Fabien & Claude Walter Galerie | Zürich
6. Juni - 13. Juli 2019
Konkrete Fotografie
Roger Humbert
Die konkrete Fotografie strebt nach einer reinen Fotografie, die nur sich selbst thematisiert und von Ikonografie und Symbolik losgelöst ist. Der 1929 in Basel geborene Fotograf Roger Humbert ist ein Pionier dieser Konkreten Fotografie und hat von den 1950er Jahren bis heute ein umfangreiches Werk hervorgebracht. Die Fabian & Claude Walter Galerie präsentiert Humberts wichtige Position in der Fotografie des 20. Jahrhunderts in einer Einzelausstellung, welche eine Auswahl der mit experimentellen Lichtquellen und Formelementen entstandenen Fotogramme der 1950er, 1960er und 1970er Jahre sowie späte Arbeiten, die in den vergangenen 20 Jahren entstanden sind, zeigt.
Roger Humbert beschreibt seine Fotografie mit einem kurzen, prägnanten und doch komplexen Satz: „Ich fotografiere das Licht“. Basierend auf den Theorien des englischen Fotografen Alvin Langdon Coburn um 1916, steht im Zentrum der konkreten Fotografie die geheimnisvolle Qualität des Lichts. Weitere Stationen der Entwicklungsgeschichte sind die bekannten Schadographien von Christian Schad, die Rayographs von Man Ray, sowie die am Bauhaus entstandenen Fotogramme, Luminogramme und Fotomontagen von László Moholy-Nagy.
Obwohl eine erste internationale Übersichtsausstellung zum Thema und mit dem Titel Ungegenständliche Photographie 1960 im Gewerbemuseum Basel gezeigt wurde, kam der Begriff Konkrete Fotografie erst einige Jahre später auf. 1967 präsentierte die Berner Galerie aktuell die experimentellen Fotografien der jungen Schweizer Avantgarde-Fotografen Roger Humbert, René Mächler, Jean-Frédéric Schnyder und Rolf Schroeter unter dem Titel konkrete fotografie erstmals der Öffentlichkeit.
Roger Humbert, der tagsüber als ausgebildeter Fotograf und Grafiker arbeitete, begann Mitte der 1950er in der Dunkelkammer Fotogramme zu schaffen. Humbert war mit seinen fotografischen Zeitgenossen auf der Suche nach einer neuen modernen, experimentellen Bildsprache – einer Fotografie ohne Kamera. Er verneinte das Abbild, löste sich vom Gegenstand und verstand das Licht als entscheidendes, bilderzeugendes Element. Der Kunst- und Literaturwissenschaftler Bernd Stiegler vergleicht in der Publikation konkrete fotografie als programm Humberts Arbeit in der Dunkelkammer mit der eines Naturwissenschaftlers. Im Labor unternahm Humbert nämlich naturwissenschaftliche Experimente mit der Fotografie und versuchte mit der Verwendung von Formelementen wie Schablonen, Rastern und Lochkarten herauszufinden, was es bedeutet das Licht fotografisch festzuhalten.
Humberts Fotogramme wurden mittlerweile weltweit ausgestellt, wie u.a. in Tokyo, Osaka, Mailand, São Paulo, Anvers, Rom, Paris, Berlin und New York. Sie demonstrieren deutlich, wie der Einsatz der elementaren fotografischen Mittel gemeinsam mit einer subjektiven Gestaltungskraft neue Wege in der zeitgenössischen Kunst eröffnen konnten. In unserer heutigen Zeit, in der die Digitalisierung die Fotografie einmal mehr in Frage stellt und von vielen Künstlern wieder auf die alten fotografischen Techniken zurückgegriffen wird, ist Roger Humbert seinem wichtigen künstlerischen Schaffen - der gegenstandslosen Fotografie - treu geblieben.
(Text: Alessa Widmer)