C/O Berlin
7. Dezember 2019 - 29. Februar 2020
Christopher Williams
Verankert im Medium Fotografie erforscht Christopher Williams die Verwendung und Wirkmacht von Bildern in der industriellen Kultur des Spätkapitalismus, um so ihren Bedeutungs- und Ordnungssystemen auf die Spur zu kommen. Williams arbeitet vorzugsweise mit Einzelbildern, für die er verschiedene fotografische Stile und Genres nutzt. Seine technisch ausgefeilten Aufnahmen entstehen oftmals in Zusammenarbeit mit Setdesigner*innen, Models und Techniker*innen und rufen die Bildwelten der Werbung in den 1960er-Jahren und im Kalten Krieg ebenso auf wie die Geschichte der Kunst, der Fotografie und des Kinos – von Pop Art und Kapitalistischem Realismus bis zu Neuer Sachlichkeit und Surrealismus.
Williams’ Arbeit endet nicht mit der Aufnahme des Fotos, sondern umfasst sämtliche Aspekte seiner Präsentation. Für ihn sind Abzug, Passepartout, Rahmung, Höhe der Hängung, Bildunterschrift, etc. wesentliche Faktoren für die Rezeption eines Bildes. So wie ein Dramentext in jeder Inszenierung neu interpretiert wird, hängt auch die Wahrnehmung von Bildern von der Art und Weise ihrer Präsentation und dem Kontext ab. Williams inszeniert und reinszeniert in seinen Ausstellungen die einzelnen Fotografien mit höchster Sorgfalt. Indem er die Bilder auf montageartige Weise in Beziehung zueinander setzt, demonstriert er – noch verstärkt durch den ausdrücklichen Bezug auf kontextuelle Elemente wie die Architektur, das Ausstellungsdesign und den institutionellen Rahmen –, dass die Bedeutung der Bilder stets eine vorläufige ist.
Das Theater ist für Williams immer mehr zum Maßstab geworden. Die Ausstellung Christopher Williams . MODEL: Kochgeschirre, Kinder, Viet Nam (Angepasst zum Benutzen) bei C/O Berlin verwendet die Terminologie des Theaters, um drei Räume aus früheren Ausstellungen zu reinszenieren: Räume aus dem Wiels Zentrum für zeitgenössische Kunst in Brüssel, der Galerie Nächst St. Stephan in Wien und der Frieze Art in New York, wo er einen Einzelstand hatte. Allerdings übernimmt Williams die Präsentationen nicht einfach eins zu eins in die räumlichen Gegebenheiten von C/O Berlin, sondern denkt die materielle Seite seiner Fotografien neu, zieht diese in einem anderen Format ab und rahmt sie mit anderen Materialien. In den ersten drei Räumen präsentiert Williams Adaptationen der früheren Varianten und richtet so die Aufmerksamkeit auf das Format „Ausstellung“ als einem eigenen Medium. Im vierten Raum der Ausstellung bei C/O Berlin sind Leihgaben aus den Archiven von Bertolt Brecht, Guy Debord, Harun Farocki, Peter Weiss und Edward Weston zu sehen, die den historischen Hintergrund für eine Diskussion über Anpassung, Modellierung und die Wiederverwendung existierender Bilder liefern.
Die Ausstellung präsentiert Fotografien der Genres Porträt, Stillleben und Straßenfotografie mit Sujets wie Kameraobjektiven, einem Bühnenbild, Schaufensterauslagen, einer afrikanischen Maske oder professionellen Models, die sich selbst zu Bildern inszenieren. Auch diese Fotografien werden oft auf Basis existierender Bilder oder Bildtypen angefertigt, wobei Fragmente aus unserer allgegenwärtigen Bilderwelt adaptiert und isoliert werden. Auf diese Weise rekontextualisiert hinterfragen sie die Bedingungen, unter denen unsere Kultur Bilder produziert und konsumiert.
Diese allgemeine Einführung bereitet die Bühne für ein spannungsvolles Familiendrama.
Christopher Williams (geb. 1956 in Los Angeles) arbeitet als Konzeptkünstler vorwiegend mit dem Medium der Fotografie. In den 1970er-Jahren studierte er am California Institute of the Arts bei Michael Asher, John Baldessari und Douglas Huebler. Er ist seit 2008 Professor für Fotografie an der Kunstakademie Düsseldorf. Zahlreiche renommierte Institutionen haben sein künstlerisches Werk in Einzelausstellungen präsentiert, u.a. Kestner Gesellschaft, Hannover (2018), La Triennale di Milano, Mailand (2017), gta Ausstellungen, ETH Zürich (2017), Whitechapel Gallery, London (2015), Art Institute of Chicago (2014/2015), Museum of Modern Art, New York (2014), Bergen Kunsthall (2014), Staatliche Kunsthalle Baden-Baden (2010) und Bonner Kunstverein (2009).
(Text: C/O Berlin)