Galerie Bene Taschen | Köln
7. März - 18. Juli 2020
Gold
Sebastião Saldago
“Die riesige Goldmine, Serra Pelada, lag direkt vor mir. Als ich am Rande dieses riesigen Lochs ankam, standen mir die Haare zu Berge. Ich hatte noch nie eine solche Situation erlebt. In Bruchteilen von Sekunden sah ich die Geschichte der Menschheit vor mir – der Bau der Pyramiden, der Turm zu Babel, die Minen des Königs Salomon. Nicht eine einzige Maschine war zu hören. Alles, was man vernahm, war das Gemurmel von 50.000 Menschen in einem großen Loch...”
Sebastião Salgado
Die Galerie Bene Taschen präsentiert erstmalig in Deutschland eine Einzelausstellung, die aus Sebastião Salgados eindringlichen wie unvergesslichen Zyklus “Gold” (1986) kuratiert worden ist. Eine Show voller archaischer Kraft und Dichte, voll grausamer Poesie und brutaler Realität.
In den Bildern, die Salgado in und angesichts dieser Situation machte, offenbart sich alles dicht gedrängt an diesem Abgrund: Gier, Tod, Verrat, Arbeit und Verzweiflung - eine Ansammlung an Werten und Worten, die nicht nur die westliche Gesellschaft widerspiegeln, sondern auch exemplarisch sind für die besonderen Verhältnisse in Brasilien, insbesondere mit Bezug auf den Umgang mit der Natur und der arbeitenden Klasse.
Die Arbeiter der Goldmine von Serra Pelada überleben auf den Bildern Salgados, während sie ansonsten vergessen wären. Wie auch in seinen anderen bekannten Werkgruppen wie “Exodus” und „Genesis“ hat sich Salgado in diesem Zyklus dem Bannen von Erinnerungen, dem Festhalten von Gedenken sowie dem Entgegenwirken von Vergessen verschrieben.
“Er malt mit Licht”, sagte einst Wim Wenders, und versuche, wie ein klassischer Historienmaler allem in hohem Masse gerecht zu werden. Jeder versteht diese Bilder, ahnt aber auch, dass es dabei immer um mehr geht. Tod und Schönheit liegen in dieser Mise en abyme oftmals so nahe beieinander, dass es den Betrachter zuweilen erschrecken mag.
Die Tiefe der Bilder ist Salgados Geschick zu verdanken, die Dinge an ihrem Platz zu lassen, ihnen nicht ihre Anmut zu nehmen. Fast nimmt der Betrachter selbst und psychisch an der Gier, dem Goldrausch der Arbeiter teil. Es werden keine Heldengeschichten erzählt wie in einer Disney-artigen Landschaft, sondern es geht direkt und tief ins Mark und um die zentralen Fragen der Menschheit.
Durch seine serielle Arbeit gewährt Salgado, der Journalist und Ökonom, einen tiefen Einblick in sein Schaffen; immer wieder erscheint ein neues Bild, um dem Phänomen Serra Pelada auf die Spur zu kommen - wenn es darum geht, einmal mit der Kamera näher heranzugehen und die Konflikte der Arbeiter aufscheinen zu lassen. Dabei sollte man jedoch bei allem fotografischen Können Salgados nicht vergessen, dass es sich dabei um ganz reale Personen und ihre Geschichten handelt. Salgado wird später einige davon erzählen, in Interviews, im Film von Wim Wenders und in seiner Autobiographie.
Die Ausstellung „Gold“ war vom 13. September – 17. November 2019 in dem Stockholmer Museum Fotografiska zu sehen. Parallel ist die gleichnamige Publikation „GOLD“ im TASCHEN Verlag erschienen.
(Text: Nadine Dinter, Berlin)