Miroslav Tichý | Photobastei
Zur Zeit hat man die Möglichkeit rund 140 Bilder aus der Sammlung Nikolai und Leah Kalischek und aus einer Schweizer Privatsammlung in der Photobastei zu sehen. Der Kurator Adi Hoesle nimmt einem mit auf den virtuellen Spaziergang Miroslav Tichýs in seiner Heimatstadt Kyiov. Mit selbstgebastelten Kameras machte Tichý beinahe täglich seine Runde durch die Stadt und fotografierte Frauen in Cafés, junge Mädchen beim Sonnenbaden oder ältere Frauen auf dem Markt.
Wenn man durch die Ausstellung geht, kann man sich die Frage stellen, ob Tichý ein Voyeur, ein Frauenheld oder doch nur ein Beobachter des Lebens war. Wird er zum Voyeur weil er Frauen mit tiefen Ausschnitten, Frauen in kurzen Röcken mit nackten Beinen, junge Mädchen beim Sonnenbaden, ältere Frauen auf dem Markt und in den Strassen fotografiert? Beim Betrachten der Bilder kann man ebenso auf den Gedanken kommen, dass er mit seinen Fotografien eine Hommage an die Frauen, an die Weiblichkeit erschaffen hat.
Miroslav Tichý (1926 – 2011) besuchte in den 1940er Jahren die Kunstakademie Prag und galt als talentierter Maler und Zeichner. Mit der Machtübernahme der Kommunisten veränderte sich sein Leben. Aufenthalte in psychiatrischen Einrichtungen und im Gefängnis machten ihn zum Aussenseiter. Nach dem Verlust seines Ateliers konzentrierte er sich auf Zeichnung und Fotografie. 2004 wurde sein Werk international berühmt, nachdem Harald Szeemann die Bilder an der Biennale in Sevilla zeigte. 2006 widmete ihm Tobia Bezzola eine Einzelausstellung im Kunsthaus Zürich. Danach folgten zahlreiche Ausstellungen auf der ganzen Welt. Bis zu seinem Tod lebte Tichý zurückgezogen in Kyiov.
Die Ausstellung in der Photobastei dauert noch bis zum 5. November 2017.
Veranstaltungen während der Ausstellung:
Führung durch die Ausstellung von Adi Hoesle (Künstler und Kurator der Ausstellung): Mittwoch, 11. Oktober 2017, 18.30 Uhr und Sonntag, 29. Oktober 2017, 15.00 Uhr
Filmvorführung: Miroslav Tichý | Worldstar (2007), mit anschliessender Diskussion in Anwesenheit von Regisseurin Nataša von Kopp, Mittwoch, 11. Oktober 2017, 20.00 Uhr
Im Gespräch mit Tobia Bezzola: "Gibt es Outsiderfotografie?", Sonntag, 29. Oktober, 16.30 Uhr