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Ausstellung | CHINARCHY - Martina Strul | Photobastei | Zürich


  • Photobastei Sihlquai 125 8005 Zürich Schweiz (Karte)

Photobastei | Zürich
11. Januar - 3. März 2019

CHINARCHY
Martina Strul


CHINARCHY SUBS | Martina Strul

CHINARCHY SUBS | Martina Strul


CHINARCHY ist eine Rückblende auf den chinesischen Untergrund der Jahre 2004-2008. Im Fokus stehen Punks, die sich der hemmungslosen Goldgräberstimmung im eigenen Land komplett verweigern und Copy-CDs von westlichen Bands am Schwarzmarkt wie kostbare Juwelen handeln.

Die Journalistin und Fotografin Martina Strul staunte nicht schlecht, als sie auf ihrer ersten Chinareise 2004 anstatt die erhoffte Kung-Fu-Seligkeit zu finden, im chinesischen Untergrund landete, weil sie sich Hals über Kopf in einen Schanghaier Punk verliebt hatte. Damals hatte die Zürcherin noch keine Ahnung davon, dass sie diese Begegnung in eine tiefschürfende Lebenskrise stürzen könnte und ihr Weltbild von Grund auf zerstören würde. Durch die rosarote Brille hindurch war da anfangs vor allem ein neues Universum an Inspiration und Neugier im Zentrum dieser unfassbaren Liebe zu Superman. Einem ehemaligen Grafiker, der seinen Job an den Nagel hing, um als Punk die Musikwelt zu erobern.

In ihrem Fotobuch SHANGHIGH – LOVE HATE PUNK offenbart Martina Strul ihren persönlichen Blick auf diese Amour Fou. In Wort und Bild zeigt sie den Verlauf einer unmöglichen Liebe, die im Fadenkreuz von gegenseitigem Missverständnis und einer unüberwindbaren Hoffnungslosigkeit keine Überlebenschance hatte. Das Buch erschien 2016 im OFFIZIN Verlag, Zürich und landete auf der Shortlist des Graphic Design Awards Essence. Mit der Ausstellung CHINARCHY in der Photobastei entführt Martina Strul den Betrachter über die Grenzen Schanghais hinaus auf eine abenteuerliche Reise durch den chinesischen Untergrund in Peking, Nanjing und Wuhan. 

Um die chinesische Punkbewegung überhaupt ein wenig verstehen zu können, muss man die Zeitrechnung bis in die 80er-Jahre zurückspulen, als sich in China erste Rock- und Metal-Bands formierten. Spätestens als Cui Jians Song Nothing to my Name zur Protesthymne der Studentenbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens avancierte, war der Durchbruch des Rock’n’Rolls sogar in China für einen Augenblick massentauglich. Mit der brutalen Niederschlagung des Studentenstreiks in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 1989 begann für den Vater des chinesischen Rock’n’Rolls ein Katz- und Maus-Spiel mit der Regierung. Erst verbot sie die Auftritte des Sängers ganz, später wurden diese zensiert erlaubt. Mit Cui Jian sahen sich Künstler aller Art dahin zurückgedrängt, wo sie herkamen: In die Löcher des chinesischen Untergrunds. 

Erst als Nirvanas Nevermind Anfang der 90er-Jahre den chinesischen Schwarzmarkt erreichte und die tragische Geschichte um den Selbstmord von Kurt Cobain den Nerv der Pekinger Jugendlichen traf, war Punk in China nicht mehr zu bremsen. 1997 etablierte sich der Untergrundclub Scream im Nordwesten der Hauptstadt als Bühne für Sinopunkbands der ersten Stunde. Die vier Bands Brain Failure, 69, A Jerks und Reflector schlossen sich zum Wuliao Contingent zusammen – eine Verschwörung gegen die Langweile – und ebneten mit der Verbreitung des gleichnamigen Samplers den Weg für Punkszenen in anderen Provinzen des Landes.