Museum Tinguely | Basel
2. September - 15. November 2020
Das Museum Tinguely lädt im Herbst 2020 mit einer grossen Einzelausstellung ein, in die wundersame und schalkhafte Welt des japanischen Künstlers Taro Izumi (*1976, Nara) einzutauchen. Der Künstler hat im Basler Museum ein organisches Ökosystem, ein einzigartiges kreatives Universum geschaffen, bei der die Medien Skulptur, Installation, Performance und Video ineinandergreifen: Das bewegte Bild übernimmt dabei eine wesentliche Rolle und ist in der Ausstellung «ex» omnipräsent. In den letzten Jahren hat er seine Arbeiten spezifisch auf die Orte, an denen diese gezeigt wurden, zugeschnitten. Die Ausstellung selbst wird für ihn ein Kunstwerk. Mithilfe der digitalen Technologie schafft er aus seinen Werken ein komplexes, interaktives Netz. Izumi durchleuchtet unsere Lebensweise und die Beziehungen zu unseren Mitmenschen, zur Natur und Tierwelt und reflektiert dabei auch neue Arten des Verhaltens, die mit dem Aufkommen von Covid-19 entstanden sind. Im Museum Tinguely präsentiert Izumi vom 2. September bis 15. November 2020 seine erste grosse Ausstellung in der Schweiz. In Basel hat der Künstler vor Ort in den letzten Wochen seine auf den ersten Blick chaotischen, tatsächlich aber akkurat komponierten Konstruktionen vorbereitet. Die Ausstellung wird von einer Publikation begleitet, die erstmalig eine umfassende Beschreibung von Izumis Werk liefert.
Video als Medium als Spiegel als Bild als Bewegung als Objekt als Video Das Medium, das sich am ehesten für die sofortige – und damit erneute – Transkription der erfundenen Aktionen von Izumi eignet, ist das Video. Er setzt es wie einen Kugelschreiber ein, der alles, was er beobachtet, festhält und überträgt. Als sein vorrangiges Medium kommt es in all seinen Installationen und Ausstellungen vor, in denen das bewegte Bild eine wesentliche semantische Rolle übernimmt. In der Ausstellung «ex» im Museum Tinguely sind Bildschirme omnipräsent. Sie rhythmisieren die Räume, sie erstrecken sich auf dem Boden, krallen sich an der Decke und den Wänden fest oder schweben über den Köpfen. Die bewegten Bilder auf ihren verschiedenen Gestellen und Halterungen verwirren das Publikum: Sie fesseln, faszinieren und sättigen, indem sie die Aufmerksamkeit unentwegt auf sich lenken. Wer sich auf die Videoarbeiten von Taro Izumi einlässt, denkt unweigerlich an den von Lärm und Bildern überbordenden urbanen Raum der Stadt Tokio, den manche Installationen nachzuempfinden scheinen.
Taro Izumi im Museum Tinguely – Ein Versuch, das nicht Fassbare zu fassen Tickled in a dream ... maybe ? (2017) ist die grösste Multimedia-Installation, die im Museum Tinguely präsentiert wird. Diese Serie, die Skulptur und Video miteinander verbindet, beruht auf Fotos von Sportlern – vor allem von Fussballern –, die akrobatische Bewegungen vollziehen. Ausgehend von Bildern spektakulärer Aktionen, wie zum Beispiel Volleyschüssen, Grätschen, den kühnen Pirouette eines legendären Schusses oder des Sprungs eines berühmten Basketballspielers, entwarf Izumi Vorrichtungen, die eine Simulation dieser Bewegungen auch Untrainierten ermöglichen. Als Hybride aus Möbelstück und Prothese, Sockel und Skulptur nehmen diese gebastelt wirkenden architekturalen Strukturen eine variierende Gestalt an, die – sowohl in formaler als auch in konzeptueller Hinsicht – an die interaktiven augenzwinkernden Arbeiten von Jean Tinguely (1925–1991) erinnern. Der Künstler versucht hier, das nicht Fassbare zu fassen: Bewegung, Zeit und Schwerkraft.
Ausstellung als Gesamtkunstwerk Taro Izumis Ausstellungen haben im Lauf der Zeit eine zunehmend immersive Dimension angenommen. Das Medium «Ausstellung» erlaubt dem Künstler nicht nur, die Räume zu bespielen, sondern auch ein Narrativ zu entwickeln. In den letzten Jahren hat er seine Arbeiten spezifisch auf die Orte, an denen diese gezeigt wurden, zugeschnitten. Die Ausstellung selbst ist für ihn ein Kunstwerk. Mithilfe der digitalen Technologie und durch den wiederholten Einsatz von Video, Streaming und Überblendung von Bildern, schuf er aus seinen Arbeiten ein komplexes, interaktives Netz. Staubsaugerroboter, flackernde Lichter und ein Theater ohne Zuschauer Für seine grosse Einzelausstellung in der Schweiz, entwarf Taro Izumi jede einzelne Etappe wie einen lebendigen Organismus innerhalb der Ausstellung, die atmet, vibriert, sich bewegt, spricht, singt und leuchtet. Staubsaugerroboter bewegen sich in der Luft; auf den Bildschirmen flackern kontinuierlich Lichter und es ertönen Geräusche; ein Theater ohne Zuschauer erwartet Besucher und Besucherinnen. Izumi erzählt uns von der Abwesenheit, der Leere und virtuellen Präsenz, von Orten die unzugänglich geworden sind. Dabei reflektiert er neue Verhaltensarten, die mit dem Aufkommen von Covid-19 entstanden sind. Mit Leichtigkeit und Ironie gelingt es Taro Izumi, vermeintlich antagonistische Universen miteinander zu vernetzen. Er bewegt sich zwischen den Welten, wechselt vom Organischen zum Technologischen, vom Technologischen zum Organischen, wobei er alles, was zwischen den beiden Bereichen angesiedelt ist, mit einbezieht. Auch wenn sie sich jeglicher Zuordnung widersetzt, erinnert seine Ästhetik an die Idee der «totalen Kunst». Kuratorin der Ausstellung ist Séverine Fromaigeat.