Stefan Burger | Kunsthalle Bern
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"Es ist der Versuch von Präzision und gleichzeitig die Kontrolle fahren zu lassen."

Stefan Burger widmet sich wie andere Künstler auch der analogen Fotografie. In der Kunsthalle entdeckt man eine andere, neue Seite von ihm. Den berühmten "Burger-Humor" findet man in dieser Serie nicht, dafür überrascht er die Ausstellungsbesucher und –besucherinnen mit Pflanzen, Knöpfen und Kerzen. Burger nutzt nicht nur die herkömmliche Negativfotografie, sondern macht Objekte zum Negativ, so dass Hybride zwischen Fotogrammen und Vergrösserungen entstehen. Die materielle Grundlage der Herstellung wird mit Farb- und Lichtfehlern sichtbar, die als Ornamente eingesetzt werden. Burger kombiniert auch Sofortbilder mit Aquarellen. Diese Kombination von Polaroids mit Aquarellen lassen die Farben leuchten und erinnern an bunte Glassplitter in der Sonne. Die feingliedrigen Gräser und Blätterranken, meist als Silbergelatineabzug, haben einen Zauber inne und lässt einem den Alltag und die Hektik auf der Strasse vergessen.

Die meisten dieser Werke sind während eines Aufenthaltes im Istituto Svizzero in Rom entstanden.

In der Kunsthalle stehen drei zusätzliche Wände, die sich in den Raum einfügen als ob sie zum Haus gehörten. Die Kuratorin Valérie Knoll hat es verstanden die Ausstellung mit einer bestechenden Dezenz zu gestalten, die den Werken Burgers eine enorme Strahlkraft verleihen. Burger sagt dazu: "Sie stimmt in die gediegene Ästhetik der Kunsthalle ein."

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Stefan Burger (1977*) ist in Müllheim/Baden (DE) auf gewachsen, lebt und arbeitet heute in Zürich. Er hat an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich Fotografie studiert. Seine Arbeiten konnte man in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen sehen.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Bern dauert noch bis zum 10. Dezember 2017.

Miryam Abebe
Portrait Vintage – Ibrahima Thiam | Galerie Eulenspiegel
Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

 

Zur Zeit kann man in der Galerie Eulenspiegel Bilder des senegalesischen Fotografen Ibrahima Thiam sehen. Im WorldWideWeb findet man – leider – nicht sehr viel über ihn.

Die Serie "Portrait Vintage" hat er 2014 – 2015 realisiert. Ibrahima Thiam hat als Kind die Fotografien seiner Familie gesammelt und ein Archiv angelegt. In einem Gespräch mit der jungen Samrawit Spuhler erzählt er, dass er bei Familienfesten seine Cousins und Cousinen mit Fotografien ihrer Eltern überrascht hat. Mit diesen Bildern hat er sein Projekt "Portrait Vintage" realisiert in dem er Familienangehörige ein Bild auswählen lies und sie mit der alten Fotografie neu aufgenommen hat. Mit der jeweiligen Wahl wird die Beziehung zu den Personen über Generationen wiedergespiegelt und nimmt die Geschichte der Vergangenheit und der Gegenwart auf. Auf der Strasse hat er Menschen angesprochen und ihnen vom Projekt erzählt – so konnte er weitere Bilder machen.

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Fotografien aus dem Familienarchiv

Fotografien aus dem Familienarchiv

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

 

Ibrahima Thiam (1976*) ist in Saint Louis geboren. Heute lebt und arbeitet er in Dakar. Nach einem Ökonomie-Studium hat er sich auf Fotografie fokussiert und sich autodidaktisch weitergebildet. Er nahm an verschiedenen Master Classes teil und gibt sein Wissen an Kinder und Jugendliche weiter. Seit 2010 werden seine Bilder in vor allem in Westafrika, aber auch in Europa und den USA ausgestellt. Ein wichtiger Aspekt für Thiam ist die Archivierung von Fotografie als Zeitdokument. Ich bin mir sicher, man kann gespannt sein auf seine kommenden Arbeiten.

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

 

Die Galerie Eulenspiegel präsentiert seit 2001 mitten in der Altstadt Basels ein weites Spektrum von zeitgenössischen nationalen und internationalen Kunstschaffenden mit den Schwerpunkten Malerei, Fotografie, Skulptur und Installation.

Die Ausstellung in der Galerie Eulenspiegel dauert noch bis zum 28. Oktober 2017.

Miryam Abebe
Miroslav Tichý | Photobastei
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Zur Zeit hat man die Möglichkeit rund 140 Bilder aus der Sammlung Nikolai und Leah Kalischek und aus einer Schweizer Privatsammlung in der Photobastei zu sehen. Der Kurator Adi Hoesle nimmt einem mit auf den virtuellen Spaziergang Miroslav Tichýs in seiner Heimatstadt Kyiov. Mit selbstgebastelten Kameras machte Tichý beinahe täglich seine Runde durch die Stadt und fotografierte Frauen in Cafés, junge Mädchen beim Sonnenbaden oder ältere Frauen auf dem Markt.

Wenn man durch die Ausstellung geht, kann man sich die Frage stellen, ob Tichý ein Voyeur, ein Frauenheld oder doch nur ein Beobachter des Lebens war. Wird er zum Voyeur weil er Frauen mit tiefen Ausschnitten, Frauen in kurzen Röcken mit nackten Beinen, junge Mädchen beim Sonnenbaden, ältere Frauen auf dem Markt und in den Strassen fotografiert? Beim Betrachten der Bilder kann man ebenso auf den Gedanken kommen, dass er mit seinen Fotografien eine Hommage an die Frauen, an die Weiblichkeit erschaffen hat.

Miroslav Tichý (1926 – 2011) besuchte in den 1940er Jahren die Kunstakademie Prag und galt als talentierter Maler und Zeichner. Mit der Machtübernahme der Kommunisten veränderte sich sein Leben. Aufenthalte in psychiatrischen Einrichtungen und im Gefängnis machten ihn zum Aussenseiter. Nach dem Verlust seines Ateliers konzentrierte er sich auf Zeichnung und Fotografie. 2004 wurde sein Werk international berühmt, nachdem Harald Szeemann die Bilder an der Biennale in Sevilla zeigte. 2006 widmete ihm Tobia Bezzola eine Einzelausstellung im Kunsthaus Zürich. Danach folgten zahlreiche Ausstellungen auf der ganzen Welt. Bis zu seinem Tod lebte Tichý zurückgezogen in Kyiov.

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Die Ausstellung in der Photobastei dauert noch bis zum 5. November 2017.

Veranstaltungen während der Ausstellung:

  • Führung durch die Ausstellung von Adi Hoesle (Künstler und Kurator der Ausstellung): Mittwoch, 11. Oktober 2017, 18.30 Uhr und Sonntag, 29. Oktober 2017, 15.00 Uhr

  • Filmvorführung: Miroslav Tichý | Worldstar (2007), mit anschliessender Diskussion in Anwesenheit von Regisseurin Nataša von Kopp, Mittwoch, 11. Oktober 2017, 20.00 Uhr

  • Im Gespräch mit Tobia Bezzola: "Gibt es Outsiderfotografie?", Sonntag, 29. Oktober, 16.30 Uhr

Miryam Abebe
Verschiebungen – Esther Hagenmaier (Gastkünstlerin im Alten Spital) | Künstlerhaus S11
zh_white, 2015 | Esther Hagenmaier

zh_white, 2015 | Esther Hagenmaier

 

Esther Hagenmaier hat sich bewusst als Artist in Residence im Alten Spital in Solothurn beworben. Ausschlaggebend war die Nähe zur Kirche St. Klemenz in Bettlach, das heisst eigentlich zu Walter Maria Förderer (21.03.1928 – 29.06.2006). Förderer war ein Hauptvertreter des neo-expressionistischen Kirchenbaus der 1960er Jahre. Für Esther Hagenmaier ist Solothurn ein praktischer Ausgangsort zu den verschiedenen Förderer-Bauten in der Region und der Schweiz.

Endlich hat sie die Möglichkeit ein Bau von Förderer zu verschiedenen Tageszeiten, mit unterschiedlichem Licht fotografieren zu können, ohne lange Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen. Bei der Frage warum gerade Förderer und nicht ein anderer Architekt findet man im Anschauen der Bilder von Hagenmaier bald eine Antwort. Im Schaffen von Förderer und Hagenmaier gibt es erstaunliche Parallelen. Förderer bewegt sich zwischen Architektur und Bildhauerei – Hagenmaier zwischen Fotografie, Skulptur und Räumlichkeit. Für beide ist Wahrnehmung und das Schlichte ein wichtiges Thema.

Hagenmaier hat sich schon immer für Architektur interessiert, bei Förderer kommen weitere Aspekte dazu. Je nach Lichteinfall werfen die Bauten Schatten, die einer Verschiebung, einer Täuschung gleich kommen. Ebenso wichtig wie die Schattenwürfe sind die Strukturen der Oberflächen. Esther Hagenmaier will mit den normalen Formaten der Fotografie brechen – ein Grund warum sie die Bilder beschneidet und so gezielt Verschiebungen schafft indem sie die Bilder überlagert und dadurch eine Art Skulptur entsteht. Diese lassen den Betrachter und die Betrachterin manchmal getäuscht und verwirrt zurück. Beim längeren Hinsehen nimmt man die Winkel, Schatten und anderes wahr.

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Esther Hagenmaier (1975*) lebt und arbeitet in Ulm. Sie hat freie Kunst an der Hochschule der bildenden Künste Saar in Saarbrücken und an der Ecole des Beaux-Arts in Rennes studiert.

Verschiebungen sind vom 6. – 8. Oktober 2017 im Künstlerhaus S11 in Solothurn zu sehen.

Ihr Aufenthalt als Artist in Residence im Alten Spital in Solothurn dauert noch bis Ende Oktober 2017.

Miryam Abebe
Entre l'art et la mode – Photographies de la Collection Carla Sozzani | Musée des Beaux-Arts le Locle
Lillian Bassmann

Lillian Bassmann

 

Eintauchen in den neuenburger Jura wollte ich schon lange wieder einmal. Das Musée des Beaux-Arts in Le Locle hat das Medium Fotografie erst vor kurzem in sein Ausstellungsprogramm aufgenommen – für mich ist es aber kaum mehr wegzudenken und gehört in meine "Jahresplanung" der Museumsbesuche. Dieses Jahr bekommt man in den Sommermonaten einen Augenschein in die Sammlung von Carla Sozzani, der Kult des (Photo)Buches wird thematisiert, man wird auf eine Entdeckungsreise von Henry Leutwyler mit seinen Documents genommen und kann sich den Utopien von Ina Jang hingeben.

Die Sammlung von Carla Sozzani versammelt die berühmtesten Fotografen und Fotografinnen des 20. Jahrhunderts. Freudig überrascht wurde ich mit Bildern von Louise Dahl-Wolfe, Lillian Bassman, Sarah Moon, Leni Riefenstahl, Deborah Turbeville, Francesca Woodman und anderen begabten Frauen. Natürlich machen nicht nur die Bilder dieser Fotografinnen Freude beim Betrachten – auch viele Fotografen sind vertreten: Gianni Berengo Gardin, Karl Blossfeldt, Jean Clemmer, František Drtikol, Saul Leiter, Urs Lüthi, Helmut Newton und vielen anderen. Nicht, dass ich alle gekannt hätte, aber ich werde mich ganz sicher auf die Suche nach einigen Büchern machen.

Ein grosser Raum ist dem "Photobook – Der Kult des Buches" gewidmet und einige Zitate machen deutlich wie wichtig ein Buch, ein Photobuch ist:
Le photografie se regarde dans les liveres, pas au mur." Henri Cartier-Bresson (Fotograf)
"Le livre de photographies est une forme d'art autonome, comparable à une sculpture, à une pièce de théâtre ou à un film. Les photographies perdent leur caractères photographique d'objets "en soi" pourdevenir les composantes, exprimées à l'encre d'imprimerie, d'une création exceptionnelle appelée livre." Ralph Prins (Kritiker)

Saul Leiter

Saul Leiter

Louise Dahl-Wolfe

Louise Dahl-Wolfe

Utopia | Ina Jang

Utopia | Ina Jang

 

Document – Henry Leutwyler zeigt für einmal nicht Portraits von Filmstars, Künstlern, Staatsmännern und Musiker. Es sind die kleinen Dinge, die diese Menschen ausmachen wie die Brille Gandhis oder John Lennons, ein Pinsel von Andy Warhol, die Tanzschuhe von Fred Astaire und viel anderes…

Utopia von Ina Jang hat mich blitzschnell in die heutige Zeit zurückgeholt. Ich muss sie mir noch einmal anschauen – vielleicht habe ich dann etwas weniger Mühe. Möglicherweise kann man sie bald in der Galerie Christophe Guye in Zürich wieder sehen…

Die Ausstellung im Musée des Beaux-Arts in Le Locle dauert noch bis zum 15. Oktober 2017

Miryam Abebe
unresolved – Meinrad Schade | Bildersoirée im Künstlerhaus S11
Bild: Israel | Meinrad Schade

Bild: Israel | Meinrad Schade

 

So ein friedliches Land- sofern sie nicht an den Konflikt denken. Die Cafés sind voll, die Strände ebenfalls. Freundliche Leute. Schöne und intelligente junge Menschen, überall. Doch da ist etwas Beunruhigendes. Unter der Oberfläche schlummern Kräfte, die innerhalb einer Sekunde hervorbrechen können. von einem Moment zum anderen stehen wir vielleicht wieder im Krieg. Mit diesen Worten beschreibt der israelische Autor Joshua Sobol in August 2013 in einem Interview mit der NZZ sein Land. Genau dieser Zustand zwischen Krieg und Frieden – zwischen Frieden und Krieg interessiert Meinrad Schade.

Seit bald 20 Jahren beschäftigt er sich mit den Folgen von Kriegen. Seiner Meinung nach werden in den Medien die Nebenschauplätze von Kriegen und deren Langzeitfolgen, die Spuren in der Landschaft, in den Seelen und Köpfen der Menschen zu wenig thematisiert. Es sind diese Nichtgeschichten und Nebenschauplätze, die in ihrer Gesamtheit ebenso zum Bild der Welt beitragen und meiner Meinung nach zu kurz kommen und in ihrer Bedeutung unterschätzt werden. Meinrad Schade ist ein Kriegsfotograf ohne schusssichere Weste, weil er sich nicht im Epizentrum eines Konfliktes bewegt – er bewegt sich am Rande von kriegerischen Auseinandersetzung oder erst danach, dann wenn die Konflikte nicht mehr über die Bildschirme in unseren Wohnzimmern flimmern und andere Krisenherde und Kriegsschauplätze Schlagzeilen machen. Er zeigt Langzeitfolgen, die vergessen sind oder an die wir uns gewöhnt haben – wie an den Konflikt in Israel und Palästina.

 
Bild: Golan | Meinrad Schade

Bild: Golan | Meinrad Schade

2013 entscheidet er sich sein Langzeitprojekt "Krieg ohne Krieg" in Israel und Palästina weiterzuführen. 2015 wurden Bilder von "Krieg ohne Krieg" in einer Ausstellung in der Fotostiftung in Winterthur gezeigt. Gleichzeitig erschien im Verlag Scheidegger & Spiess das gleichnamige Buch. Zum 70. Jubiläum der Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 und zu 70 Jahre Nakba (arabisch Katastrophe/Unglück) soll unter dem Titel "unresolved" die Fortsetzung erscheinen.

Meinrad Schade (1968*) lebt und arbeitet seit 2002 als freier Fotograf in Zürich. Neben der kommerziellen Fotografie verfolgt er als Autorenfotograf Langzeitprojekte, die in Büchern publiziert und in Ausstellungen gezeigt und mehrfach ausgezeichnet wurden. 2016 wurde er in die Deutsche Fotografische Akademie berufen.

Miryam Abebe
Cutis - Simon von Gunten | Künstlerhaus S11
Bild: Darius | Simon von Gunten

Bild: Darius | Simon von Gunten

 

"Die Haut vergisst nie". Diesen Satz kennt jeder von uns. "Cutis" ist ein freies Langzeitprojekt von Simon von Gunten, das genau dieses Nicht-Vergessen aufzeigt. 2012 hat er damit begonnenen. Erst hat er mit Infrarot getüftelt, um eine neue Bildsprache zu entwickeln. Die Aufnahmen mit infrarot seien nicht besonders spannend gewesen, da die Menschen zu Wachsfiguren wurden und nichts spezielles ausdrückten. In diesem Projekt dringt der Naturwissenschaftler Simon von Gunten durch – er hat Geografie studiert und sich auf Humangeografie spezialisiert. Neugierig und forschend hat er dann mit UV-Licht zu arbeiten begonnen. Dabei trat in den Bildern neben der vordergründig technischen Faszination insbesondere auch ein sozialer Aspekt hervor. Unter dem UV-Licht werden Dinge sichtbar, die normalerweise nicht oder kaum für das menschliche Auge sichtbar sind. Dies können ernste Ereignisse sein, wie z.B. längst vergessene Narben, hormonelle Veränderungen, oder Krankheiten, aber auch Gewohnheiten unter der Sonne (Sonnenbrand), ein neuer Haarschnitt – kurz, die Chronik eines Menschenlebens wird sichtbar gemacht.

Durch das Mittel der UV-Fotografie schafft er eine ganz neue und eigene Ästhetik, die aber eigentlich eine alltägliche Realität ist – wir Menschen sehen sie nur nicht ohne Hilfsmittel. So wird uns auch wieder einmal vor Augen geführt, wie begrenzt unsere Wahrnehmung ist, und dass jeder Mensch zu jeder Zeit noch viele andere Gesichter hat, die er nicht jederzeit sieht.

In den aktuell zu sehenden Bildern hat er bewusst Menschen verschiedenen Alters gewählt, besonders auch Menschen deren Haut eine Geschichte erzählen.

Simon von Gunten (1983*) lebt und arbeitet als freischaffender Fotograf in Solothurn. Nach einem Masterstudium in Wirtschaftsgeografie hat er sich an der CAP Schule in Zürich zum Fotografen ausbilden lassen und ist nun seit 2012 freischaffender Auftrags- und Autorenfotograf.

Cutis ist bis am 1. Oktober 2017 im Künstlerhaus S11 zu sehen.

 
Miryam Abebe
Wasserfahrten - Urs Amiet | Künstlerhaus S11
Bild: Rhein, Basel | Urs Amiet

Bild: Rhein, Basel | Urs Amiet

 

Für die Bebilderung eines Jahresberichtes seien die "Wasserfahrten" als eine von zwei Fotokonzepten entstanden. Urs Amiet hat verschiedene Fliessgewässer in der Schweiz aufgenommen und gleichzeitig seinem Spieltrieb und der Lust am Experimentieren freien Lauf gelassen. Er hat seine selbst gebaute, wasserdichte Lochkameras in der Aare, der Birs, dem Rhein und anderen Flüssen treiben lassen und diese Fahrten aufgenommen. Das Experiment der Wasserfahrten ist noch nicht zu Ende. Wir können gespannt sein auf Bilder die am und im Meer, in kleinen Bächen, Kaskaden, Kanälen und bestimmt auch in Wasserfallen entstehen.

Wenn Urs Amiet erzählt wie er in Flüssen und Bächen stand, die Lochkamera immer im Auge, um sie rechtzeitig aus dem Wasser zu fischt – läuft vor dem inneren Auge ein Film ab und man spürt das oft sehr kalte, fliessende Wasser.

Seit 1999 beschäftigt er sich intensiv mit der Lochkamerafotografie und dem Bau von Lochkameras und experimentiert an neuen Ausdrucksformen. Wiederkehrende Themen handeln von der Wahrnehmung, von Raum und Zeit, von Menschen in der Fremde. Mehrheitlich verwendet er Rollfilme, die er noch in Spezialgeschäften findet und in Fotolabors entwickeln lässt. In seinem Atelier, das er als Grafiker und Illustrator mit seiner Frau teilt, hat er eine Dunkelkammer für die Verarbeitung der Fotopapiere und Arbeiten mit historischen Fototechniken wie Cyanotypie und Salzdruck eingerichtet, um doch von Hand zu arbeiten. Er sagt die Digitalisierung habe seinen Arbeitsplatz entsinnlicht – diese fehlende Sinnlichkeit holt er sich mit der Arbeit mit der Lochkamera zurück. Die Lochkamerafotografie befreit ihn auch von der Präzision, die er als Grafiker erbringen muss.

Bild: Aare, Solothurn | Urs Amiet

Bild: Aare, Solothurn | Urs Amiet

 

Urs Amiet (1966*) lebt und arbeitet als selbständiger Grafiker und Illustrator in Solothurn. Im Vorkurs an der Schule für Gestaltung in Basel wurde er von Peter Olpe, Dozent für Grafik und Fotografie, in die Lochkamerafotografie eingeführt.

Wasserfahrten sind bis am 1. Oktober 2017 im Künstlerhaus S11 zu sehen.

Miryam Abebe
Diapositive. Histoire de la photographie projetée | Musée de l'Elysée
 
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Diapositive. Zur Geschichte der projizierten Fotografie. Die Ausstellung im Musée de l'Elysée nimmt einem mit auf die Reise der Geschichte des Dias. Wer kennt denn heute noch Dias?  Dieses Klicken, nachdem kurz darauf ein neues Bild zu sehen ist? Die Entwicklung der Projektoren wird wunderbar präsentiert.

Eigentlich wollte ich mich nur inspirieren lassen für eine baldige Ausstellung, die ich mitbetreuen darf und natürlich auch den Garten des Musée de l'Elysée geniessen. Die Inspiration, der Genuss und die Überraschung - phantastisch! Ich habe mich nicht wirklich kundig gemacht was ich alles zu bekomme, dafür war die Freude über die Projektionsplatten von Alfred Stieglitz aus der Sammlung George Eastman Museum und Art Institute of Chicago, Dan Graham's "Project for Slide Projector", den Schriftstellerportraits von Gisèle Freund im Bereich "Das Lichtbild" gross und das Vergnügen ebenso gross wie im Bereich "Einrichtung" anhand von Projektionen von "Les Papillons" von Bertrand Gadenne, aus der Sammlung des Musée de l'Elyse, erklärt wird wie Projektionen funktionieren.

Eigentlich war das Wetter fast zu schön für die ganze Ausstellung, denn im Untergeschoss kann man sich "eine unerledigte Arbeit" von Fischli und Weiss geniessen und ein ganz besonderes Highlight "The Ballad of Sexual Dependency" von Nan Goldin. Ein Werk, das leider viel zu selten zu sehen ist.

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Eine unerledigte Arbeit | Peter Fischli und David Weiss

Eine unerledigte Arbeit | Peter Fischli und David Weiss

Eine unerledigte Arbeit | Peter Fischli und David Weiss

Eine unerledigte Arbeit | Peter Fischli und David Weiss

 

Mehr aufzählen macht keinen Sinn – hingehen und sich von den Projektionen fesseln lassen. Die Ausstellung läuft noch bis zum 24. September 2017.

Miryam Abebe
Orte der Zeit - Erich Dal Canton | Galerie 94
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Orte der Zeit nimmt einem auf eine mystische Reise mit. "Ich bin stets auf der Suche nach Orten, die dem Auge Ruhe und Harmonie geben, auf der Suche nach Orten, an denen die Zeit stehengeblieben scheint. Diese Orte scheinen wie aus der Zeit gefallen, oder auch dem Zerfall begriffen. Zeit, Ruhe und Musse sind denn auch der notwendige Stoff in meinem ganzen Bildschaffensprozess." Erich Dal Canton gelingt es mit seinen Werken in einer hektischen Zeit und einer Bilderflut Ruhe und Harmonie entstehen zu lassen.

In der Ausstellung kann man entlang von Flussläufen und Stränden spazieren, durch alte Friedhöfe streifen und durch stillgelegte Industrieareale huschen – das besondere Licht macht es möglich. Für Dal Canton ist es eine Obsession das richtige Licht zu finden. Fotografie werde mit Licht gemacht, es gehe ihm nicht darum, Motive originalgetreu abzulichten, als vielmehr ihre Darstellung in Metaphern zu verwandeln.

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Erich Dal Canton (1954*) lebt und arbeitet in Wettingen und beschäftigt sich in seinem fotografischen Werk forschend unter anderem mit Zeit und Zeitlichkeit. In seinem Labor für "visuelle Forschung" zieht er die Negative traditionell und unter grossem zeitlichen Aufwand auf Silbergelatinepapier ab. Die Filme verarbeitet er fast ausschliesslich in Pyroentwicklern und erreicht damit eine aussergewöhnliche Tonalität und Lumineszenz.

Am Samstag, 9. September 2017 hat man die Möglichkeit während eines Artist Talks mehr von ihm zu erfahren. Die Ausstellung in der Galerie 94 dauert noch bis zum 30. September 2017.

Miryam Abebe
Cultures - Nina Dick | Altes Spital
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Man muss es wissen, dass man im zweiten Stock des Alten Spitals an einem Fest von Farben und Stoffen teilhaben kann. In den letzten Monaten hatte Nina Dick Frauen aus 19 Ländern vor der Linse. Frauen, die mit den ursprünglichen und traditionellen Festgewändern ein Stück Heimat in die Fremde mitgenommen haben… 

Nina Dick zeigt glückliche und stolze Frauen. In dreier Kombinationen sieht man die Gesichter, umhüllt mit Schmuck und Stoff, das ganze Gewand und Borden in Nahaufnahmen. Für diese Aufnahmen musste Nina Dick nicht verreisen. Die portraitierten Frauen leben alle hier. Die Hängung im langen Gang im zweiten Stock unterstreicht diese Vielfalt. 

Nina Dick lebt in Langendorf. Sie hat 2014 den Förderpreis der JugendArt gewonnen. 

Wer in das Fest der Kulturen eintauchen möchte, kann dies noch bis am 31. August 2017 tun.

Miryam Abebe
Die Freiheit zu schauen - Wolfgang Tillmans | Fondation Beyeler
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Ich bin so frei und erlaube mir ein paar Eindrücke über die Ausstellung von Wolfgang Tillmans in der Fondation Beyeler zu schreiben. Darf man eine Ausstellung, die an einem Ort wie der Fondation Beyeler präsentiert wird kritisieren und darf man sie nicht besonders gut finden? Ja! Man darf – finde ich.

Bevor ich mich auf den Weg nach Basel gemacht habe, habe ich versucht mir ein Bild über Wolfgang Tillmans zu machen – ich fand keinen Zugang zu seinen Bildern. Ob ich via Ausstellung einen einfacheren Zugang bekomme? Den Saaltext mitzunehmen, damit man nicht zu viele Fragezeichen bis am Schluss hat macht meines Erachtens Sinn. Langsam schaue ich mir die Bilder an und lese den Text dazu und stelle fest, dass es nicht nur die Bilder sind, die mir Mühe bereiten sondern auch die Art und Weise wie sie gehängt worden sind. Es scheint als wären die Bilder nach einem beliebigen System, ohne Konzept, ohne roten Faden an die Wand gehängt worden. Die Bilder aus der Serie "Greifbar" bilden Ruheinseln in das scheinbare Chaos von Nacktfotos und anderen dokumentarischen Aufnahmen. Nacktfotos? Ja Nacktfotos! Nicht, dass ich prüde wäre, aber was hat ein Selbstportrait eines über einen Stuhl pissenden Tillmans mit Kunst zu tun? Die nicht wenigen Bilder lauter nackter Menschen in unterschiedlichen Posen? Über die dokumentarischen Bilder der Serie "Black Lives Matter" könnte man diskutieren. Im Saaltext ist zu lesen, dass politisches Engagement seit den Anfängen für Tillmans eine wichtige Rolle spielt. Mag sein, das ist mir verborgen geblieben – leider…

Kaum vorstellbar wie die Ausstellung wirken würde hätte Theodora Vischer, Senior Curator der Fondation Beyeler nicht in enger Zusammenarbeit mit Tillmans die Ausstellung kuratiert. Die Fondation Beyeler: Ein Ort für alle Sinne – offen und lebendig, wie auf der Homepage zu lesen ist hat sich für mich dennoch bestätigt – der Garten ist wunderschön…

Der deutsche Fotograf und Künstler Wolfgang Tillmans (1968*) lebt und arbeitet seit 2007 in Berlin und London. Seine Arbeiten konnte er in zahlreichen Ausstellungen in Europa und den USA einem breiten Publikum vorstellen.

Miryam Abebe
THE SECRET GARDEN – SONJA MARIA SCHOBINGER | GALERIE 94
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Sonja Maria Schobinger schreibt über "The Secret Garden": Es sind Wahrnehmungen aus einer Zeit vor meinem Erinnern: Das Kind liegt in seinem Bett. Licht wird vom Schattenspiel des sich bewegenden Baumes, der Äste, der Blätter durch das Fenster getragen und wirft tanzende Flecken auf den Leinenvorhang. So wie das Kind nach der schemenhaften Erscheinung greift, wenn die Mutter sich ihm nähert, so wird es versuchen, die flirrenden Muster zu erfassen. Es sind die ersten Begegnungen mit der äusseren Welt. Das noch fast unbewusste Beobachten jener Lichtreflexe liegt meiner ganzen Arbeit zugrunde. Dieses archaische Erlebnis steht für mich im Zentrum meines Werks, das nach wie vor ein Versuch ist, Unfassbares zu berühren und sichtbar zu machen.

Die Bilder der Serie "The Secret Garden" zeigen wie sehr Sonja Maria Schobinger ihre Umgebung beobachtet und kleine Wunder sichtbar macht. Die Art und Weise der Präsentation in der Galerie 94 lässt die Besucherinnen und Besucher durch einen – geheimen - Garten gehen und in Gedanken einen Blumenstrauss pflücken. Die Bilder erzählen Geschichten von kleinen Geheimnissen und lassen erahnen wie sensibel und sorgfältig Sonja Maria Schobinger arbeitet…

Sascha Laue hat sich einen Traum erfüllt und im Obergeschoss des ehemaligen Spetitionsgebäude des Merker-Areals eine Kunstgalerie mit Schwergewicht zeitgenössischer und klassischer Fotografie geschaffen. Er präsentiert nationale und internationale Künstler und Künstlerinnen. Ich werde sicher noch öfters in der Galerie 94sein…

Die Ausstellung dauert noch bis zum 1. Juli 2017.

Miryam Abebe
Image Afrique | Cap Prize the contemporary african photography prize
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Ich habe mir einen Fotografie-Tag in Basel gemacht. Da ich nicht in einer langen Schlange warten wollte, habe ich mich entschieden zuerst in die Fondation Beyeler zu gehen. Davon aber ein anderes Mal, die Ausstellung von Wilhelm Tillmans dauert noch bis zum 1. Oktober 2017, also noch genügend Zeit hinzugehen… Nur noch bis Mitte Juni 2017 hat man auf dem Theaterplatz in Basel die Möglichkeit die Gewinner des CAP Prize 17 zu sehen. Die Bilder sind grossformatig in einer Freiluftausstellung zu sehen. Da könnte jeder denken: Muss ja so sein, in Afrika findet das Leben auch draussen statt… Eine solche Freiluftgalerie neben dem von Tinguely gestalteten Brunnen – wunderbar. Bin auch froh, habe ich genau diese Reihenfolge gewählt. Ich habe ein paar Perlen gefunden:

Emmanuelle Andrianjafy mit "Nothing's Vain" aus Antananarivo, Madagaskar, heute lebt sie in Dakar, Senegal. Leider hat sie keine Website, ich würde gerne mehr von ihr sehen. Für mich sind ihre Bilder sehr stark, weil sie kein Blatt vor den Mund nimmt oder besser gesagt, weil sie keinen Schleier vor die Linse hängt…

Girma Berta mit "Moving Shadows" aus Addis Abeba, Äthiopien. Natürlich muss ihr das gefallen, denkt wahrscheinlich jeder/jede der/die mich kennt. Nein, das ist nicht natürlich, denn dieser Mann ist Streetphotographer und stellt die Menschen einfach frei und setzt sie auf einen farbigen Blankohintergrund und das ist eigentlich nicht wirklich meins. Ich finde aber, dass er es raffiniert umsetzt – ich würde seine Bilder gerne mal gerahmt an einer Wand sehen…

Lebohang Kganye mit "Ke Lefa Laka" aus Johannesburg, Südafrika, auch sie hat keine Website - leider. Nach dem Tot ihrer Mutter hat sie mit diesem Projekt angefangen, weil sie ihr so sehr fehlte und sie Momente festhalten wollte. In "Ke Lefa Laka" hat sie Momente von Angehörigen der Familie aufgenommen – vielleicht hilft es sie in Erinnerung zu behalten.

Fethi Sahraoui mit "Escaping the Heatwave" aus Hassi R'Mel, Algerien, heute lebt er in Mascara, Algerien. Mit seiner Serie zeigt er wie junge Männer improvisieren einen abkühlenden Badeort zu haben, wenn sie zu weit weg vom Meer sind. In den Bildern sieht man wie abenteuerlich und risikoreich das ganze Unterfangen ist und selbstverständlich ist dieser Spass reine Männersache – Frauen sieht man nicht auf den Bildern…

Georges Senga mit "Cette Maison n'est pas à vendre et à vendre" aus Lulumbashi, Demokratische Republik Kongo. Seine Aufnahmen von Häusern und Räumen haben mich sehr berührt. Die Idee für diese Bildserie kam ihm während Diskussionen, ob ein Haus eines Verstorbenen nun verkauft werden soll oder nicht. Ein Haus kann Heimat sein, kann Belastung sein oder beides zugleich – Erinnerung ist es auf jeden Fall. Vielleicht haben mich die Bilder deshalb so berührt...

Die Ausstellung der Gewinner ist noch bis zum 17. Juni 2017 zu sehen. Mehr Informationen zum CAP Prize 2017.

Miryam Abebe
Traces - Tina Ruisinger | Scheidegger & Spiess
Bild: Tina Ruisinger

Bild: Tina Ruisinger

 

"Ein Mensch verschwindet, doch die Dinge gehen nicht mit ihm." Dieser Satz von Verena Lueken – weiss auf indigo – findet man, wenn man im Buch "Traces" von Tina Ruisingerblättert. Auch an der Buchpräsentation in der Buchhandlung "Never Stop Reading" konnte man ihn hören und vor allem sehen. Gleichzeitig zur Buchpräsentation gab es eine Vernissage der Bildserie "Traces". Bilder von Dingen von geliebten Menschen die nicht mehr sind.

Tina schreibt in ihrem Buch, dass sie Dinge fotografiert hat, die zurückbleiben, wenn ein Mensch stirbt, die Erinnerungen wachrufen und die Spuren der verlorenen Person tragen. Sie schreibt auch, dass "Traces" nicht nur von dem erzählt, was wir verlieren, sondern auch davon, was uns Kraft geben kann weiterzuleben.

Blättert man im Buch sieht man feinfühlig und sorgsam aufgenommene Bilder von Erinnerungsstücken an geliebte Menschen, die nicht mehr sind. Das eine Bild mit der Uhr erinnert mich an meine Grossmutter – auch ich habe irgendwo noch ihre Armbanduhr. Das mit dem Brief oder das mit den Pfeifen erinnert mich an meinen Vater…

Nicht nur die Bilder, sondern auch "Was Bleibt", bildbeschreibende Texte von Nadine Olonetzky haben mich auf eine Reise meiner Erinnerungen geschickt. Auch "Eine Spurensuche in Fotografie und Museologie", Texte von Petra Zudrell machen das Buch zu dem was es ist – ein wunderbares Buch über Dinge, die bleiben…

Natürlich habe ich mir das Buch gekauft und mir von Tina signieren lassen: "Auf die Welt der Bilder…"

Eine stimmige Buchpräsentation und Vernissage in einer Buchhandlung, die ich wohl noch des Öfteren besuchen werde…

Miryam Abebe