Zurück zu allen Events

Bieler Fototage



Bieler Fototage
7. - 30. Mai 2021

Cracks

Aline d’Auria, Ang Song Nian, Anthony Ayodele Obayomi, Aurore Valade, Catherine Leutenegger, Constanza Piaggio, Eline Benjaminsen, Emmanuelle Bayart, Eva Maria Gisler, Gao Shan, Guadalupe Ruiz, Karla Hiraldo Voleau, Marwan Bassiouni, Mary Maggic, Nora Papp, Pierre-Kastriot Jashari, Sébastien Cuvelier, Shinji Nagabe, Thomas Maisonnasse

SNF-Wettbewerb für wissenschaftliche Bilder

Schule für Gestaltung Bern und Biel


Brunnenplatz

© Nora Papp

© Nora Papp

Nora Papp (CH) was born in 1975 in Zurich, where she lives and works. She holds a BA in Fine Arts from the Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam. As a “Haute Photography Talent 2019” her work was exhibited in Rotterdam and at the “De Vishal” in Haarlem, the Netherlands.

Die Künstlerin Nora Papp realisiert Bilder ohne eigentliche Aufnahme. Sie sammelt die einzelnen Filter der Instagramapplikation, um die Strukturen von digitalen Bildern zu dekonstruieren und "ästhetische Daten" zu sammeln. Die gesammelten Daten bestehen aus den wissenschaftlich aufgelisteten Entscheidungen wie die entsprechenden Filter auf ein hochgeladenes Bild innerhalb Instagram angewendet werden. Sie nutzt anschliessend Excel, um die gesammelten Daten zu visualisieren. In einem dritten Schritt werden die Daten in Illustrator vektorisiert und damit zu Material, mit dem neuen Bildern respektive Formen kreiert werden, die das menschliche Auge mit Objekten in Verbindung bringen möchte. Die visuellen Kompositionen, die allein aus Filtern und visuellen Effekten heraus generiert werden, hinterfragen die Materialität, und die aktuelle Position von Bildern in der heutigen digitalen Kultur. 


Espace Libre

IN_VETTA_picture.jpg

Giorgia Piffaretti (CH), born in Mendrisio in 1989, is a visual artist currently based in Amsterdam, where she graduated with a Master in Film in the programme "Artistic Research in and through Cinema" in 2019. Her work is inspired by archival practices and starts from the observation of everyday life. From a singular object, a picture, a drawing or a moving image, she creates multiple narratives and perspectives that integrate these individual elements into a collective story. Working between fine arts and film, she has participated in several international exhibitions and film festivals.

Sophie Wright (UK), born in 1989 in London, is a filmmaker and writer based in Amsterdam. She graduated from the Netherlands Filmacademie in 2020, where she obtained a diploma in artistic research in and through Cinema. She is currently participating in the ISSP Masterclass 2019/2020 with Jason Fulford. Her work grows out of a murky crevice that exists somewhere between photography and film, experimenting with tactile publications, sensory films, collaborative installations and performances.

Seit 2019 arbeiten Giorgia Piffaretti und Sophie Wright immer wieder zusammen, indem sie Fragmente (Bilder, Notizen, persönliches Archivmaterial) sammeln und damit vielfältige narrative Konstellationen darstellen. Die Untersuchungen gehen oft von einem statischen Ausgangspunkt aus, entwickeln sich dann experimentell in unterschiedliche Richtungen und zeigen sich beispielsweise als lecture performance oder Multimedia-Installation. Im Zentrum ihrer gemeinsamen Arbeit steht die spekulative Erzählung von Bildern.

Ausgehend von einem Familienfoto, das auf dem Gipfel des Mont Blanc aufgenommen wurde, löst die Arbeit In Vetta eine Lawine von kollektiven Assoziationen aus. Der höchste europäische Berg wird zur Metapher eines Archivs, das unsere Besessenheit, die Zeit festhalten zu wollen, repräsentiert. Fragen zu Vergangenheit, Sehnsucht, Verlust und Konservierung drängen sich auf und ermöglichen, mit einem Blick aus verschiedenen Perspektiven die Beziehung zwischen Mensch, Bild und Natur neu zu untersuchen.


Gewölbe Galerie

© Emmanuelle Bayart

© Emmanuelle Bayart

Emmanuelle Bayart (CH), born in 1981 in France, lives and works in Geneva. She studied at Beaux-Arts in Rouen, at the School of Photography in Vevey (CEPV) and at the School of Art and Design in Geneva (HEAD). Her work has been exhibited in Switzerland at Villa Dutoit, ewz-Unterwerk Selnau, Fermeasile, PhotoforumPasquart and internationally. In 2014, her first monographic book Commemoration was published by Centre de la photographie Genève.

Die Dokumentarserie Dans les plis de la ville ist das Ergebnis einer Spurensuche am Pariser Stadtrand, den die Künstlerin systematisch zu Fuss erkundet hat. Die Stadtansichten von Emmanuelle Bayart zeigen das «Unbewohnbare»: Abgebildet sind Körper, die es schwierig machen, das Innere und das Äussere, das Private und das Öffentliche zu trennen. Die sorgfältig komponierten Bilder schwanken zwischen Not und Zauber, sie stellen Fragen zu unseren demokratischen Werten und dem Zusammenleben in der heutigen Gesellschaft.

Dieses Projekt wurde in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Françoise Mamie realisiert.


Juraplatz

© Guadalupe Ruiz

© Guadalupe Ruiz

Guadalupe Ruiz (CH), born in 1978 in Bogotá, lives and works in Biel. She studied at ECAL, Lausanne, HGKZ, Zurich and obtained a Master in Fine Arts at the FHNW, Basel in 2019. She had solo exhibitions at Photoforum Pasquart and Lokal-int, Biel, Centre de la Photographie, Genève, Grand Palais, Bern, as well as international exhibitions. In 2015 she printed and self-published the acclaimed artist’s book Kleine Fotoenzyklopädie.

Guadalupe Ruiz realisiert seit mehreren Jahren Arbeiten in Form von Bild-Inventaren, die sie zu Enzyklopädien zusammenfasst. Dieses Vorgehen hat sie entwickelt, um die Welt und die Gesellschaft, in der sie lebt, analysieren zu können. 2015 vollendete sie die Kleine Enzyklopädie, ein Lexikon mit 645 Bildern (schwarz-weiss und farbig), die sie aus dem Alltag zusammengetragen und in 37 verschiedene Kapitel eingeteilt hat: Hunde, Vasen, verschiedene Backwaren, ein revolutionäres Manifest, Portraits ihrer Cousine, Objekte aus dem Elternhaus etc. Um ihre Installation im Kunstraum Juraplatz einrichten zu können, hat Guadalupe Ruiz das Bildinventar, das sie in der Wohnung ihrer Eltern angefangen hat, weiterentwickelt – ein Versuch, das zu reproduzieren und zurückzuerobern, was mit der Zeit verloren gehen könnte.


Maison Farel

© Thomas Maisonnasse

© Thomas Maisonnasse

Thomas Maisonnasse (CH), born in 1976 in Grenoble, lives and works in Geneva. He finished his artistic studies at the Beaux-Arts in Geneva in 2004, after studying at Villa Arson in Nice (2000-2001), ENSBA in Lyon (1998-2000) as well as Biology/Geology studies at the University Claude Bernard Lyon 1 (1996-1998). In 2016, he won the price of Société des Arts de Genève and had a solo show in Salle Crosnier, Geneva. His work has been presented in Switzerland, France and Japan.

Die eigens für das Festival konzipierte Bildersammlung wird in Form einer Installation gezeigt. Die Bilder stammen aus einer Serie von Schwarzweiss-Fotografien, die Thomas Maisonnasseseit mehreren Jahren sammelt. Aus den Bildern entfernt der Künstler die hellen Bereiche; von all dem, was der Fotoapparat aufgenommen hat, bleiben nur die Teile im Schatten übrig. Anstatt uns das «Sichtbare» zu zeigen, versetzen uns die von Maisonnasse fotografierten Bäume mit ihrem Laubwerk in ein geheimnisvolles und undurchsichtiges Universum.


NMB

© Aline d'Auria

© Aline d'Auria

Aline d’Auria (CH), born in 1982 in Switzerland, lives and works in Chiasso. She studied photography at the School of Applied Arts in Vevey and at the Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam and holds a degree as designer in Visual Communication with specialisation in video from the HEAD – Geneva. Her work has been exhibited in numerous swiss venues, such as the Biennale dell’immagine in Chiasso and the Mudac, Lausanne. She is a recipient of several awards from film festivals.

We are all going home ist eine immersive Installation, welche die Künstlerin als Auftrag der Tessiner Grenzstadt Chiasso umgesetzt hat. Im Rahmen des Projektes sollte Aline d’Auria einen neuen Blick auf die aus Osteuropa immigrierten Bewohnerinnen und Bewohner richten. Der erste Teil der Arbeit, eine Video-Installation, zeigt Personen, die sich in verschiedenen Momenten unablässig in verschiedene Richtungen bewegen und damit bestimmte Vorstellungen über Migration aufbrechen. Im zweiten Teil werden die BetrachterInnen eingeladen, Wiegenlieder aus Osteuropa zu lauschen. Die BesucherInnen liegen, um sich noch besser auf die Lieder einlassen zu können, in einem abgedunkelten Saal, der eine traumhafte Atmosphäre aufweist. Im dritten Teil der Arbeit wird eine Serie von Fotos der am Projekt beteiligten Personen gezeigt. Mittels der verschiedenen zusammengetragenen Elemente stellt die Installation We are all going home Fragen zum körperlichen und seelischen Zugehörigkeitsgefühl und sie ermöglicht eine neue Sichtweise auf die Vorstellung von «zuhause».

© Pierre-Kastriot Jashari

© Pierre-Kastriot Jashari

Pierre-Kastriot Jashari (CH), born in 1994, lives and works in Biel/Bienne. He holds a BA of photography from ECAL, Lausanne and his work has been exhibited in different institutions, galleries and festivals such as: Art Bärtschi & Co in Geneva, Photoforum Pasquart in Biel, Dokufest in Kosovo. In 2018, he won the Human Rights Photography Prize given by Act on your Future in Geneva. In 2019, he was the first laureate of the Enquête photographique Jura bernois.

Der Preisträger der ersten Ausgabe der Enquête photographique Berner Jura lässt uns eintauchen in den Alltag der multikulturellen Jugend im Berner Jura. Seine fotografische Arbeit, eine Sammlung von Portraits und Landschaften, die auf subtile Weise mit Licht und Schatten spielt, verschafft einen Einblick in verschiedene Geschichten und hinterfragt das Zugehörigkeitsgefühl eines Individuums auf der Ebene seiner Herkunft von nah oder fern, äusserlich sichtbar oder nicht, real oder erträumt. Pierre-Kastriot Jashari hat sich das Ziel gesetzt, das sichtbar zu machen, was in unserer Gesellschaft nur hinter vorgehaltener Hand gesagt, versteckt, nicht benannt oder sogar unter den Teppich gekehrt wird. Die Arbeit wird in Form einer Installation in drei ehemaligen bürgerlichen Wohnräumen gezeigt, die im Neuen Museum Biel eingerichtet wurden. Sie deckt mit grosser Zurückhaltung bestimmte Tabus und Zweifel auf, die einen Bezug aufweisen zur Identität und auf die Zeit, in der Jugendliche langsam erwachsen werden.

Die Enquête photographique Berner Jura wurde 2019 in Zusammenarbeit mit dem fOrum culture, der Stiftung Mémoires d’Ici und der Zeitschrift Intervalles lanciert.

© Eva Maria Gisler

© Eva Maria Gisler

Eva Maria Gisler (CH), born in 1983 in Switzerland, lives and works in Bern. She holds a BA in Fine Arts from the HKB in Bern and an MA Fine Art from the Slade School of Art, London. Since 2010 her work has been exhibited in Kunsthaus Aarau, Kunstmuseum Thun, as well as several other institutions and project spaces. She is laureate of grants and residencies from the Canton Aargau, as well as the Canton and City of Bern.

Die Fotografie Hang spielt mit Perspektive Massstabs- und Grössenverhältnissen. Auf den ersten Blick wirkt sie wie ein abstraktes Gemälde, beim zweiten Hinschauen entpuppt es sich als abfallverschmutzter Abhang. Mittels Digitalisierung und Vergrösserung einer analogen Fotografie, auf der eine verlassene Abfalldeponie abgebildet ist, konfrontiert uns die Künstlerin mit einer visuellen Realität, welche auf unseren entfesselten Konsum und auf dessen Folgen verweist, die das menschliche Handeln – bewusst oder nicht – auf die Umwelt hat.

© Aurore Valade

© Aurore Valade

Aurore Valade (FR), born in 1981, lives and works in Arles and Madrid. A graduate of the Bordeaux Ecole des Beaux-arts and the Ecole Nationale Supérieure de la Photographie in Arles, she was a fellow at the Casa de Velázquez, Académie de France in Madrid. She won the HSBC Foundation Photography Prize in 2008 and the Rencontres d’Arles Photo Folio Review Award in 2017. Her work has been exhibited in Les Rencontres d’Arles Festival, Mucem Museum in Marseille, Hong Kong Photo Festival, to name but a few. 

Die digitalen Plattformen sind ein Reservoir für kreative Materialien und Ausdrucksformen. Sie können aber auch als Bedrohung für unsere Wachsamkeit und unsere Freiheiten aufgefasst werden. Kann man überhaupt noch von persönli­chem Ausdruck sprechen, wenn alles daran gesetzt wird, unsere Aufmerksamkeit zu ergattern und unsere Emotionen auf Emoticons herunterzubrechen? Die Künstlerin Aurore Valade hat eine Klasse des französischen Gymnasiums Biel dazu eingela­den, die in den sozialen Netzwerken generierte Bilderflut mit analogen und digitalen Mitteln zu dekonstruieren. Ausgehend von Screenshots, die von ihren Interaktionen in den sozialen Netzwerken gemacht wurden, haben die Schülerinnen und Schüler die Sprache 2.0 zugeschnitten, gezeichnet und überarbeitet, um analoge Symbole zu kreieren, mit denen sie anschliessend posierten und dabei fotografiert wurden. Die Bilder, die aus dieser Zusammenarbeit hervorgingen, verleihen den Emotionen und Ansprüchen der Schülerinnen und Schüler wieder eine Körperlichkeit – mittels einer bildhaften und darstellerischen Geste. Die Fotografie ermöglicht es, eine bildliche Erinnerung an die fragilen digitalen Interfaces zu bewahren, die so oft dem Vergessen anheimfallen.

Dank der Zusammenarbeit mit HEP-BEJUNE, wurden die Porträtsaufnahmen bereits in der Ausgabe der Zeitschrift Enjeux pédagogiques N° 34 der HEP-BEJUNE publiziert.

© Anthony Ayodele Obayomi

© Anthony Ayodele Obayomi

Anthony Ayodele Obayomi (NG), born in 1994, lives and works in Lagos. He holds a BA of Creative Arts from the University of Lagos and explores storytelling techniques that combine art and technology in immersive installations and through experimental media. In 2017, he was awarded the LagosPhoto National Geographic Portfolio Review Prize and was selected for the Electric South New Dimensions Labin 2018, before winning the Taurus Prize for Visual Arts in 2019.

Der Künstler Anthony Ayodele Obayomi ist der erste Preisträger des Taurus Preis für bildende Kunst. Sein preisgekröntes, noch laufende Projekt wird im Rahmen des Festivals gezeigt. Die fertige Arbeit wird 2021 im Photoforum Pasquart ausgestellt. Obayomi interessiert sich für die Verquickung von religiösen Institutionen und Geldspielorganisatoren und wie diese die Denkweise von Menschen formen, insbesondere jener, die am Existenzminium leben. Mit seiner Installation hinterfragt der Künstler die Kommerzialisierung von Hoffnung in einem herausfordernden Alltag, dem die Bevölkerung von Lagos/Nigeria ausgesetzt ist, und wo nur wenig Mittel zur Verfügung stehen sowie die Kaufkraft schwach ist.


Photoforum

© Małgorzata Stankiewicz

© Małgorzata Stankiewicz

Małgorzata Stankiewicz (PL), born in 1986, is a graduate of UAL/University of the Arts London (2010) and ICP/International Center of Photography in New York (2014). Her work has been regularly exhibited internationally since 2013, she has been nominated for and awarded major prizes and several of her photography projects have been published, including cry of an echo, a publication that won the Unseen Dummy Award in 2017.

Das Photoforum Pasquart bietet für diese Ausgabe der Bieler Fototage, unter dem Titel Cracks, der Künstlerin Małgorzata Stankiewicz eine Carte Blanche an.

Jahrhundertelang und entgegen aller Erwartungen widerstand der Białowieża-Urwald dem barbarischen Verhalten der Menschen auf seinem Gelände. Doch 2016 hatte der neue polnische Umweltminister Jan Szyszko, unter dem Vorwand zu dessen Schutz zu handeln, einen gross angelegten Holzeinschlag in den Gebieten genehmigt, die bis dahin von jeglichem menschlichen Eingriff bewahrt waren.

Obwohl in den letzten Jahren so viel über die Umwelt gesprochen wurde und ihr Schutz ein dringendes und überfälliges Bedürfnis ist, wurde der letzte Urwald Europas zwei Jahre lang auf Anweisung derer, die ihn schützen sollten, abgeholzt. cry of an echo versteht sich als persönlicher Protest der Künstlerin, als ihre persönliche Stimme des Widerstands; die Bilder sind eine Metapher für das drohende Unheil der unwiederbringlichen Zerstörung der Natur.

Das Projekt wurde während eines einmonatigen Aufenthaltes als Freiwillige im Nationalpark Białowieża im Frühjahr 2016 realisiert. Es umfasst insgesamt 46 Bilder, die absichtlich durch Maskierung, chemische Verunreinigung, ungleichmässige Entwicklung, Bleichen und Retuschieren misshandelt wurden. Ursprünglich als handgemachtes Künstlerbuch konzipiert, gewann cry of an echo 2017 den Unseen Dummy Award und das Buch wurde im September 2018 vom niederländischen Verlag Lecturis veröffentlicht.

Das Projekt wurde vom Photoforum Pasquart ersehen.

© Shinji Nagabe

© Shinji Nagabe

Japanese-Brazilian Shinji Nagabe (BR), born in 1975, lives and works in Madrid. He uses his multicultural heritage as the basis for his work, bringing identity and customs to it. His images seem full of fantasy, while at the same time being pervaded by reality, questioning the relationship of humans with society and the environment. In 2019, he was selected for the Prix Découverte at Les Rencontres de la photographie d’Arles.

Die Serie Banana Republic ist eine Reaktion des Künstlers Shinji Nagabe auf einen hoffnungslosen Zustand und auf eine politische und soziale Desillusionierung, in der Gewalt und religiöser Eifer herrschen und die geprägt ist von der Einschränkung individueller Freiheiten. In der vom Künstler erschaffenen Fiktion wird der Staat unter das Joch eines brutalen und populistischen Diktators gestellt. Die Banane wird zur Täuschung und Zensur eingesetzt, während Widerstandsgruppen sie verwenden, um Waffen und improvisierte Bomben herzustellen. Der surrealistische Realismus der Serie ist zugleich humorvoll und zerstörerisch und entführt den Betrachter in eine fiktive Republik. Sie ist angelehnt an Praktiken von Politikern, die sich in ihren Reden dem gleichen Mass an Fantasie bedienen wie der Künstler in der Serie zum Ausdruck bringt, in denen die Rolle des Individuums in einer Gemeinschaft hinterfragt wird.

© Sébastien Cuvelier

© Sébastien Cuvelier

Sébastien Cuvelier (BE), born in 1975 in Belgium, lives and works in Luxembourg. He explores the notion of man-made utopias, where humans build and live their dreams, fantasies or hopes in search of an ideal. He published three books (Gypsy QueensInstant StarEunma Town) and exhibited in Belgium, France, Luxembourg, Netherlands and Poland. His work was published in M Le Monde and Slate among others. An early version of his work for the Biel/Bienne festival of Photography won four awards at Les Boutographies in Montpellier, in 2019.

2007 erhielt Sébastien Cuvelier von seiner Mutter das Tagebuch seines verstorbenen Onkels, der in den 70er-Jahren vor der Absetzung des Schahs eine Reise in den Iran unternommen hatte. Angeregt von diesem Dokument aus dem Familienarchiv reiste der Künstler seinerseits mehrmals in den Iran, um sich selber ein Bild des Landes zu machen. Seine Fotografien, die er Auszügen aus dem Tagebuch seines Onkels gegenüberstellt, hinterfragen sowohl auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene die Suche nach Veränderung. Sie thematisieren den erneuten Aufbruch und sie verweisen auf Risse, die in einem von der Regierung auferlegten «religiös-totalitären Paradies» aufbrechen können.

© Mary Maggic

© Mary Maggic

Mary Maggic (US), born in 1991 in Los Angeles, lives and works in Vienna. They is a non-binary artist working within the fuzzy intersections of transfeminist hacking, body/gender politics and eco-alienations. They have participated in several international venues including Haus der Kulturen der Welt (Transmediale; Berlin), Never Apart (Sight+Sound Festival; Montreal), Haus der elektronischen Kunst (Basel), Jeu de Paume (Paris), Institute of Contemporary Arts (Post-Cyberfeminist International; London), Spring Workshop (Hong Kong) and CKSTER Gender Hacking Festival (Berne). Mary Maggic is a recipient of the Prix Ars Electronica Honorary Mention in Hybrid Arts (2017) and a 10-month Fulbright research award in Yogyakarta, Indonesia (2019).

Das Video von Mary Maggic zeigt eine fiktionale TV-Show, in der die beiden Animatorinnen und Transfrauen Maria und Maria den ZuschauerInnen vorführen, wie man in der eigenen Küche Hormone brauen kann. Mit viel Ironie erinnert die Arbeit an das Video Semiotics of the Kitchen von Martha Rosler und hinterfragt gesellschaftlich definierte Normen und sexuelle Identitäten, die Darstellung von Sexualität in den Medien sowie die Schwierigkeiten, mit denen Individuen zu kämpfen haben, die sich einer Hormonbehandlung unterziehen. Mit der Küche als Kampffeld macht sich Mary Maggic Gedanken zu einer Welt, in der weniger Diskriminierung herrscht und es mehr Selbstbestimmung gibt für alle.

© Marwan Bassiouni

© Marwan Bassiouni

Marwan Bassiouni (CH) is a Swiss-Egyptian-American artist born in 1985 in Switzerland. He lives and works in The Hague. He holds a Swiss Photography CFC, as well as a BA in Photography from The Royal Academy of Art (KABK). In 2019, he had his first solo exhibition at the Hague Museum of Photography and published his first book New Dutch Views. Marwan's work has been shown at Unseen Photofair (NL), Athens Photo Festival (GR), The Humanity House (NL), Le Prix Bayeux Calvados (FR), Cultuurhuis De Warande (BE), Paris Photo (FR) and Aperture (USA). He is the recipient of the W. Eugene Smith Student Grant, the Harry Pennings Prize and several other awards and nominations.

Um seine Fotoserie New Dutch Views realisieren zu können, suchte Marwan Bassiouni zwischen Januar 2018 und Februar 2019 über 70 Moscheen in Holland auf. Seine in den Innenräumen der Moscheen frontal aufgenommenen Hochformatbilder wirken wie Fenster in die äussere Welt und leiten einen formalen Dialog zwischen den beiden Räumen ein. Die streng komponierten Bilder zeigen gleichzeitig die Gegensätze und die Verbindungen auf, die zwischen religiösen und kulturellen, orientalischen und okzidentalischen Vorstellungen herrschen.

© Karla Hiraldo Voleau

© Karla Hiraldo Voleau

Karla Hiraldo Voleau (CH), born in 1992, is a French-Dominican artist who lives and works in Lausanne. She graduated from ECAL, Lausanne with an MA in Photography in 2018. Her work was featured at the Rencontres d’Arles 2017, Plat(t)form 2019, or the MAP Festival 2016. She is part of the Foam Talent 2020 edition and of the Olympus Recommended Fellowship 2020. Her first photobook Hola Mi Amol, co-published by Self Publish Be Happy Editions & ECAL, has been shortlisted for the Aperture First Book Award. 

Karla Hiraldo Voleau ist während einer Woche in die Haut ihres «männlichen alter ego» geschlüpft, um die Veränderung der Haltung ihr gegenüber untersuchen zu können, aber auch, um ihre eigene Verhaltensveränderung zu verfolgen. Mittels Selbstportraits, Texten, «gestohlenen» Bildern und Videoaufnahmen vermittelt sie den Betrachterinnen und Betrachtern eine gleichzeitig einzigartige wie erschreckende, lustige und aufregende Erfahrung. Ihre Installation setzt sich auseinander mit der Auswirkung unserer Geschlechtsidentität auf unsere Handlungen sowie mit der Geschlechterdarstellung im öffentlichen Raum.

© Gao Shan

© Gao Shan

Gao Shan (CN), born in 1988 in China, lives and works in Anyang, in China’s Henan province. His first photobook The Eighth Day has gained critical acclaim, winning the New Talent Award in 2016 (which champions young Chinese artists), and the Paris Photo-Aperture Foundation award for “First Photobook” in 2019. Most of his work investigates questions of living or surviving.

Acht Tage nach seiner Geburt wurde der Künstler Gao Shan von einer «neuen» Mutter adoptiert. Ganz im Sinne einer Identitätssuche hat er über mehrere Jahre hinweg seine Adoptivmutter fotografiert, meistens innerhalb der 70m2 grossen Wohnung, in der sie gemeinsam leben. Er ist den Verbindungen nachgegangen, die er mit der neuen Mutter geknüpft hat, aber auch den Rissen, die sich aufgetan haben. Die ungeschminkten Bilder – abwechselnd zwischen Weitwinkel und Nahaufnahme – zeigen gleichzeitig das Zusammenwachsen, die körperliche Nähe eines Sohnes zu seiner Mutter, aber auch die Kälte, die Distanz und manchmal die Abneigung eines Kindes gegenüber der Elternfigur. Das durch den Künstler publizierte gleichnamige Buch «The Eighth Day» wurde 2019 im Rahmen des First Book Award anlässlich von Paris Photo ausgezeichnet.

© Eline Benjaminsen

© Eline Benjaminsen

Eline Benjaminsen (NO), born in 1992 in Norway, lives and works in The Hague. She graduated from the Royal Academy of Art The Hague (Department of Photography) in 2017. Her project Where the money is made was awarded the Steenbergen Stipendium (2017) and was nominated for the Zilveren Camera category Prijs voor Storytelling (2018) along multiple other nominations. The latest exhibits of her work include Stroom (NL), FOTODOK (NL), Lianzhou Foto Festival (CN), Heden (NL) and Krakow Photomonth (PL).

Künstliche Intelligenz und Informatikalgorithmen ermöglichen es heute den Tradingunternehmen, Transaktionen schneller auszuführen, als dass ein Mensch ihnen folgen könnte. Die im Video von Eline Benjaminsen festgehaltenen Orte werden nicht ohne Weiteres mit der Finanzwelt in Verbindung gebracht, und doch werden heute genau da die grössten Gewinne eingefahren. In ihrer Arbeit dokumentiert die Künstlerin das Dekor eines immateriellen Marktes und hinterfragt die Grenzen eines Systems, das in einer für das menschliche Hirn nicht mehr nachvollziehbaren Geschwindigkeit Profite und Wert generiert.

© Constanza Piaggio

© Constanza Piaggio

Constanza Piaggio (AR), born in 1982, is an Argentinian-French artist who lives and works in Paris. She studied photography, as well as cinema in Argentina (EFC, SICA). Her work has been shown in exhibitions around the world and is held in several private and public collections. She is laureate of the Artes Visuales Fundación OSDE Prize, the Rojas/UBA and Fundación Telefónica Argentina grants, the residencies Appelboom, France and Gyeonggi Creation Center, South Korea.

In der Fotoserie Sharp Memories von Constanza Piaggio dienen Landschaft, Natur und Geschichte als Inspirationsquelle. Die Künstlerin lotet dabei die plastischen Möglichkeiten der Fotografie aus. Auf den Fotos sind Fragmente von manchmal unscharf gezeichneten Landschaften zu sehen, die mit einem analogen Fotoapparat realisiert wurden. Teile der Bilder wurden manuell beschädigt/zerrissen und bringen dadurch eine Oberfläche zum Vorschein, auf der sich das Sujet auslöscht und eine neue Landschaft hervorbringt, die auf das Verschwinden verweist. Die Manipulation der formellen Elemente des Bildes balanciert den persönlichen und intimen Ton der Bildgebung aus und hinterfragt auf poetische Weise die Veränderung der Natur durch den Menschen.

© Ang Song Nian

© Ang Song Nian

Ang Song Nian (SG) was born in 1983 in Singapore, where he lives and works. His practice of photography focuses on materials and traces of human behaviours made visible within landscapes. His recent exhibitions include DECK, Singapore, the Tokyo Photographic Art Museum and Northeast Photo Network, United Kingdom. His work has been awarded at the the 41st edition of the New Cosmos of Photography award, Tokyo.

Während eines Jahres hat der Künstler Tag für Tag, Monat für Monat den Verschmutzungsgrad der Stadt Singapur sowie ihre Umgebung dokumentiert. Die Dichte der Feinstaubpartikel, welche durch anhaltende Brände zur Palmölproduktion verursacht wurden, wurden von der nationalen Umweltindex festgehalten. Der Künstler hat diese Messungen minutiös in Grauwerte umgerechnet und auf licht­empfindliches Fotopapier übertragen. Die zu 12 Blöcken (pro Monat ein Block), mehr oder weniger dunkel – je nach Level der Tagesverschmutzung – gruppierte Installation erinnert auf sinnhafte Weise daran, dass es für den Einzelnen unmöglich ist, sich die Konsequenzen der Übernutzung der Natur und der Umwelt vorzustellen. Die Serie macht auf die tägliche Passivität des Menschen gegenüber den selbst verursachten Klimaproblemen aufmerksam.


Schule für Gestaltung Bern und Biel

© Fiona Ackermann

© Fiona Ackermann

Studierende der 2. Fachklasse Grafik an der Schule für Gestaltung Bern und Biel haben unter Anleitung ihrer Lehrer Dominik Müller und Roland Aellig eine Reihe von Arbeiten realisiert, die auf die Themen der diesjährigen Bieler Fototage Bezug nehmen. Die Arbeiten von zwei Klassen (2019-2020 und 2020-2021) werden im Ausstellungsraum der Schule für Gestaltung gezeigt.


SNF-Wettbewerb für wissenschaftliche Bilder

© Paulin Wendler

© Paulin Wendler

Die verborgene Seite der Wissenschaft

Die Wissenschaft ist keine abgehobene, unnahbare Disziplin, sondern entspringt der menschlichen Natur, der Leidenschaft und Hingabe, des Trial and Error und zuweilen auch glücklichen Fügungen. Einen Einblick in die aktuelle Forschungspraxis geben die 680 Arbeiten, die die Schweizer WissenschafterInnen im Rahmen der Ausgaben 2020 und 2021 des SNF-Wettbewerbs für wissenschaftliche Bilder eingereicht haben. 

An den Bieler Fototage wird eine von der Jury ausgezeichnete und im Rahmen einer Publikumswahl gekürte Auswahl gezeigt. Dadurch angeregt initiert der Produzent METEO jeweils eine audiovisuellen Komposition mit elektronischer Musik hinterlegte wissenschaftliche Videos.

Preisverleihung und Führung durch die Ausstellung in Begleitung der SchöpferInnen der Arbeiten am Donnerstag, 20. Mai, 16 Uhr.

Als Ergänzung lädt der SNF dieses Jahr das Publikum dazu ein, bis zum 31. März ihre Lieblingsfotos und -videos aus den fünf Ausgaben des Wettbewerbs zu wählen. Die TeilnehmerInnen haben die Chance, einen grossformatigen Abzug des Fotos ihrer Wahl sowie Eintritte für die Bieler Fototage zu gewinnen!

In Zusammenarbeit mit dem Schweizer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF). 

Entdecke die GewinnerInnen und die Auszeichnungen des 4. SNF-Wettbewerbs für wissenschaftliche Bilder!


Untergasse

© Catherine Leutenegger

© Catherine Leutenegger

Catherine Leutenegger (CH), born in 1983, is a visual artist, photographer and teacher based in Switzerland. She obtained a Master in Photography from ECAL, Lausanne and received several awards: Prix Photographie Vaud 2018, the Manor Cultural Prize and two Swiss Design Awards. Her work has been exhibited and published around the world and is held in several collections: the MAST Foundation, the Musée Niépce, the BCV Collection and the Musée de l’Elysée.

Die von Catherine Leutennegger gezeigte Bilderserie entstand während ihres Aufenthalts in der indischen Grossstadt Chennai. Vor Ort fotografierte sie das zweite Leben von Blachen, Plakaten und Wandbildern, die im öffentlichen Raum ausgestellt werden: Plakate von bekannten Persönlichkeiten (SchauspielerInnen, PolitikerInnen) oder von Unbekannten (Geburtstage, Gedenkfeiern, Werbekampagnen). Die Bilder ergeben ein visuelles Durcheinander, in welchem sich verschiedene Welten überlagern und vermischen. Anschliessend werden sie an Stränden weiter- und wiederverwendet, um die Arbeitsgeräte der Fischer und die Habe der kleinen Händler abzudecken. Die umgenutzten, vorher zweidimensionalen Bilder werden nun zu dreidimensionalen Skulpturen, auf denen die Gesichter nach und nach Risse erhalten, sich verformen, ihre Farbe verlieren und schliesslich verschwinden und damit sinnbildlich die Anfälligkeit des Bildes und des Individuums in unserer heutigen Gesellschaft illustrieren.