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Ausstellung | Distance Black - Jonas Burkhalter | König Büro | Zürich


  • König Büro Birmensdorferstrasse 299 8055 Zürich Schweiz (Karte)

König Büro | Zürich
10. April - 8. Mai 2021

Distance Black
Jonas Burkhalter


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Zuerst würden wir ja vermuten, dass Jonas Burkhalter in New York eine Erfindung von Paul Auster ist; ein Schweizer Künstler, der seine Runden durch eine gläserne, pandemische Stadt zieht. Menschenleer zuerst, um sich dann mit vereinzelten Gestalten zu bevölkern, einem Falken zum Beispiel, oder zwei Verrückten, die sich als Pandas verkleidet winkend durch Chinatown bewegen, während der psychotische, orangefarbene Präsident des Landes den anti-asiatischen Rassismus befeuert, um vom eigenen Versagen abzulenken. Siri Hustvedt würde dann über diesen fiktionalen Künstler ihres Mannes schreiben: «Das Machen von Kunst erfordert einen Drang, etwas zu tun, eine verkörperte Intentionalität. Aber Kunst ist nicht möglich ohne intersubjektive menschliche Erfahrung, weil Kunst immer ein an einen anderen gerichtetes Geschenk ist, nicht an einen spezifischen anderen, aber an eine verallgemeinerte Person, die zum Lesen, Hören, Sehen aufgefordert wird. (...) Deshalb impliziert jede visuelle Kunst einen Betrachter, selbst wenn dieser ein Teil des Selbst ist, das betrachtende Selbst.»

Nachdem sie derart den fiktiven Künstler beschrieben hätte (und damit auch erklärt hätte, warum dieser die pandemische Stadt durchstreift) würde sie sich seiner erfundenen Kunst zuwenden: «Es ist mir nach Tanzen zumute. Dieser Anblick mit seinen Farben und der nun angehaltenen Bewegung überträgt sich auf meine Glieder, als ob ich mir einen Rock-and-Roll Song anhören würde. Aber selbst dort, wo es keine Spur der Hand des Künstlers, des Pinsels oder von Bewegung gibt, ist Intentionalität vorhanden, wenn auch in einer kognitiveren Form, in einem umgedrehten Urinal oder einem einfachen Stuhl. Es ist diese Qualität, die ein Es in eine Art Du verwandelt.»

Nachdem sich nun also auch das mit den Stühlen erklärt hätte, versteht der Betrachtende beim Eintauchen in die Ausstellung plötzlich, dass sich hier kein Alter Ego des Künstlers in eine amerikanische Stadt einschreibt, sondern dass Jonas Burkhalter von schlafenden Walen kollektiv geträumt wird. Ihre präzise Echologisierung lokalisiert den rastlos suchenden, wandernden Künstler an der Schnittstelle fotografischer Theorien des ausgehenden 20. zum 21. Jahrhundert.

Während von Walter Benjamin über Susan Sonntag bis zu Roland Barthes die Idee hochgehalten wurde, dass das vermeintlich Zufällige, das Unerwartete oder sentimental Bedeutende das helle Zimmer punktuell verdunkeln und somit interessant machen würde, so schreibt Roberta Smith in der New York Times zur gleichen Zeit in der die Pottwale Burkhalter imaginieren, dass die interessante zeitgenössische Fotografie keineswegs in einem hellen Zimmer, sondern wie ein prä-raphaelitisches Gemälde vor einem dunklen Hintergrund illuminieren würde. Dass weniger das vermeintlich Zufällige als vielmehr das liebevoll Komponierte und Erwartete dem fotografischen Bild jene Tiefe verleihen würde, das ihm in Zeiten des massenhaften Todes zusteht.

Wie wir alle wissen, bildet eine Gruppe von Walen eine Schule, so dass wir nun vermuten können, dass sie – zumindest temporär – Recht behalten werden und Jonas Burkhalter aus dem Bereich der surrealen Imagination, den Welten jenseits der Erde, dem entferntesten Schwarz in jene unsere Realität zurück holen, die diese Form der Intentionalität dringend brauchen kann.

(Text: Damian Christinger, April 2021)