielten: den Besuch von Schulen und Universitäten, Arbeit, Kleidung nach Wunsch, den Besuch von öffentlichen Bädern und Parks und sogar Schönheitssalons.

 Die auffälligste Veränderung, die Kiana und Mélissa seit August 2021 beobachtet haben, ist der allgemeine Verlust der Hoffnung unter den Frauen, dass sich ihre Situation verbessern könnte: Ihre Träume von Bildung und Integration in die Gesellschaft sind vor ihren Augen zerplatzt, sie sind die ersten Opfer der Wirtschafts- und Nahrungsmittelkrisen und des Zusammenbruchs des Gesundheitssystems geworden. Eine Aktivistin, die in Afghanistan keine Zukunft mehr sah und das Land verliess, sagte: «Wir haben alle Freude vergessen, wir wissen nicht, wo wir sie finden sollen. Ich habe meine ganze Motivation verloren, ich weine allein und heimlich. Es ist, als hätte man mich in einem Raum eingesperrt, den ich nicht verlassen darf. Ich finde nicht einmal mehr Geschmack am Essen».

Um diese äusserst heikle Situation zu dokumentieren, nutzten Kiana und Mélissa verschiedene Medien, wie Fotos, Zeichnungen, Videos und Kunstwerke, die in Zusammenarbeit mit afghanischen Teenagern entstanden sind.

Kabul, Kabul, Afghanistan, 29. Februar 2024. Weibliche Journalisten arbeiten im Büro eines auf Frauen ausgerichteten Mediums. Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 wurde die afghanische Medienlandschaft drastisch dezimiert.

Laut Reporter ohne Grenzen verschwanden innerhalb von drei Monaten nach der Machtübernahme der Taliban 43% der afghanischen Medien. Seitdem haben mehr als zwei Drittel der 12'000 Journalisten, die 2021 im Land waren, den Beruf aufgegeben.

Für Journalistinnen ist die Situation noch viel schlimmer: gezwungen, ihr Gesicht zu bedecken, mit einer männlichen Begleitperson zu reisen, keine Interviews mit Regierungsbeamten zu führen, Belästigungen und Drohungen ausgesetzt, haben laut Amnesty International zwischen August 2021 und August 2023 mehr als 80% von ihnen ihre Arbeit aufgegeben.

Ohne weibliche Reporterinnen wird es immer schwieriger, über die Situation der afghanischen Frauen in einer Gesellschaft zu berichten, in der Männer nur selten Interviews mit ihnen führen dürfen. Themen, die Frauenrechte betreffen, sind besonders heikel und der Druck auf die Medien und Journalisten hat die Selbstzensur zur neuen Norm für die Berichterstattung werden lassen. © Kiana Hayeri pour Fondation Carmignac

Kiana Hayeri wurde 1988 in Teheran geboren und zog als Teenager nach Toronto. Um sich an die Herausforderungen der neuen Umgebung anzupassen, wählte sie die Fotografie als Mittel, um die sprachliche und kulturelle Kluft zu überbrücken. Im Jahr 2014, einen Monat vor dem Abzug der NATO-Streitkräfte, zog sie nach Kabul und blieb 8 Jahre dort. Ihre Arbeit befasst sich mit komplexen Themen, Migration, Adoleszenz, Identität und Sexualität in Konfliktgesellschaften. 2020 erhielt Kiana den Tim Hetherington Visionary Award für ihr Projekt über die Gefahren des Amateurjournalismus «hit & run». Im selben Jahr wurde sie mit dem James Foley Preise für Konfliktberichterstattung ausgezeichnet. 2021 erhielt sie die renommierte Robert Capa Goldmedaille für ihre Serie «Where Prison is a Kind of Freedom», die das Leben afghanischer Frauen in den Gefängnissen von Herat, Afghanistan, dokumentiert. 2022 gehörte Kiana zum Journalistenteam der New York Times, deren Reportage «The Collapse of Afghanistan» mit dem Hal Boyle Award ausgezeichnet wurde und für den Pulitzer-Preis für internationale Berichterstattung ausgewählt wurde. Im selben Jahr gewann sie den Leica Oscar-Barnack-Preis für ihre Reportage «Promises Written On the Ice, Left In the Sun», die einen Einblick in die Privatsphäre von Afghanen aus allen Teilen der Welt zeigt. 2024 veröffentlichte sie «When Cages Fly», das für das Joop Swart Masterclass Programm ausgewählt wurde. Kiana Hayeri ist TED Fellow, National Geographic Explorer und regelmässige Mitarbeiterin der New York Times und National Geographic. Zurzeit lebt sie in Sarajevo, wo sie ihre Reportagen über den Balkan, Afghanistan und andere Regionen produziert.

Kabul, Kabul, Afghanistan, 17. Februar 2024. Eine private Schule im Westen von Kabul, in der Mädchen den amerikanischen Lehrplan in englischer Sprache absolvieren, aber kein offizielles afghanisches Bildungszertifikat erhalten oder die Universität in Afghanistan besuchen können, die für Frauen geschlossen ist. Dies ist ein seltener Fall, in dem es der Schule gelang, die lokale Genehmigung der Taliban zu erhalten, um ihre Aktivitäten mit weiblichen Teenagern zu unterbinden. 700 Schülerinnen lernen jeden Tag unter strengen Sicherheitsvorkehrungen an diesem Institut, während zwei bewaffnete Sicherheitskräfte aus der Gemeinde die Tür bewachen und die Mädchen einzeln ein- und ausgehen und ihre Rucksäcke am Eingang zurücklassen. Trotz der Angriffe von Selbstmordattentätern vor der Machtübernahme ist das Institut immer noch voll von Mädchen, deren Traum es nun ist, das Land zu verlassen und im Ausland zu studieren.

Trotz der Versprechungen der Taliban wurden die Mädchengymnasien nach dem Sturz nie wieder geöffnet. Bis heute dürfen Mädchen nur bis zur 6. Klasse zur Schule gehen und sind vom Besuch von Gymnasien und Universitäten ausgeschlossen. Untergrundschulen, die in Häusern, Moscheen oder alternativen Räumen untergebracht sind, bilden jedoch weiterhin Mädchen aus und gehen dabei ein hohes Risiko ein. © Kiana Hayeri pour Fondation Carmignac

Mélissa Cornet ist Wissenschaftlerin im Bereich Frauenrechte, lebt und arbeitet seit Januar 2018 in Afghanistan. Vor dem Fall von Kabul recherchierte sie u.a. über die wirtschaftliche Emanzipation von Frauen, ihre Beteiligung an Wahlen und dem Friedensprozess und die Gewalt gegen sie. Ab August 2021 reiste in weitere Provinzen, wo sie einzigartige Perspektiven aus dem Landesinneren auf die anhaltende Verschlechterung der Rechte von Frauen und Mädchen bot. Seitdem hat sie Artikel über die Auswirkungen der Nahrungsmittelkrise auf Frauen und Mädchen, ihre mögliche Integration in humanitäre Hilfsprogramme, die psychische Gesundheit von humanitären Helferinnen und Programme zur wirtschaftlichen Stärkung von Frauen in einem Land, in dem es ihnen nicht mehr erlaubt ist, zu studieren oder sich ohne männliche Begleitperson zu bewegen, veröffentlicht. Sie ist anerkannte Expertin für Frauenrechte in Afghanistan und wurde von zahlreichen französischen Zeitungen und internationalen Medien interviewt, darunter The Guardian, BBC, Voice of America, The Times und PBS (Frontline). Sie ist auf ABC News, MSNBC, France 24, BFM TV oder Arte zu sehen, Gastdozentin im britischen Unterhaus und am USIP (United States Institute for Peace) und hat einen Master in internationalen Beziehungen und internationalem Menschenrecht.

Distrikt Yamit, Badakhshan, Afghanistan, 10. Mai 2024. Kheshroos Tochter und ihre Cousine, beide Schülerinnen der 11. Klasse, begingen ein Jahr zuvor Selbstmord, indem sie sich ins Wasser stürzten, nachdem sie von der Schule verwiesen worden waren. Die Familie spielt in Pfützen zwischen Yak-, Pferde- und Ziegenherden vor den Bergen von Wakhan, einer Region, die bis 2021 nie von den Taliban kontrolliert wurde. © Kiana Hayeri pour Fondation Carmignac

Prix Carmignac du photojournalisme: aufgrund der Medienkrise und des Fotojournalismus rief Edouard Carmignac 2009 den Prix Carmignac du photojournalisme ins Leben, um Fotografinnen und Fotografen vor Ort zu unterstützen. Der Preis unterstützt jedes Jahr die Produktion einer investigativen fotografischen und journalistischen Reportage über Menschenrechtsverletzungen in der Welt und die damit verbundenen geostrategischen Herausforderungen. Der Prix Carmignac investiert finanzielle und personelle Mittel in die Produktion der Reportagen und ihrer Verbreitung durch eine Wanderausstellung und eine spezielle Website, um die Krisen und Herausforderungen der heutigen Welt ins Licht zu rücken.

Kabul, Kabul, Afghanistan, 3. Februar 2024. Mädchen spielen im Schnee im westlichen Teil von Kabul hinter einem Gebäude, abseits der Hauptstraße. Seit der Machtübernahme wurden die Rechte von Frauen und Mädchen, sich ohne männliche Begleitung zu bewegen oder in Parks zu gehen, eingeschränkt und es gibt nur noch wenige Möglichkeiten, Freude in ihrem täglichen Leben zu finden. Ein Schneesturm in einem ruhigen Viertel in den westlichen Vororten von Kabul bot eine solche Gelegenheit für eine Stunde gemeinsamen Spiels. Aber auch dann wird die Umgebung immer noch nach Anzeichen einer Taliban-Patrouille abgesucht. © Kiana Hayeri pour Fondation Carmignac

Die Fondation Carmignac wurde 2000 von Edouard Carmignac, einem Unternehmer und Vorsitzenden von Carmignac Gestion, gegründet. Heute hat sie drei Schwerpunkte: die Collection Carmignac, die mehr als 300 Werke zeitgenössischer Kunst umfasst, den Prix Carmignac du photojournalisme und die Villa Carmignac, die die Öffentlichkeit auf der Insel Porquerolles empfängt und Ausstellungen sowie ein künstlerisches Programm an einem Ort der Kunst mit 2000m² Ausstellungsfläche und 15 Hektar Garten inmitten eines geschützten Gebietes bietet.

Limen, soglia di passaggio…

Aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Mario Cresci, einer der bedeutendsten italienischen zeitgenössischen Fotografen, hat während seines einwöchigen Aufenthalts in Ragusa ein künstlerisches Projekt realisiert – eine Interaktion mit dem iberischen Territorium und mit Drucken und Kartografien Siziliens aus der Collezione Zipelli della Fondazione Cesare e Doris Zipelli della Banca Agricola Popolare di Ragusa. Als Zeugnis der geopolitischen Bedeutung der Insel im Laufe der Jahrhunderte, sowohl als Ausdruck der Aufmerksamkeit ausländischer Reisender als auch der Arbeit europäischer Kartographen und Illustratoren der damaligen Zeit, bestätigt die Sammlung der Karten von Sizilien die Einzigartigkeit der Insel im Hinblick auf die historischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Ereignisse, die sie in den verschiedenen historischen Epochen beeinflusst haben.

Aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Mario Cresci (Chiavari 1942) ist Fotograf, visueller Designer und Dozent an der ISIA Universität von Urbino. Seit den 1960er Jahren ist er Autor eklektischer Werke, die sich durch eine Freiheit der Forschung auszeichnen, die Zeichnung, Fotografie, Video und Installationen miteinander verbindet. Als einer der ersten seiner Generation in Italien wendet er die Designkunst an und kombiniert sie mit dem Experimentieren mit visuellen Sprachen. 2004 wurde die anthologische Ausstellung „Le case della fotografia“ im GAM in Turin gezeigt. 2023 präsentiert er eine Neuinterpretation seines Werks durch spezifische Schwerpunkte, die in zwei großen Ausstellungen gezeigt wurden: „L'esorcismo del tempo, 1960-1980“ im MAXXI in Rom und „Colorland, 1975-1983“ im Monastero di Astino für die Fondazione MIA in Bergamo. 2019 veröffentlichte er mit „Segni migranti. Storia di grafica e fotografia“, eine wichtige Publikation über seine Forschung. Er lebt und arbeitet in Bergamo.

Aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Die Mario Cresci Archive Association wurde im Mai 2023 auf Initiative von Mario Cresci und seinen Mitarbeitern gegründet, um die Werke des Künstlers zu fördern und aufzuwerten und seine Urheberschaft durch Forschung, Archivierung, Authentifizierung, Dokumentation und Ausstellungsaktivitäten zu schützen.

Aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Collezione Zipelli della Fondazione Cesare e Doris Zipelli della Banca Agricola Popolare di Ragusa: Die Stiftung verfolgt das Ziel, die von Cesare Zipelli hinterlassene Sammlung zu erhalten und aufzuwerten und sie der Öffentlichkeit, Universitäten und kulturellen Einrichtungen zugänglich zu machen. Sie plant den Erwerb weiterer Kulturgüter und die Förderung kreativer sowie wissenschaftlicher Aktivitäten, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Kunst und soziale Studien, mit Fokus auf Sizilien und die Provinz Ragusa. Zusätzlich fördert sie Studien und Forschungen, vergibt Stipendien und Preise, veröffentlicht Werke und organisiert kulturelle Veranstaltungen. Die Stiftung strebt Kooperationen mit öffentlichen und privaten Einrichtungen an, um ihre Ziele zu erreichen.

Aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Das Ragusa Foto Festival ist ein jährliches Fotografie-Event in Ragusa, Sizilien. Es umfasst Ausstellungen, Workshops, Vorträge und Begegnungen mit renommierten Fotografen und aufstrebenden Talenten. Das Festival möchte die Fotokultur fördern und bietet eine Plattform für den Austausch von Ideen und Inspirationen im Bereich der visuellen Kunst.

Collage aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Die Ausstellung "Limen, soglia di passaggio" von Mario Cresci kann bis 30. September 2024 im Palazzo Garofalo in Ragusa Ibla besucht werden.

Collage aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Collage aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Collage aus Limen, soglia di passaggio © Mario Cresci

Zarte Wunderwerke der Natur…

Bougainvillea, aus der Serie Floral diagram © Smitha Nirmalkumar

Blüten - zarte Wunderwerke der Natur, entfalten sich im magischen Ballett der Flora und Fauna, erfüllt von Farbenfreude und lieblichem Duft. Sie sind Juwelen der Erde, die im Stillen und mit unendlicher Geduld der Sonne entgegensprühen und das Herz der Natur erblühen lassen.

 

Darkfield Illumination © Smitha Nirmalkumar

Am Anfang stehen die Kelchblätter, wie kleine Wächter, die die Knospe in ihre schützenden Arme nehmen. Sie umhüllen und beschützen das geheimnisvolle Innere der Blüte. Die Kronblätter entfalten sich, wie Roben einer Ballerina, in prächtigen Farben – von feurigem Rot bis zu himmlischem Blau, jedes für sich ein Meisterwerk der Schöpfung. Sie sind wie Tänzerinnen auf der Bühne des Gartens, die mit ihren zarten Bewegungen und ihrer farbenprächtigen Schönheit unwiderstehlich den Blick auf sich ziehen. Ihre Nuancen sprechen eine Sprache, die nur Bienen, Schmetterlinge und Kolibris des Himmels verstehen, während sie sich im Licht der Sonne wiegen. Wassertropfen perlen auf ihrer Oberfläche ab und funkeln wie Diamanten im Licht.

Grace © Smitha Nirmalkumar

Smitha Nirmalkumar kennt die Fragilität der Blüten und dekonstruiert sie, legt sie auf dunkle Kieselsteine, um die Farbenpracht zu unterstreichen oder drapiert sie auf eine Betonmauer, stellt sie vor Wände, um ihre Schlichtheit und Zerbrechlichkeit zu präsentieren. In ihrer Kunst wird die Zartheit der Blüten hervorgehoben, als zerbrechliche Gemälde des Lebens, die zwischen den harten Realitäten der Welt ihre wunderbare Verletzlichkeit zeigen.

After dusk, before dawn © Smitha Nirmalkumar

Mensch und Natur lauschen gleichermassen dem Ruf der Blüten. Sie stehen in Gärten und Wiesen, träumerisch und still, ihre zarten Köpfe dem Himmel entgegengestreckt. Sie feiern das ewige Fest des Lebens, eine nie endende Ode an die Schönheit und Kontinuität der Schöpfung.

It's beginning to look a lot like… © Smitha Nirmalkumar

Nach einem Bachelor of Science in Agriculture am College of Horticulture der Kerala Agricultural University in Kerala und einen Master-Lehrgang in Plant and Environmental Sciences am Department of Entomology, Soil and Plant Sciences und arbeitete Smitha Nirmalkumar gleichzeitig als Forschungsassistentin an der Clemson University, obwohl sie schon immer eine Leidenschaft für Kunst hatte. Während ihrer Tätigkeit in den Bereichen Umweltpolitik, Erhaltung der Biodiversität und Raumplanung, sowie in der Forschung zu alternativen Lebensgrundlagen, Naturschutz und den Auswirkungen von Pestiziden, sammelte sie bedeutende Erfahrungen.

Wallflower © Smitha Nirmalkumar

2011 hat sie ihre Passion zum Beruf gemacht und arbeitet als Fotografin, Künstlerin, Raumdesignerin und Landschaftsgestalterin. Als Creative Director und Inhaberin von Smitha Nirmalkumar Photography zeichnet sie sich durch ihr künstlerisches Gespür und ihre Expertise aus.

Rain-fall © Smitha Nirmalkumar

Fired up skies © Smitha Nirmalkumar

Arthropodological webserver © Smitha Nirmalkumar

Monique Jacot...

Sans titre, 1995 © Monique Jacot / Fotostiftung Schweiz

Monique Jacot, eine aussergewöhnliche Künstlerin, hat uns Anfang August verlassen. Ihre Fähigkeit, das Leben in seinen vielfältigen Facetten einzufangen, bleibt unvergessen. Doch ihr Vermächtnis lebt in ihren Bildern weiter.

Geboren 1934 in Neuenburg entdeckte Jacot früh ihre Leidenschaft für die Fotografie. Ihr Werk umfasst eine beeindruckende Vielfalt an Themen: von gesellschaftlichen Fragestellungen über intime Porträts bis hin zu beeindruckenden Landschaftsaufnahmen. Ihre Fähigkeit, die Essenz des Moments festzuhalten, machte sie einzigartig.

Maude liardon, danseuse, Prangins, 1990 © Monique Jacot / Fotostiftung Schweiz

Jacots Fotografien sind mehr als blosse Bilder; sie erzählen Geschichten und berühren Emotionen. Sie arbeitete für renommierte Magazine wie "Vogue", "Elle" und "Die Zeit", doch auch jenseits des Mainstreams brachte sie ihre einzigartige Perspektive zum Ausdruck. Ihr soziales Engagement zeugte von ihrem einfühlsamen Blick auf Ungerechtigkeiten und die oft übersehenen Facetten des menschlichen Lebens.

Monique Jacot, Sans titre, série Fleurs, 1996, Transfert Polaroid sur papier Fabriano. Cabinet cantonal des estampes Collection de la Ville de Vevey Musée Jenisch Vevey © Monique Jacot / Fotostiftung Schweiz ; Photo © Julien Gremaud

Ihr Engagement für soziale Themen manifestierte sich auch in ihrer Dokumentation des Frauenstreiks von 1991 in der Schweiz, einem bedeutsamen Ereignis in der Geschichte der Frauenrechte. Jacot hielt diese kraftvolle Bewegung in beeindruckenden Bildern fest, die die Stärke und Entschlossenheit der streikenden Frauen einfingen und damit einen bleibenden Beitrag zur feministischen Geschichte leisteten.

Serpents, 2012, photogramme © Monique Jacot / Fotostiftung Schweiz

In einer Ära, in der Frauen in der Fotografie selten die Kameras in die Hand nahmen, war Jacot eine inspirierende Pionierin. 2020 wurde sie mit dem Schweizer Grand Prix Design des Bundesamtes für Kultur ausgezeichnet, eine Ehrung, die unterstrich, wie sehr ihr Werk die kulturelle Landschaft prägte.

Peney-le-Jorat, 1988, aus der Serie: Femmes de la terre / Frauen auf dem Land © Monique Jacot / Fotostiftung Schweiz

Ein bedeutendes Vermächtnis hinterliess sie mit der Schenkung ihres umfangreichen Archivs an die Fotostiftung Schweiz. Diese Sammlung bietet zukünftigen Generationen die Möglichkeit, von ihren eindrucksvollen Arbeiten und ihrer aussergewöhnlichen Sichtweise auf die Welt zu lernen. Seit 2010 betreut die Fotostiftung Schweiz in Winterthur das fotografische Archiv von Monique Jacot.

Atelier de Gérard de Palézieux, 1978, photographie analogiques noir et blanc, Kunstsammlung Stadt Biel, © Monique Jacot / Fotostiftung Schweiz

Wir haben eine bemerkenswerte Fotografin verloren, doch ihr Licht wird weiterhin den Weg erhellen für jene, die bereit sind hinzusehen und zu fühlen. Ihr Werk bleibt ein lebendiges Zeugnis ihrer tiefen Menschlichkeit und ihres aussergewöhnlichen Lebens.

Hanalei, Ile de Kauai, 1991, Kunstsammlung Stadt Biel, © Monique Jacot / Fotostiftung Schweiz

Bis 14. September 2024 kann die Ausstellung La figura e i suoi doppi von Monique Jacot im Palazzetto Bru Zane in Venedig besucht werden.

Archive, ArtMiryam Abebe