Photobastei | Zürich
1. November 2018
Karlheinz Weinberger oder die Ballade von Jim
Die Photobastei zeigt die bisher umfassendste Retrospektive zum Zürcher Fotografen Karlheinz Weinberger (10. Juni 1921 bis 10. Dezember 2006) und nach Vivian Maier, Arnold Odermatt und Miroslav Tichy (9/17) erneut eine fotografische Position, die erst verspätet zu ihrer Adelung durch die Kunstwelt kam.
Weinberger ist bekannt geworden für seine Portraits der Halbstarken in ihrer spektakulären Aufmachung. Doch sein Werk ist viel umfassender und facettenreicher. Die Zürcher Ausstellung zeigt deshalb sein gesamtes Werk, darunter Schlüsselwerke aus allen Perioden sowie noch unveröffentlichte Werkteile, die einen starken Bezug zu Zürich haben. Der kuratorische Ansatz folgt dabei einer erotischen Spur, die sich von den frühesten bis zu den letzten Bildern zieht und die das künstlerisch-fotografische und erotische Selbstverständnis Weinbergers sichtbar macht. Weinbergers lustvolle Männerporträts sind bildstarke, freigeistige und selbstbewusste Antworten auf eine grundlegende gesellschaftliche Problemstellung der Nachkriegszeit: Wie (und wo) kann ein schwuler Fotograf in einer noch weitgehend homophoben, auf jeden Fall heteronormativen Gesellschaft, Männer fotografieren, die ihm gefallen? In der legendären, in Zürich beheimateten, aber international ausstrahlenden Schwulenorganisation "Der Kreis" machte Weinberger unter dem Pseudonym "Jim" den Hoffotografen. Er dokumentierte die diversen Partys und Varieté-Abende und ihre Besucher, was ihn erklärtermassen aber nur mässig interessierte. Mit mehr Enthusiasmus steuerte er für das gleichnamige und an Abonnenten in der ganzen Welt verschickte Magazin des "Kreis" homoerotische Portraits bei.
Die Ausstellung wird von Patrik Schedler konzipiert, der seit dem Jahr 2000 das Werk und später den Nachlass von Karlheinz Weinberger sicherte, sichtete und erschloss.
Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Galerie Woerdehoff in Paris.
Text Photobastei