Galerie 94 | Baden
13. Juni 2020
Artist Talk mit Melody Gygax und Sandro Livio Straube
Berge bleichen
Sandro Livio Straube
Berge bleichen in vielfältiger Weise. Sie selbst, aber ebenso ihre Umgebung. So in einem gewissen Tal in Graubünden. Geprägt von fahlem Licht. Mit einem Eingang und keinem Ausgang, mit einer Strasse und keinem Tunnel ins nächste Gebiet. Es schlängelt sich auch keine Passstrasse empor. Das schafft Ruhe - Eine bleiche und blasse Insel, in einem gesättigten Lande. Dinge werden stehen gelassen, Zeit darf wirken, Uhren laufen nach. Niemand stört‘s. Das Licht der Sonne ist stark und zeigt seine Spuren stolz. Im Tal blättert es Farbe, bleicht Natur und darin Menschengemachtes. Kein Heidiland und kein Postkartensujet. Denn Berge sind ernst und manchmal furchteinflössend. Sie sprechen über Leben und Tod, über Beständigkeit und Vergänglichkeit. Sie geben Geschichte und Geheimnisse nicht einfach so preis. Denn Kristalle liegen tief. Die Serie „Berge bleichen“ soll das zuvor beschriebene, andere Bild der Berge zeigen. Abseits des Tourismus und reiner Infrastruktur sind Orte im Val Lumnezia aufgesucht worden, die einfach noch Sein dürfen. Ohne Ansprüche auf Sinn und Zweck für die Masse. Die reine Anspruchslosigkeit an sich - Auf den ersten Blick. Denn sie benötigen grosse Aufmerksamkeit für das scheinbar Unsichtbare. Dinge, die uns im ersten Moment als belanglos erscheinen und erst bei genauem und intensivem Betrachten etwas weitaus Tieferes mitteilen. Nur, dass dabei keine physischen Gestalten anwesend sind, die erzählen. So kann die Absenz des Menschen an solchen Orten das Gefühl hervorrufen, beobachtet zu werden. Sei es ein dunkles Fensterchen, der verschleiernde Vorhang hinter dem Glas, oder dicke Baumstämme, die einem umgeben - Das Ungewisse führt zu neuen Vorstellungen, Geschichten und neuem Glauben und endet in neuen Bildern. Vom anfänglich scheuen Schimmern, eröffnet sich einem ein eigenes und kristallklares Strahlen.