sad sells – Milky Diamond | Tart
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Zur Zeit ist eine Videoinstallation des jungen Performance- und Videokünstlers Milky Diamond im Tart zu sehen. Diamond nützt die Ausstellung "sad sells" den Verlust eines geliebten Menschen auf eindrückliche Weise zu verarbeiten.

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My bed still smells like you. And all my short Films say we’re still young. I pretend I‘m not hurt. And lie to the world, claiming I still have fun.

Als ich mich verliebt hatte, wusste ich noch nicht, wie lange und schwer der Weg sein wird, um diese Person wieder gehen zu lassen.

CRUEL WORLD
Den Weg durchs Fegefeuer, auf dem ich weder Himmel noch Hölle gefunden habe.

DREAMING AWAY YOUR LIFE
Mein wahnhaftes Festhalten an Erinnerungen, an Momenten, an uns.

FAVORITE GIRL
Meine Gabe im eigenen Selbstmitleid zu ertrinken und es unglaublich zu geniessen.

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ROSEGARDEN DREAMS
Das Realisieren und Akzeptieren des Schmerzes und Erlösung darin zu finden.

Und weil das Akzeptieren, das Los lassen, die Selbstheilung das Schwierigste für mich war…
(Milky Diamond)

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Der in Alufolie verkleidete Raum verstärkt das bedrückende Gefühl mitten im Gesehen zu sein. Erinnerungen an selbst erlebte Trauer, Verluste, emotionale Abhängigkeiten, Drogenkonsum oder gar Selbstverletzungen werden geweckt und wieder erlebt – Gänsehaut pur. Die ästhetischen Bilder untermalt mit Lana del Rays "cruel world" fesseln und beklemmen auf emotionale Art und Weise. Die Bilder täuschen einem den Geruch von hochprozentigem Alkohol, Zigarettenrauch und anderen Düften in verrauchten Discos und Darkrooms vor…

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Milky Diamond ist 1993 geboren. 2017 hat er den Abschluss in bildender Kunst an der F+F Schule für Kunst und Design in Zürich gemacht. Immer wieder beschäftigt er sich mit den Themen Identität, Verlust und Trauer. Diamond ist als Video Artist und Nightlife Personality unterwegs.

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Die Videoinstallation ist noch bis zum 20. Januar 2018 im Tart zu sehen.

Miryam Abebe
Terrains of the Body – Jim Lee | Kate Vass Galerie
Bikini | Beachy Head | 1969

Bikini | Beachy Head | 1969

 

In der Kate Vass Galerie hat man zur Zeit die Gelegenheit Arbeiten aus den 60igern und 70igern des britischen Fotografen und Filmregisseurs Jim Lee in Kombination mit Skulpturen von Lars Zech zu sehen.

Willy | Midget | 1968 und Baader Meinhof | 1969

Willy | Midget | 1968 und Baader Meinhof | 1969

 

Mit dieser Retrospektive über Jim Lee hat sich das Team der Kate Vass Galerie viel vorgenommen und macht die Besucher neugierig auf die kommenden Ausstellungen. Es ist zu hoffen, dass die Galerie ihren Weg findet und lange bestehen bleibt. Ein Besuch in der Galerie, die in einem modernen Wohnhaus untergebracht ist lohnt sich auf jeden Fall.

Chimney Pot | Beacht | 1975, Ossie Clark | Vietnam | 1969 und Divers | Rom | 1976

Chimney Pot | Beacht | 1975, Ossie Clark | Vietnam | 1969 und Divers | Rom | 1976

 

Jim Lee (1945*) ist in London geboren. 1962 wanderte Lee nach Australien aus wo er vom niederländischen Fotografen Jon van Gaalen mit Kost und Logis für seine Hilfe bei der Entwicklung von Negativen versorgt wurde. Dies weckte sein Interesse an der Fotografie. Bald darauf begann er als freiberuflicher Fotograf zu arbeiten. Seine Tätigkeit als Modefotograf führte ihn nach Paris und New York. Stil und Themen von Lee werden als englische Antwort auf Guy Bourdin beschrieben, mit Einflüssen von Helmut Newton. Er arbeitete für verschiedene Magazine und seine Arbeiten werden in zahlreichen Galerien ausgestellt.

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Principe | 1977

Principe | 1977

 

Lars Zech (1971*) ist in Stuttgart geboren und lebt und arbeitet seit 1995 im Schwarzwald.

Feather | Snatch | 2002 und Feather | Satisfied | 2002

Feather | Snatch | 2002 und Feather | Satisfied | 2002

 

Die Ausstellung in der Kate Vass Galerie in Zürich mit Arbeiten von Jim Lee dauert bis zum 20. Januar 2018.

Miryam Abebe
Sneak Peek – Brigitte Lustenberger | Galerie Christophe Guye
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Im Showroom der Galerie Christophe Guye sind zur Zeit Insekten- und Pflanzenbilder von Brigitte Lustenberger zu sehen. Ihre neuste Arbeit "This sens of wonder" ist eine Weiterentwicklung einer analogen Multimedia Installation an der Schnittstelle zwischen Fotografie, Lichtbild, Projektion, Fotogramm und Dia.

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Brigitte Lustenberger schreibt: "Das Flackern zwischen Leben und Tod kann keine Kamera einfangen, dafür jedoch die Zeit davor und danach, die Zeit des Alterns und des Zerfalls. Meine Arbeiten entstehen aus einem Innehalten, aus dem Beobachten des Vergehens, dem Schwelgen in der Schönheit des Dahinschwindenden und der Zersetzung. Ich staune über die Wunder und Schrecken des Todes und seiner Überreste, über die Anmut der Vergänglichkeit des Seins, bin aber gleichzeitig verunsichert beim Gedanken an den Tod. Gefühle wie Leidenschaft, Faszination, Angst oder gar Abscheu liegen nah beieinander. Ich erschaffe mit meinen Installationen ein Barockes und zugleich sehr zeitgenössisches Universum."

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Die Kombination der Insektenteile und der bald blühenden und verblühten Blumen zeigt dem Besucher auf eine faszinierende Art und Weise die Vergänglichkeit des Lebens. Die filigranen Insektenteile werden durch hellstes Licht von alten Diaprojektoren zu fragilen und schier abstrakten Projektionen. Gleichzeitig macht Lustenberger mit grossen, fotografischen Abzügen Insektenkörperteile sichtbar. Parallel dazu sind Blumen zu sehen, deren Knospen sich langsam öffnen, die Schönheit ihrer Samenstände präsentieren und andere, die Verletzlichkeit der Vergänglichkeit zeigen.

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Brigitte Lustenberger (1969*) lebt und arbeitet in Bern und New York. Sie studierte Sozial-, Wahrnehmungs- und Fotogeschichte an der Universität Zürich. In New York besuchte sie Weiterbildungen am International Center of Photography und machte den Master in "Fine Art Photography and Related Media" an der Parsons The New School of Design. Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgestellt (Musée de l'Elysée in Lausanne anderen) und ausgezeichnet (Prix de Photoforum PasquArt, Fotopreis Kanton Bern und anderen).

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Die Ausstellung im Showroom in der Galerie Christophe Guye ist noch bis 20. Januar 2018 zu sehen.

Miryam Abebe
Letzte Front – Andrea Rocchelli | Photobastei
"Fino a qui"

"Fino a qui"

 

Zur Zeit ist eine Hommage an den italienischen Fotografen Andrea Rocchelli zu sehen. In der Ausstellung sind Bilder von Menschen und Orten in Italien, Russland und der Ukraine zu sehen.

Ich habe die Ausstellung mit einem Bekannten besucht, der die Räume der Photobastei kennen lernen wollte. Die Bilder haben ihn nicht angesprochen, mich aber haben sie auf eine spezielle Art und Weise berührt – gerade jetzt während der Adventszeit. Krieg macht während der Weihnachtszeit keine Pause auch das Leid von Menschen wird kaum weniger. Deshalb braucht es unerschrockene Fotojournalisten wie Andrea Rocchelli.

"I wanna be a showgirl"

"I wanna be a showgirl"

 

 "I wanna be a showgirl" – dies denkt oft ein junges Mädchen, das gerne schöne Kleider und Glitzer haben möchte. Rochelli zeigt mit diesen Bildern eine andere Seite der Modewelt. Er zeigt die Kommerzialisierung der weiblichen Identität in den zahlreichen Schönheitswettbewerben in Italien auf. Er dokumentiert hinter den Kulissen die kaum geschützte Intimität der jungen Frauen.

"Russian interiors"

"Russian interiors"

 

Um sich während seiner Reisen finanziell über Wasser halten, arbeitete er in Russland als eine Art "Hausfotograf" und portraitierte Frauen vor dem Hintergrund häuslicher Kulissen. Aus dieser Arbeit entstand das Buch "Russian interiors". Diese Bilder wurden mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet.

"Fino a qui"

"Fino a qui"

 

"Fino a qui" ein Kollektivprojekt der Fotoagentur Cesura, deren Co-Gründer Andrea Rocchelli war, zeigt die Migrationsmisere in Kalabrien.

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Auf eine unangenehme Art fesselt einen die Nahaufnahme eines Schützengrabens in Sloviansk, besonders wenn man sich bewusst wird, dass er kurz darauf mit seinem Übersetzer Andrej Mironow durch einen Mörserbeschuss getötet wurde.

Andrea Rocchelli (27. September 1983 – 24. Mai 2014) war freier Fotojournalist und Co-Gründer der Fotoagentur Cesura in Pianello im Val Tidone in der Nähe von Piacenza.

Die von Klaus Miklós Rózsa kuratierte Ausstellung ist noch bis zum 13. Januar 2018 in der Photobastei im 3. Stock zu sehen.

Miryam Abebe
Streetlife – NY/LA 1977 – 1985 – Willy Spiller | Bildhalle
Déjà Vu Topless, Main Street, Los Angeles, 1981 | Dancers, Studio 54, New York, 1979

Déjà Vu Topless, Main Street, Los Angeles, 1981 | Dancers, Studio 54, New York, 1979

 

"Willy Spiller ist einer der bedeutenden lebenden Schweizer Fotografen. Durchaus und rundum ein Mann des métiers, zeigt er, dass Fotografie oft tiefer schürft, wenn sie die Oberfläche ernst nimmt und dass Grandioses manchmal auch aus Bescheidenheit entsteht. Spiller ist ein Fotograf der Menschen und ihrer Geschichten, seine Bilder entziffern die comédie humaine, immer findet er Imposantes im Unscheinbaren, sieht die Tragik im Lächerlichen, aber auch den Humor im Deprimierenden und die Eleganz im Geschmacklosen. Unverfroren, aber immer respektvoll, unsentimental, aber gefühlvoll, führen uns seine Fotografien durch unsere Gegenwart, und ohne weit auszuholen, ohne große Gesten malen sie ein funkelndes Bild menschlicher Leistungen, Leidenschaften und Ambitionen." (Tobia Bezzola)

Mural Car Park, Santa Monica, 1981 | Hollywood Boulevard, Los Angeles, 1980 | Sierra Highway, Los Angeles, 1982

Mural Car Park, Santa Monica, 1981 | Hollywood Boulevard, Los Angeles, 1980 | Sierra Highway, Los Angeles, 1982

 

"Ich habe mich oft gefragt, was Willy Spillers Fotografie so unverblümt und lebensfrisch, so packend erscheinen lässt, noch aus langjährigem Abstand. Ich glaube, es ist ein Gemisch aus schamloser Neugier und schurkischer Komplizität, aber auch brüderlicher Kompassion. Spiller ist der Inbegriff des Kopfjägers, will sagen, er ist der menschlichen Komödie oder besser Tragikkomödie auf der Spur, immer von der Frage geleitet, wie sie es bloss schaffen, sich durchzumogeln und durchzubeissen durch den Jahrmarkt des Lebens (das Jammertal), die Kleinen und Grossen, die Blender und Dulder, die Opfer, die Stars mit den falschen Zähnen, die LEUTE. Ja, wie schaffen sie es nur, und wie bringt er es fertig, ihnen das Lächeln zu entlocken, das Funkeln von Mut und Übermut, von Schönheit, wenn nicht den Glanz? Man muss es in sich haben, man muss es kennen aus eigener Erfahrung und aus den Lehren der Literatur und Kunst. Das kann man an keiner Schule lernen, es ist eine Sache des Formats, der Veranlagung, letztlich eine Charaktersache. Willy Spiller ist ein hinter Haudegen- und Ganovenallüren versteckter Lebensträumer, auch Schönheitshungriger; von da seine Parteinahme für das Humane, was nur ein verschämter Deckmantel ist für Menschenliebe. Das ist seine Optik, und sie ist von hochentwickelten künstlerischen Energien befeuert." (Paul Nizon)

Cindy in the Pool, Los Angeles, 1981 | Used Car Sale, Pasadena, Los Angeles, 1981 | Car Rodeo, Burbank, Los Angeles, 1984 | Night Cruiser in Manhatten, New York, 1983

Cindy in the Pool, Los Angeles, 1981 | Used Car Sale, Pasadena, Los Angeles, 1981 | Car Rodeo, Burbank, Los Angeles, 1984 | Night Cruiser in Manhatten, New York, 1983

 

Treffender als Tobia Bezzola oder Paul Nizon kann man die Arbeiten von Willy Spiller nicht in Worte fassen. Es besteht auch keine Notwendigkeit – die Bilder sprechen für sich. Spiller sagt, dass er als Fotograf versuche das grosse Theater des Lebens zu erforschen – als teilnehmender Beobachter das Geschehen so darzustellen, des für andere unmittelbar erlebbar werde. Und vielleicht entdecke er dabei sogar ein Geheimnis.

Gleason's Gym, New York, 1979 | Leroy in Harlem, New York, 1984 | Déjà Vu Topless, Main Street, Los Angeles, 1981

Gleason's Gym, New York, 1979 | Leroy in Harlem, New York, 1984 | Déjà Vu Topless, Main Street, Los Angeles, 1981

 

Willy Spiller (1947*) lebt und arbeitet in Zürich. 1968 schloss er das Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst (ZHdK) ab. Seit 45 Jahren arbeitet er als Bildjournalist und freischaffender Fotograf im Auftrag von weltweit führenden Zeitungen, Magazinen und Agenturen. Seine Arbeiten wurden mehrfach in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt.

5600 West  Hollywood Boulevard, 1981 | Venice, Los Angeles, 1979

5600 West  Hollywood Boulevard, 1981 | Venice, Los Angeles, 1979

 

Bis am 27. Januar 2018 kann man in die Strassen New Yorks und L.A.s in der Bildhalle eintauchen.

Miryam Abebe
les fleurs de l'art | Never Stop Reading
Désirée Good

Désirée Good

 

Für Bücher- und Kunstvernarrte gibt es bekanntlich seit April 2017 einen neuen Ort zum Verweilen – die Buchhandlung Never Stop Reading an der Spiegelgasse 18 in Zürich. Nebst Buchvernissagen gibt es auch immer mal wieder Fotografien zu sehen. Zur Zeit bringt uns Never Stop Reading zwischen Bücherregalen die Blütenpracht und die Wärme des Frühlings zurück.

News | Thomas Flechtner

News | Thomas Flechtner

 

Bilder aus der Serie "News" von Thomas Flechtner zeigen wie sich die Natur ihren Raum zurück erobert oder wie schnell Gras über etwas wächst und in Vergessenheit gerät. Flechtner hat Samen über Zeitungen gestreut, mit Wasser bespritzt und abgewartet was passiert. Thomas Flechtner (1961*) in Winterthur geboren. Heute lebet und arbeitet er in Valliere (F) und Zürich. Seine Arbeiten wurden mehrfach in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt.

Dandelion | Corina Flühmann

Dandelion | Corina Flühmann

 

Mit Dandelion, besser bekannt als gemeiner Löwenzahn macht Corina Flühmann den Moment vor Flüchtigkeit einer Blüte sichtbar. Ein kleiner Windstoss oder das Pusten eines Kindes lassen die Samenschirme des Löwenzahns in alle Richtungen zerstreuen und vorbei ist es mit dem filigranen Ball. Corina Flühmann (1963*) lebt und arbeitet in Zürich. Seit 2005 ist sie freischaffende Fotografin.

"flashtulips" und "mimosa" | Désirée Good

"flashtulips" und "mimosa" | Désirée Good

 

Désirée Good bringt nicht nur den Frühling in den Raum sondern versprüht Mimosenduft. Sie nützt die Sensibilität für Licht und macht Unscheinbares sichtbar – oder riechbar wie der süsse Mimosenduft. Désirée Good lebt und arbeitet in Zürich. Sie ist Mitglied der 13 Photo AG.

Tanz der Tulpen | Anna Halm Schudel

Tanz der Tulpen | Anna Halm Schudel

 

Im Tanz der Tulpen macht Anna Halm Schudel die Fragilität und Vergänglichkeit der Tulpen sichtbar. Anna Halm Schudel (1945*) hat die Ausbildung zur Fotografin an der Kunstgewerbeschule Vevey und dem Collage of Art and Design in Birmingham gemacht. Anschliessend war sie während fünf Jahren Assistentin beim Zürcher Fotografen  René Groebli.

Blumen der Nacht | Cécile Wick

Blumen der Nacht | Cécile Wick

 

Auch in der Serie "Blumen der Nacht" sind die ersten Frühlingsboten zu sehen. Mit den Blüten des Winterschneeballs beginnt oder endet das Blütenjahr. Cécile Wick (1954*) in Muri aufgewachsen, lebt und arbeitet heute in Zürich. Fotografin und Professorin für Fotografie an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt.

Die Blütenpracht im Never Stop Reading kann man noch bis zu Weihnachten 2017 sehen.

Miryam Abebe
Grande Dame der Aktfotografie – Karin Székessy | Photobastei
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In der Photobastei kann man zur Zeit einen umfassenden Querschnitt der Arbeiten von Karin Székessy sehen. All ihre Bilder, seien es Landschaften, Stillleben, Portraits und besonders ihre Akte strahlen eine enorme Sinnlichkeit und Erotik aus. Sie ziehen den Betrachter und die Betrachterin in ihren Bann.

Über Puppen ist Karin Székessy zur Aktfotografie gekommen. Im Gespräch erzählt sie, dass sie früher nie Puppen hatte und sich später dann welche gekauft hat. Sie habe sie zerlegt und neu zusammengesetzt – immer wieder. Dann sie der Moment gekommen, in dem sie nicht mehr mit Puppen arbeiten wollte und fand, dass sie dies mit Menschen machen möchte. Vor meinem inneren Auge habe ich mir vorgestellt wie sie Menschen zerlegt und neu zusammensetzt… Natürlich hat sie die Menschen, die Frauen oder die Mädchen - wie sie sagt - nicht zerlegt. Sie hat sie im besten Licht fotografiert und ihre Schönheit hervorgehoben. Ihre Cousine war ihr erstes Model, mit dem sie die ersten Schritte im Bereich der Aktfotografie gemacht hat. Székessy arbeitet 5 – 6 Jahre mit einem Model und betont immer wieder wie wichtig die Beziehung zwischen ihr und ihrem Gegenüber ist. Im Gespräch erwähnt sie auch immer wieder, dass sie die Mädchen nicht vergewaltigen will und deshalb die Zeit braucht, um Ängste zu überwinden – besonders die Angst vor sich selbst.

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Mit ihren neusten Aktbildern wollte/will sie sich von der Aktfotografie entfernen und versucht sich mit neuen Techniken aus – zum Beispiel der Dreifachbelichtung. Auf die Frage wie denn Dreifachbelichtung funktioniere, antwortet sie schmunzelnd und meint nur: "Versuchen sie's. Es braucht eine ruhige Hand und auch das Model sollte ruhig sein." Klar ist nur; es ist Digitalfotografie - alles andere bleibt für die meisten ein Rätsel. 1999 hat Karin Székessy von analoger auf digitale Fotografie umgestellt. Der Umstieg war für sie anstrengend und herausfordernd. Sie war in der Analogfotografie zunehmend unzufrieden, weil sie Stunden in der Dunkelkammer verbracht hat und sich vieles verändert hat: die Auswahl der Papier, der Filme und der Chemikalien wurde immer kleiner. Über die heutigen Möglichkeiten in der Digitalfotografie freut sie sich. Auch die Polaroids hat sie nicht ausgelassen. Dabei entstand eine sinnliche Serie von scheinbar zufälligen Aufnahmen und doch wundervoll komponierten Bildern.

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Karin Székessy (1938*) ist in Essen geboren. Heute lebt und arbeitet sie in Hamburg und Südfrankreich. Zwischen 1957 und 1959 hat sie am Institut für Bildjournalismus in München Fotografie studiert. In den Jahren von 1960 – 1966 arbeitete sie als Reportagefotografin für die Zeitschrift Kristall, 1962 – 1967 war sie Mitglied in der Werkgruppe Zeitgenossen. 1967 – 1969 hatte sie eine Lehrtätigkeit an der Werkkunstschule Hamburg inne.

Die von Ferit Kuyas kuratierte Ausstellung in der Photobastei dauert noch bis zum 14. Januar 2017.

Miryam Abebe
Im Schatten der Linie – Jeanloup Sieff | Galerie 36 | Berlin
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In der Galerie 36 in Berlin kann man zur Zeit einen Blick auf das umfassende Werk des französischen Fotografen Jeanloup Sieff werfen. "Im Schatten der Linie" zeigt die Virtuosität des Franzosen, der mit seinen Landschafts-, Mode- und Aktbildern zu den wichtigsten Fotografen der Geschichte gehört.

"Vergnügen an verrücktem Licht, das Vergnügen, Formen sichtbar zu machen, Räume und Begegnungen zu komponieren" – mit diesen Worten beschreibt Sieff seine Herangehensweise, die zu seinem Markenzeichen wurde. Die Ausstellung "Im Schatten der Linie" bündelt seine Freude am Fotografieren, seine ungewöhnliche und oft auch humorvolle Bildsprache und zeigt eine Auswahl von Landschaften, die zum Träumen einladen und Akte voller Poesie.

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"Eine Landschaft zu fotografieren ersetzt weder die Gerüche des Windes noch die körperliche Lust, Teil eines Ortes zu sein; es ist vielmehr die formale oder auch gefühlsmässige Befriedigung, diesen Ort zu rekonstruieren, und zwar so, wie ich ihn empfinde, und zugleich anders durch die Komposition, in die ich ihn einfüge, und durch meine Wahl des Augenblicks."

"In dieser Welt des Gesteins und der Felsen hat sich der Wind Sandhügel geschaffen und sie mit den bizarrsten Mustern versehen. Sie erinnern an Hirnwindungen, die der Wind zum Leben erweckt. Man fühlt sich um Jahrmillionen zurück versetzt, als die Erde noch im Entstehen war."

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"Ich glaube nicht an Gott, doch die Frauen und die Bäume sind der Beweis seiner Existenz. Eine fotografische Abbildung kann niemals das Gefühl getreu wiedergeben, das zu ihrer Entstehung geführt hat."

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Jeanloup Sieff (30.11.1933 – 20.09.2000) wurde als Kind polnischer Einwanderer in Paris geboren. Er studierte Literatur, Journalismus und Fotografie an der Vaugirard Photographic School in Paris und der CEPV in Vevey. Danach begann er als Freelance Journalist in Paris zu arbeiten. 1955 – 1958 war er als Reportage- und Modefotograf für "Elle" tätig. Während Reportagen in Griechenland, der Türkei und Polen war er kurze Zeit Mitglied von "Magnum". Danach arbeitete er als Freelancer für "Harper's Bazaar", "Glamour", "Esquire", "Look", "Vogue" und anderen Magazinen in den USA und Europa. Er wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderen mit dem "Prix Niépce", dem Grand prix national de la Photographie, dem Chevalier de la Légion d'honneur ausgezeichnet.

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Noch bis 16. Dezember können sie sich in der Galerie 36 in Berlin von den Landschafts- und Aktbildern verzaubern lassen.

Miryam Abebe
Maschinenzeit – Jakob Tuggener | Fotostiftung Schweiz
Kunstseide, Steckborn, 1938| Drehhaspel, Weberei Gebr. Näf, Affoltern am Albis, um 1945

Kunstseide, Steckborn, 1938| Drehhaspel, Weberei Gebr. Näf, Affoltern am Albis, um 1945

 

Zur Zeit ist in der Fotostiftung Schweiz ein Stück Schweizer Industriegeschichte zu sehen. "Maschinenzeit" zeigt Bilder des Zürcher Fotografen Jakob Tuggener.

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Der bei der Firma Maag Zahnräder AG in Zürich zum Maschinenzeichner ausgebildete Jakob Tuggener kannte die Welt der Fabriken wie kaum ein anderer Fotograf. Durch Gustav Maag, Werkfotograf der gleichnamigen Zahnräder Firma wurde er in die Fotografie eingeführt. Als Folge der Wirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahr wurde er entlassen, worauf er sich seinen seit Kindertagen gehegten Traum Künstler zu werden erfüllte. Während des Studiums an der Reimann-Schule in Berlin befasste er sich während knapp eines Jahres intensiv mit Plakatgestaltung, Typografie und Film. Er liess sich mit seiner Fotokamera von der Dynamik der Grossstadt mitreissen.

Maschinenfabrik Oerlikon, 1934

Maschinenfabrik Oerlikon, 1934

Granaten, Oerlikon-Bührle, Zürich, 1943

Granaten, Oerlikon-Bührle, Zürich, 1943

 

Nach seiner Rückkehr arbeitete er als freier Mitarbeiter für die Maschinenfabrik Oerlikon und war vor allem für deren Hauszeitung zuständig. Er wurde mit der Aufgabe betraut eine Art Innensicht des Betriebes zu erarbeiten. Mit seinen Fotografien zeichnete er nicht nur ein Bild der Werkhallen und der produzierten Waren wie den Granathülsen und andern Dingen, sondern auch der Arbeiter und Ingenieure.

Autorennen auf dem Bremgartenring, Bern

Autorennen auf dem Bremgartenring, Bern

Autorennen auf dem Bremgartenring, Bern

Autorennen auf dem Bremgartenring, Bern

 

Während den Autorennen auf dem Bremgartenring fotografierte er nicht die Boliden, sondern Szenen am Rande. 1934 schrieb er in einem Brief an Marie Gassler: "Nun das Rennen. Einer meiner Bilder nenne ich "Reiter der Apokalypse". Die Idee kam mir plötzlich und ist grossartig. Ich ging zum Pfarrer. Leider gibt es keinen Bibeltext, den ich meinen Fotovisionen hätte zugrunde legen können, aber ich finde noch einen anderen Titel, der die Grösse unseres Jahrhunderts bezeichnen könnte. Ich habe eine merkwürdige Wendung genommen. Plötzlich sehe ich den Sport als den Träger unserer Zeit. Das Dynamische, das Tempo ist das Wesen der Gegenwart. Wie habe ich Freude, ihr Künder zu sein. Sie hätten erleben sollen, wie die ungeheuer dahergerast kamen, ein Pfeil, ein Singen und Donnern, oh, es war überwältigend – kalt hat es über mein Herz gerieselt. Die Technik in grandiosester Poesie. Heroisch ist solch ein Sport, hinreissend und todesnah. Das war ein Tag, dessen Eindruck ich nicht vergesse. Ich sah auch die Tragik des Herzens. Ich wollte eine Frau fotografieren, wie sie von ihrem Mann, dem Rennfahrer, Abschied nahm. Das war so rührend, eine grosse Filmszene, aber ich hatte Hemmungen, es zu fotografieren. Nachher sah ich diese Frau wieder. Sie hatte ihr Gesicht in den Händen vergraben. Ihr Mann war tot – fünf Runden von dem Ziel verlor er ein Rad, der Wagen raste in eine Tanne, die er glatt wegrasierte, überschlug sich, fällte eine zweite Tanne und war eine Trümmerhaufen. Die Tanne erschlug einen Zuschauer und verletzte einen 2ten. Alle diese Eindrücke waren tief, grossartig die Technik und erschütternd das Leid."

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1943 schrieb er an die Dampfbootgesellschaft Zürichsee: "In unseren Maschinenfabriken habe ich die künstlerischen Industriefotos gemacht, doch bin ich auch nach vielen hunderten von Bildern immer noch auf der Suche nach der Maschine. Einzig die Lokomotive und die Dampf- oder Kolbenmaschinen erfüllen unsere Vorstellung, nur sie sind "Maschinen". Darum lasset mich hinabstiegen zu den Rädern und Pleuelstangen, damit Einer noch kommt, der ein Bild von ihrem Leben gemacht hat. Die Geschichte ist armselig an Illustrationen unseres technischen Zeitalters. Ich an meiner Stelle möchte die Ahnenreihe der ganz wenigen Künstler fortsetzen, welche der Geschichte der Technik durch ihre Bilder gedient haben."

Werkzeugmaschinenfabrik Tornos, Moutier, 1942

Werkzeugmaschinenfabrik Tornos, Moutier, 1942

 

Jakob Tuggener (1904 – 1988) wuchs in Zürich auf und arbeitete als Konstruktionszeichner bei der Maag AG. 1935 gründete er sein eignes Atelier. 1951 gründete er mit Werner Bischof, Walter Läubli, Gotthard Schuh und Paul Senn das Kollegium Schweizer Fotografen, das sich für Autorenfotografie und die Wahrnehmung der Fotografie als eigenständige Kunstform einsetze. 1957 wurde er mit der Goldmedaille an der 1. Internationalen Fotobiennale Venedig gehrt, 1964 wurde er Ehrenmitglied des Vereins Zürcher Film-Amateure, 1981 wurde er mit dem Kulturpreis der Stadt Zürich ausgezeichnet und 1983 wurde er Ehrenmitglied des schweizerischen Fotografenverbandes.

Die Ausstellung in der Fotostiftung Schweiz in Winterthur dauert noch bis zum 28. Januar 2018

Miryam Abebe
Système D | Tart
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In der Galerie Tart in Zürich erhält man zur Zeit einen kleinen Einblick in die Kunstszene der Côte d'Ivoire.

"Système D" – so der Ausstellungstitel – zeigt auf eine feine und doch scharfsinnige Weise wie in vielen Ländern Afrikas nach einem "Système D" gewirtschaftet wird. Das "D" steht für Débrouille (frz. se débrouiller). "Sich durchschlagen" oder "improvisieren" – ein Begriff, der kaum zu übersetzten ist und doch für so vieles in Afrika steht. Es steht für Menschen, die informelle Lösungen kreieren, wenn alles andere versagt, insbesondere das staatliche System, und so irgendwie die (unwirkliche) Wirtschaft in ihren Ländern ankurbeln. Dieses "sich durchschlagen" und "innovative Alternativen finden" ist auch in der zeitgenössischen afrikanischen Kunst zu beobachten. Diese jungen Künstler zeigen in ihren Werken, dass Kreativität in allen möglichen und unmöglichen Staatsgefügen, Sicherheiten und besonders Unsicherheiten Kunst entstehen lassen kann.

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Flurina Rothenberger (1977*) ist in Männedorf geboren und in der Côte d'Ivoire aufgewachsen. Heute lebt und arbeitet sie in Zuénoula (Côte d'Ivoire) und Zürich. Ihre Fotoarbeiten zeigen eine – für viele von uns – unfassbare Realität, in der Improvisationstalent und Überlebenswille gefragt ist. Einige Bilder des Gebäudes "La Pyramide" des italienischen Architekten Rinaldo Olivieri zeigen den Zerfall von Gebäuden und anderen Einrichtungen in eindrücklicher Art und Weise. Flurina Rothenberger nimmt die Besucher und Besucherinnen der Ausstellung auf eine Rundreise durch Westafrika (Côte d'Ivoire, Benin, Togo, Ghana, Angola, Sierra Leone, den Sénégal) und Tanzania und Moçambique. Für ihre Arbeiten, die in zahlreichen Ausstellungen gezeigt wurden, wurde sie mehrfach ausgezeichnet.

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Aristite Kouamé (1995*) lebt und arbeitet in der Côte d'Ivoire. Nouchi ist für ihn die grosse Inspiration. Nouchi – die Sprache der Strassen Abidjans. Sie wurde Ende der 1970er entwickelt und ist eine Mischung aus all den Sprachen, die in der Côte d'Ivoire gesprochen und gelehrt werden wie englisch, spanisch, französisch und deutsch, aber besonders auch dioula, bété, baoulé und viele mehr. Kouamé kreiert seine Werke mit Vorhandenem – er recycelt Papiere und malt mit payed- oder date-Stempeln.

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Axel Sinzé Bamouin (1995*) lebt und arbeitet in der Côte d'Ivoire. "The toxic impact of petroleum on almost all forms of life". Bamouin lässt sich durch den visuellen Effekt des Rauches von Petroleumlampen inspirieren. Er kreiert seine Bilder mit Wachstropfen brennender Kerzen, Rauch und Feuer. In vielen Bildern sind Gesichter mit schwachen Konturen zu erkennen. Zu seinen Werken sagt er: "The stains on my works call attention to the sequels left behind by the use of petroleum and gas."

 

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Obou Gbais (1992*) lebt und arbeitet in der Côte d'Ivoire. Wie viele andere Ivorer ist Gbais Kriegsopfer und wurde als Teenager traumatisiert. Heute studiert er am National Higher Institut of Arts and Cultural Action. Kunst hilft ihm den Krieg zu verarbeiten. Mit etwas Licht in seiner Malerei öffnet er Türen für Hoffnungen und neue Erwartungen. "There is always beauty in ugliness. It all depends then on perspective."

Die Ausstellung im Tart in Zürich ist noch bis zum 25. November 2017 zu sehen.

Miryam Abebe
Das magische Auge – René Groebli | Bildhalle
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Das Weibliche hat mich seit je fasziniert. Die Schönheit der Formen, die Ausstrahlung, die Sinnlichkeit… So hab ich oft versucht, meine Bewunderung für weibliche Anmut in Bildern auszudrücken und hoffe, dass der Betrachter meiner Fotos die Freude an diesen visuell bezaubernden Momenten mit mir teilen kann. (René Groebli)

Ja – diesen Moment kann ich mit René Groebli teilen!

Das magische Auge und die schönste Liebeserklärung an einen Menschen! In der Bildhalle in Zürich kann man zur Zeit altbekannte und von René Groebli neu entdeckte Arbeiten aus seinem Archiv sehen. Kaum betritt man die Bildhalle taucht man in Emotionen ein, versinkt in Gedanken und spürt die Kraft und Sinnlichkeit der Bilder! Auch ein paar seiner Farbfotografien, die in der Zeit seiner Tätigkeit als Werbe- und Industriefotograf entstanden sind, sind in der Ausstellung zu sehen.

Ja, es ist ein Fest des Schauens, wenn man dieses Lebenswerk des Künstlers und Lichtbildners Groebli Revue passieren lässt. Jedes Bild ist ein Souvenir gelebter Zeit. Und mit seinen (fast) 90 Jahren hat sich da so einiges an herausragenden und erstaunlichen Fotografien angesammelt. Es zeigt uns René Groebli als Magier mit der Kamera und die Kamera als sein magisches Auge. (Daniel Blochwitz)

Rechtzeitig zu seinem 90. Geburtstag und besonders in Erinnerung an seine Frau Rita, die auf all den Bildern präsent ist, ist eine limitierte Neuauflage (700 Exemplare) der Originalpublikation "Das Auge der Liebe" im Verlag Sturm & Drang erschienen.

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René Groebli (1927*) ist in Zürich geboren und aufgewachsen. 1946 kam er in die Fachklasse für Fotografie von Hans Finsler an der Kunstgewerbeschule Zürich. Bei Central Film und Gloria Film in Zürich liess er sich zum Dokumentarfilm-Kameramann ausbilden und schloss als erster mit einem Abschlussdiplom ab. Während seiner Zeit als Reportagefotograf arbeitete er für die Schweizer Zeitschrift "Die Woche" und später für die Londoner Agentur "Black Star" in Afrika und im Nahen Osten. Nachdem er den Fotojournalismus aufgab, gründete er Mitte der 1950er Jahre ein eigenes Fotostudio für Werbe- und Industriefotografie. Groebli spezialisierte sich für Farbfotografie und experimentierte mit dem Dye-Transfer-Verfahren. 1957 ehrte ihn das US-amerikanische Magazin "Color Annual" als "Master of Color". Ab den frühen 1980er Jahren widmete er sich wieder seinen freien künstlerischen Essays in Schwarzweiss. Seit Ende des 20. und während der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts arbeitete er sein Bildarchiv auf und digitalisierte die wichtigsten Fotografien seines Werks.

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Die Ausstellung in der Bildhalle, Zürich dauert bis 2. Dezember 2017.

Miryam Abebe
Life in Cities – continued – Michael Wolf | Galerie Christophe Guye
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In der Galerie Christophe Guye ist zur Zeit eine Einzelausstellung mit Arbeiten aus den Serien "Architecture of Density", "Night", "Paris Rooftops", "Tokyo Compression" und "Transparent City" und die grosse "Informal Solutions" Installation von Michael Wolf zu sehen.

In Hongkong, die Stadt, die zu seiner grössten Inspirationsquelle wurde, entstand "Architecture of Density". Er nutzt die Hochhäuser der Stadt, um den Himmel scheinbar verschwinden zu lassen. Die Fassaden mit ihren farbigen Balkonen wirken wie Mosaike. In der Serien "Night" und "Transparent City" funkeln die erleuchteten Fenster wie Diamanten. Die Bilder der Serie "Paris Rooftops" mit ihren Kaminen und Antennen manchmal mit, manchmal ohne Häuserfronten wirken wie gemalt und eliminieren die Räumlichkeit und erscheinen wie mehrschichtige Kompositionen. "Tokyo Compression" versetzen die Betrachter und Betrachterinnen in vollgestopfte U-Bahnen und halten sie in einer "no-exit-Situation" fest – wie in einer vollen U-Bahn in der Rushhour.

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Michael Wolf (1954*), gebürtiger Deutscher wuchs in Kanada und Europa auf. Seit 1994 lebt und arbeitet er in Hongkong. Während acht Jahren arbeitete er als Auftragsfotograf für das Magazin Stern. Seit 2003 konzentriert er sich auf seine eigenen Projekte und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. Seine Arbeiten wurden in verschieden Ausstellungen gezeigt und sind in permanenten Sammlungen vertreten. 2005 und 2010 gewann er den ersten Preis des World Press Award, 2011 wurde er nominiert. 2010 und 2016 wurde er für den Prix Pictet nominiert.

Die Ausstellung in der Galerie Christophe Guye dauert noch bis am 20. Januar 2018.

An der Biennale dell'immagine in Chiasso bis 10. Dezember sind ebenfalls Arbeiten von Michael Wolf zu sehen.

Miryam Abebe
Stefan Burger | Kunsthalle Bern
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"Es ist der Versuch von Präzision und gleichzeitig die Kontrolle fahren zu lassen."

Stefan Burger widmet sich wie andere Künstler auch der analogen Fotografie. In der Kunsthalle entdeckt man eine andere, neue Seite von ihm. Den berühmten "Burger-Humor" findet man in dieser Serie nicht, dafür überrascht er die Ausstellungsbesucher und –besucherinnen mit Pflanzen, Knöpfen und Kerzen. Burger nutzt nicht nur die herkömmliche Negativfotografie, sondern macht Objekte zum Negativ, so dass Hybride zwischen Fotogrammen und Vergrösserungen entstehen. Die materielle Grundlage der Herstellung wird mit Farb- und Lichtfehlern sichtbar, die als Ornamente eingesetzt werden. Burger kombiniert auch Sofortbilder mit Aquarellen. Diese Kombination von Polaroids mit Aquarellen lassen die Farben leuchten und erinnern an bunte Glassplitter in der Sonne. Die feingliedrigen Gräser und Blätterranken, meist als Silbergelatineabzug, haben einen Zauber inne und lässt einem den Alltag und die Hektik auf der Strasse vergessen.

Die meisten dieser Werke sind während eines Aufenthaltes im Istituto Svizzero in Rom entstanden.

In der Kunsthalle stehen drei zusätzliche Wände, die sich in den Raum einfügen als ob sie zum Haus gehörten. Die Kuratorin Valérie Knoll hat es verstanden die Ausstellung mit einer bestechenden Dezenz zu gestalten, die den Werken Burgers eine enorme Strahlkraft verleihen. Burger sagt dazu: "Sie stimmt in die gediegene Ästhetik der Kunsthalle ein."

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Stefan Burger (1977*) ist in Müllheim/Baden (DE) auf gewachsen, lebt und arbeitet heute in Zürich. Er hat an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich Fotografie studiert. Seine Arbeiten konnte man in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen sehen.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Bern dauert noch bis zum 10. Dezember 2017.

Miryam Abebe
Portrait Vintage – Ibrahima Thiam | Galerie Eulenspiegel
Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

 

Zur Zeit kann man in der Galerie Eulenspiegel Bilder des senegalesischen Fotografen Ibrahima Thiam sehen. Im WorldWideWeb findet man – leider – nicht sehr viel über ihn.

Die Serie "Portrait Vintage" hat er 2014 – 2015 realisiert. Ibrahima Thiam hat als Kind die Fotografien seiner Familie gesammelt und ein Archiv angelegt. In einem Gespräch mit der jungen Samrawit Spuhler erzählt er, dass er bei Familienfesten seine Cousins und Cousinen mit Fotografien ihrer Eltern überrascht hat. Mit diesen Bildern hat er sein Projekt "Portrait Vintage" realisiert in dem er Familienangehörige ein Bild auswählen lies und sie mit der alten Fotografie neu aufgenommen hat. Mit der jeweiligen Wahl wird die Beziehung zu den Personen über Generationen wiedergespiegelt und nimmt die Geschichte der Vergangenheit und der Gegenwart auf. Auf der Strasse hat er Menschen angesprochen und ihnen vom Projekt erzählt – so konnte er weitere Bilder machen.

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Fotografien aus dem Familienarchiv

Fotografien aus dem Familienarchiv

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

 

Ibrahima Thiam (1976*) ist in Saint Louis geboren. Heute lebt und arbeitet er in Dakar. Nach einem Ökonomie-Studium hat er sich auf Fotografie fokussiert und sich autodidaktisch weitergebildet. Er nahm an verschiedenen Master Classes teil und gibt sein Wissen an Kinder und Jugendliche weiter. Seit 2010 werden seine Bilder in vor allem in Westafrika, aber auch in Europa und den USA ausgestellt. Ein wichtiger Aspekt für Thiam ist die Archivierung von Fotografie als Zeitdokument. Ich bin mir sicher, man kann gespannt sein auf seine kommenden Arbeiten.

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

Portrait Vintage | Ibrahima Thiam

 

Die Galerie Eulenspiegel präsentiert seit 2001 mitten in der Altstadt Basels ein weites Spektrum von zeitgenössischen nationalen und internationalen Kunstschaffenden mit den Schwerpunkten Malerei, Fotografie, Skulptur und Installation.

Die Ausstellung in der Galerie Eulenspiegel dauert noch bis zum 28. Oktober 2017.

Miryam Abebe
Miroslav Tichý | Photobastei
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Zur Zeit hat man die Möglichkeit rund 140 Bilder aus der Sammlung Nikolai und Leah Kalischek und aus einer Schweizer Privatsammlung in der Photobastei zu sehen. Der Kurator Adi Hoesle nimmt einem mit auf den virtuellen Spaziergang Miroslav Tichýs in seiner Heimatstadt Kyiov. Mit selbstgebastelten Kameras machte Tichý beinahe täglich seine Runde durch die Stadt und fotografierte Frauen in Cafés, junge Mädchen beim Sonnenbaden oder ältere Frauen auf dem Markt.

Wenn man durch die Ausstellung geht, kann man sich die Frage stellen, ob Tichý ein Voyeur, ein Frauenheld oder doch nur ein Beobachter des Lebens war. Wird er zum Voyeur weil er Frauen mit tiefen Ausschnitten, Frauen in kurzen Röcken mit nackten Beinen, junge Mädchen beim Sonnenbaden, ältere Frauen auf dem Markt und in den Strassen fotografiert? Beim Betrachten der Bilder kann man ebenso auf den Gedanken kommen, dass er mit seinen Fotografien eine Hommage an die Frauen, an die Weiblichkeit erschaffen hat.

Miroslav Tichý (1926 – 2011) besuchte in den 1940er Jahren die Kunstakademie Prag und galt als talentierter Maler und Zeichner. Mit der Machtübernahme der Kommunisten veränderte sich sein Leben. Aufenthalte in psychiatrischen Einrichtungen und im Gefängnis machten ihn zum Aussenseiter. Nach dem Verlust seines Ateliers konzentrierte er sich auf Zeichnung und Fotografie. 2004 wurde sein Werk international berühmt, nachdem Harald Szeemann die Bilder an der Biennale in Sevilla zeigte. 2006 widmete ihm Tobia Bezzola eine Einzelausstellung im Kunsthaus Zürich. Danach folgten zahlreiche Ausstellungen auf der ganzen Welt. Bis zu seinem Tod lebte Tichý zurückgezogen in Kyiov.

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Die Ausstellung in der Photobastei dauert noch bis zum 5. November 2017.

Veranstaltungen während der Ausstellung:

  • Führung durch die Ausstellung von Adi Hoesle (Künstler und Kurator der Ausstellung): Mittwoch, 11. Oktober 2017, 18.30 Uhr und Sonntag, 29. Oktober 2017, 15.00 Uhr

  • Filmvorführung: Miroslav Tichý | Worldstar (2007), mit anschliessender Diskussion in Anwesenheit von Regisseurin Nataša von Kopp, Mittwoch, 11. Oktober 2017, 20.00 Uhr

  • Im Gespräch mit Tobia Bezzola: "Gibt es Outsiderfotografie?", Sonntag, 29. Oktober, 16.30 Uhr

Miryam Abebe
Verschiebungen – Esther Hagenmaier (Gastkünstlerin im Alten Spital) | Künstlerhaus S11
zh_white, 2015 | Esther Hagenmaier

zh_white, 2015 | Esther Hagenmaier

 

Esther Hagenmaier hat sich bewusst als Artist in Residence im Alten Spital in Solothurn beworben. Ausschlaggebend war die Nähe zur Kirche St. Klemenz in Bettlach, das heisst eigentlich zu Walter Maria Förderer (21.03.1928 – 29.06.2006). Förderer war ein Hauptvertreter des neo-expressionistischen Kirchenbaus der 1960er Jahre. Für Esther Hagenmaier ist Solothurn ein praktischer Ausgangsort zu den verschiedenen Förderer-Bauten in der Region und der Schweiz.

Endlich hat sie die Möglichkeit ein Bau von Förderer zu verschiedenen Tageszeiten, mit unterschiedlichem Licht fotografieren zu können, ohne lange Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen. Bei der Frage warum gerade Förderer und nicht ein anderer Architekt findet man im Anschauen der Bilder von Hagenmaier bald eine Antwort. Im Schaffen von Förderer und Hagenmaier gibt es erstaunliche Parallelen. Förderer bewegt sich zwischen Architektur und Bildhauerei – Hagenmaier zwischen Fotografie, Skulptur und Räumlichkeit. Für beide ist Wahrnehmung und das Schlichte ein wichtiges Thema.

Hagenmaier hat sich schon immer für Architektur interessiert, bei Förderer kommen weitere Aspekte dazu. Je nach Lichteinfall werfen die Bauten Schatten, die einer Verschiebung, einer Täuschung gleich kommen. Ebenso wichtig wie die Schattenwürfe sind die Strukturen der Oberflächen. Esther Hagenmaier will mit den normalen Formaten der Fotografie brechen – ein Grund warum sie die Bilder beschneidet und so gezielt Verschiebungen schafft indem sie die Bilder überlagert und dadurch eine Art Skulptur entsteht. Diese lassen den Betrachter und die Betrachterin manchmal getäuscht und verwirrt zurück. Beim längeren Hinsehen nimmt man die Winkel, Schatten und anderes wahr.

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Esther Hagenmaier (1975*) lebt und arbeitet in Ulm. Sie hat freie Kunst an der Hochschule der bildenden Künste Saar in Saarbrücken und an der Ecole des Beaux-Arts in Rennes studiert.

Verschiebungen sind vom 6. – 8. Oktober 2017 im Künstlerhaus S11 in Solothurn zu sehen.

Ihr Aufenthalt als Artist in Residence im Alten Spital in Solothurn dauert noch bis Ende Oktober 2017.

Miryam Abebe
Entre l'art et la mode – Photographies de la Collection Carla Sozzani | Musée des Beaux-Arts le Locle
Lillian Bassmann

Lillian Bassmann

 

Eintauchen in den neuenburger Jura wollte ich schon lange wieder einmal. Das Musée des Beaux-Arts in Le Locle hat das Medium Fotografie erst vor kurzem in sein Ausstellungsprogramm aufgenommen – für mich ist es aber kaum mehr wegzudenken und gehört in meine "Jahresplanung" der Museumsbesuche. Dieses Jahr bekommt man in den Sommermonaten einen Augenschein in die Sammlung von Carla Sozzani, der Kult des (Photo)Buches wird thematisiert, man wird auf eine Entdeckungsreise von Henry Leutwyler mit seinen Documents genommen und kann sich den Utopien von Ina Jang hingeben.

Die Sammlung von Carla Sozzani versammelt die berühmtesten Fotografen und Fotografinnen des 20. Jahrhunderts. Freudig überrascht wurde ich mit Bildern von Louise Dahl-Wolfe, Lillian Bassman, Sarah Moon, Leni Riefenstahl, Deborah Turbeville, Francesca Woodman und anderen begabten Frauen. Natürlich machen nicht nur die Bilder dieser Fotografinnen Freude beim Betrachten – auch viele Fotografen sind vertreten: Gianni Berengo Gardin, Karl Blossfeldt, Jean Clemmer, František Drtikol, Saul Leiter, Urs Lüthi, Helmut Newton und vielen anderen. Nicht, dass ich alle gekannt hätte, aber ich werde mich ganz sicher auf die Suche nach einigen Büchern machen.

Ein grosser Raum ist dem "Photobook – Der Kult des Buches" gewidmet und einige Zitate machen deutlich wie wichtig ein Buch, ein Photobuch ist:
Le photografie se regarde dans les liveres, pas au mur." Henri Cartier-Bresson (Fotograf)
"Le livre de photographies est une forme d'art autonome, comparable à une sculpture, à une pièce de théâtre ou à un film. Les photographies perdent leur caractères photographique d'objets "en soi" pourdevenir les composantes, exprimées à l'encre d'imprimerie, d'une création exceptionnelle appelée livre." Ralph Prins (Kritiker)

Saul Leiter

Saul Leiter

Louise Dahl-Wolfe

Louise Dahl-Wolfe

Utopia | Ina Jang

Utopia | Ina Jang

 

Document – Henry Leutwyler zeigt für einmal nicht Portraits von Filmstars, Künstlern, Staatsmännern und Musiker. Es sind die kleinen Dinge, die diese Menschen ausmachen wie die Brille Gandhis oder John Lennons, ein Pinsel von Andy Warhol, die Tanzschuhe von Fred Astaire und viel anderes…

Utopia von Ina Jang hat mich blitzschnell in die heutige Zeit zurückgeholt. Ich muss sie mir noch einmal anschauen – vielleicht habe ich dann etwas weniger Mühe. Möglicherweise kann man sie bald in der Galerie Christophe Guye in Zürich wieder sehen…

Die Ausstellung im Musée des Beaux-Arts in Le Locle dauert noch bis zum 15. Oktober 2017

Miryam Abebe
unresolved – Meinrad Schade | Bildersoirée im Künstlerhaus S11
Bild: Israel | Meinrad Schade

Bild: Israel | Meinrad Schade

 

So ein friedliches Land- sofern sie nicht an den Konflikt denken. Die Cafés sind voll, die Strände ebenfalls. Freundliche Leute. Schöne und intelligente junge Menschen, überall. Doch da ist etwas Beunruhigendes. Unter der Oberfläche schlummern Kräfte, die innerhalb einer Sekunde hervorbrechen können. von einem Moment zum anderen stehen wir vielleicht wieder im Krieg. Mit diesen Worten beschreibt der israelische Autor Joshua Sobol in August 2013 in einem Interview mit der NZZ sein Land. Genau dieser Zustand zwischen Krieg und Frieden – zwischen Frieden und Krieg interessiert Meinrad Schade.

Seit bald 20 Jahren beschäftigt er sich mit den Folgen von Kriegen. Seiner Meinung nach werden in den Medien die Nebenschauplätze von Kriegen und deren Langzeitfolgen, die Spuren in der Landschaft, in den Seelen und Köpfen der Menschen zu wenig thematisiert. Es sind diese Nichtgeschichten und Nebenschauplätze, die in ihrer Gesamtheit ebenso zum Bild der Welt beitragen und meiner Meinung nach zu kurz kommen und in ihrer Bedeutung unterschätzt werden. Meinrad Schade ist ein Kriegsfotograf ohne schusssichere Weste, weil er sich nicht im Epizentrum eines Konfliktes bewegt – er bewegt sich am Rande von kriegerischen Auseinandersetzung oder erst danach, dann wenn die Konflikte nicht mehr über die Bildschirme in unseren Wohnzimmern flimmern und andere Krisenherde und Kriegsschauplätze Schlagzeilen machen. Er zeigt Langzeitfolgen, die vergessen sind oder an die wir uns gewöhnt haben – wie an den Konflikt in Israel und Palästina.

 
Bild: Golan | Meinrad Schade

Bild: Golan | Meinrad Schade

2013 entscheidet er sich sein Langzeitprojekt "Krieg ohne Krieg" in Israel und Palästina weiterzuführen. 2015 wurden Bilder von "Krieg ohne Krieg" in einer Ausstellung in der Fotostiftung in Winterthur gezeigt. Gleichzeitig erschien im Verlag Scheidegger & Spiess das gleichnamige Buch. Zum 70. Jubiläum der Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 und zu 70 Jahre Nakba (arabisch Katastrophe/Unglück) soll unter dem Titel "unresolved" die Fortsetzung erscheinen.

Meinrad Schade (1968*) lebt und arbeitet seit 2002 als freier Fotograf in Zürich. Neben der kommerziellen Fotografie verfolgt er als Autorenfotograf Langzeitprojekte, die in Büchern publiziert und in Ausstellungen gezeigt und mehrfach ausgezeichnet wurden. 2016 wurde er in die Deutsche Fotografische Akademie berufen.

Miryam Abebe
Cutis - Simon von Gunten | Künstlerhaus S11
Bild: Darius | Simon von Gunten

Bild: Darius | Simon von Gunten

 

"Die Haut vergisst nie". Diesen Satz kennt jeder von uns. "Cutis" ist ein freies Langzeitprojekt von Simon von Gunten, das genau dieses Nicht-Vergessen aufzeigt. 2012 hat er damit begonnenen. Erst hat er mit Infrarot getüftelt, um eine neue Bildsprache zu entwickeln. Die Aufnahmen mit infrarot seien nicht besonders spannend gewesen, da die Menschen zu Wachsfiguren wurden und nichts spezielles ausdrückten. In diesem Projekt dringt der Naturwissenschaftler Simon von Gunten durch – er hat Geografie studiert und sich auf Humangeografie spezialisiert. Neugierig und forschend hat er dann mit UV-Licht zu arbeiten begonnen. Dabei trat in den Bildern neben der vordergründig technischen Faszination insbesondere auch ein sozialer Aspekt hervor. Unter dem UV-Licht werden Dinge sichtbar, die normalerweise nicht oder kaum für das menschliche Auge sichtbar sind. Dies können ernste Ereignisse sein, wie z.B. längst vergessene Narben, hormonelle Veränderungen, oder Krankheiten, aber auch Gewohnheiten unter der Sonne (Sonnenbrand), ein neuer Haarschnitt – kurz, die Chronik eines Menschenlebens wird sichtbar gemacht.

Durch das Mittel der UV-Fotografie schafft er eine ganz neue und eigene Ästhetik, die aber eigentlich eine alltägliche Realität ist – wir Menschen sehen sie nur nicht ohne Hilfsmittel. So wird uns auch wieder einmal vor Augen geführt, wie begrenzt unsere Wahrnehmung ist, und dass jeder Mensch zu jeder Zeit noch viele andere Gesichter hat, die er nicht jederzeit sieht.

In den aktuell zu sehenden Bildern hat er bewusst Menschen verschiedenen Alters gewählt, besonders auch Menschen deren Haut eine Geschichte erzählen.

Simon von Gunten (1983*) lebt und arbeitet als freischaffender Fotograf in Solothurn. Nach einem Masterstudium in Wirtschaftsgeografie hat er sich an der CAP Schule in Zürich zum Fotografen ausbilden lassen und ist nun seit 2012 freischaffender Auftrags- und Autorenfotograf.

Cutis ist bis am 1. Oktober 2017 im Künstlerhaus S11 zu sehen.

 
Miryam Abebe
Wasserfahrten - Urs Amiet | Künstlerhaus S11
Bild: Rhein, Basel | Urs Amiet

Bild: Rhein, Basel | Urs Amiet

 

Für die Bebilderung eines Jahresberichtes seien die "Wasserfahrten" als eine von zwei Fotokonzepten entstanden. Urs Amiet hat verschiedene Fliessgewässer in der Schweiz aufgenommen und gleichzeitig seinem Spieltrieb und der Lust am Experimentieren freien Lauf gelassen. Er hat seine selbst gebaute, wasserdichte Lochkameras in der Aare, der Birs, dem Rhein und anderen Flüssen treiben lassen und diese Fahrten aufgenommen. Das Experiment der Wasserfahrten ist noch nicht zu Ende. Wir können gespannt sein auf Bilder die am und im Meer, in kleinen Bächen, Kaskaden, Kanälen und bestimmt auch in Wasserfallen entstehen.

Wenn Urs Amiet erzählt wie er in Flüssen und Bächen stand, die Lochkamera immer im Auge, um sie rechtzeitig aus dem Wasser zu fischt – läuft vor dem inneren Auge ein Film ab und man spürt das oft sehr kalte, fliessende Wasser.

Seit 1999 beschäftigt er sich intensiv mit der Lochkamerafotografie und dem Bau von Lochkameras und experimentiert an neuen Ausdrucksformen. Wiederkehrende Themen handeln von der Wahrnehmung, von Raum und Zeit, von Menschen in der Fremde. Mehrheitlich verwendet er Rollfilme, die er noch in Spezialgeschäften findet und in Fotolabors entwickeln lässt. In seinem Atelier, das er als Grafiker und Illustrator mit seiner Frau teilt, hat er eine Dunkelkammer für die Verarbeitung der Fotopapiere und Arbeiten mit historischen Fototechniken wie Cyanotypie und Salzdruck eingerichtet, um doch von Hand zu arbeiten. Er sagt die Digitalisierung habe seinen Arbeitsplatz entsinnlicht – diese fehlende Sinnlichkeit holt er sich mit der Arbeit mit der Lochkamera zurück. Die Lochkamerafotografie befreit ihn auch von der Präzision, die er als Grafiker erbringen muss.

Bild: Aare, Solothurn | Urs Amiet

Bild: Aare, Solothurn | Urs Amiet

 

Urs Amiet (1966*) lebt und arbeitet als selbständiger Grafiker und Illustrator in Solothurn. Im Vorkurs an der Schule für Gestaltung in Basel wurde er von Peter Olpe, Dozent für Grafik und Fotografie, in die Lochkamerafotografie eingeführt.

Wasserfahrten sind bis am 1. Oktober 2017 im Künstlerhaus S11 zu sehen.

Miryam Abebe