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Ausstellung | Passages - Lukas Hoffmann | annex14 - Raum für aktuelle Kunst | Zürich


  • annex14 - Raum für aktuelle Kunst Limmatstrasse 270 8005 Zürich Schweiz (Karte)

annex14 - Raum für aktuelle Kunst | Zürich
10. April - 22. Mai 2021

Passages
Lukas Hoffmann


Lukas Hoffmann, Strassenbild XI, 2018-2020 | Gelatin Silver Print | Courtesy annex14 and the artist

Lukas Hoffmann, Strassenbild XI, 2018-2020 | Gelatin Silver Print | Courtesy annex14 and the artist


L-Steine (2020) zeigt eine Mauer aus insgesamt 50 aneinander gefügten Betonelementen, die Hoffmann in 24 einzelne Bilder zergliederte. Anhand der umgebenden Landschaft sowie der Abnutzung des Mauerwerks lässt sich die ehemals abgrenzende Funktion der Elemente ablesen. Die linienhaften und formgebenden Spuren sowie die von Hoffmann gewählte Bildaufteilung, ergeben eine rhythmische Bewegung. Wobei gleichzeitig die Dimensionen, der starke Kontrast, aber auch die Anonymität und Unbestimmtheit des Ortes es sind, die der Arbeit – trotz der reichhaltigen Bewegung im Bild – eine monumentale und fast beklemmende Wirkungsweise verleihen. Nicht nur in der starken Konzentration auf Fläche, Linie und Struktur, sondern auch in den meist komplexen Bildkompositionen, zeigt sich der formale Bezug zur Malerei in Hoffmanns Arbeiten. Diese reflektieren und erweitern die Fotografie als Medium, da er das Spannungsfeld zwischen abbildender Fotografie und abstrakter Malerei immer wieder aufs Neue auslotet.

Auf seinen Streifzügen durch urbane Randgebiete, Brachen und wenig beachtete Landschaften findet Hoffmann das Unspektakuläre; was übersehen, zurückgelassen, verwahrlost oder vergessen ist, rückt er ins Licht. Seine Fotografien wirken wie sachliche Studien und zeigen Zwischenräume bzw. Orte und Motive unbestimmter Identität wie Häuserecken und -fassaden, Hinterhöfe, Brachen Unterführungen, Baustellen, Fassaden, Hecken, Zäune, Mauern und anderes. Das Unbestimmte wird zur Form, indem Linien und Strukturen in den Vordergrund rücken und der graphische Aufbau der Bilder eine räumliche Situation markiert, die zugleich durch die kompositorische Stärke wieder aufgehoben wird. So öffnen seine Fotografien nicht nur erzählerische Räume und bleiben trotzdem unfassbar, sondern sie produzieren auch eine Verunsicherung im Sehen, da der Referent der Abbildung zurück und das Bild als Bild hervor tritt. 

Das Ensemble Strassenbilder (2018-2019) stellt in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit in Hoffmanns Schaffen dar. So lenken die Fotografien die Aufmerksamkeit auf flüchtige Momente und präzise Details porträtierter Menschen und erlauben einen unbemerkten und fast intimen Blick. Es sind die Texturen eines Hemdes oder wehende Haare im Wind, die zwar im alltäglichen Leben wahrgenommen werden, jedoch nur im Verschwinden des Moments. Trotz der Spontaneität der Aufnahme mitten aus dem dynamischen Geschehen heraus, manifestiert sich auch in diesen Arbeiten das Unscheinbare und Momentane; eine Geste, ein Muster oder Körperteil, denen Hoffmann eine unmittelbare Präsenz und sinnliche Qualität verleiht. In dieser Arbeit bricht Hoffmann, durch die unübliche Anwendung der Grossbildkamera ohne Stativ aus der freien Hand heraus, die Schärfe fest auf 80 cm eingestellt, mit den Traditionen der amerikanischen Street Photography, die zu Beginn der 1930er Jahre ihren Anfang genommen hat, und bei welcher in der Regel kleine Kameras aus einer grösseren Distanz eingesetzt werden.

Seit Beginn arbeitet Hoffmann mit analoger Fotografie sowie den damit verbundenen Prozessen der Bildentwicklung. Nicht nur Zeit und Material, sondern auch Reduktion und Präzision sind hier von besonderer Bedeutung. Dies sind Qualitäten, die sich auch in den formalen und inhaltlichen Aspekten der Fotografien von Hoffmann widerspiegeln. So behandelt er seine Motive mit derartiger Präzision, dass Blickwinkel, Belichtung, Komposition und Bildausschnitt seinen Fotografien eine besondere ästhetische Gegenwärtigkeit verleihen. 

(Text: Laura Felicitas Sabel)