Canvetto Luganese | Lugano
30. Januar - 4. Mai 2019
Cà méa
Katja Snozzi
HEIMAT
“Wo ist deine Heimat?“
“Da wo meine Eltern und meine Freunde sind.“
“Da wo ich zur Schule gegangen bin…“
“Da wo ich ein Dach über dem Kopf habe“…
Hätte man Katja Snozzi als Kind befragt, hätte sie ähnliche Antworten geben können.
Aber der Ort ist weit entfernt von dem Ort, den sie heute bewohnt. Ihre Heimat der Kindheit war eine Farm in Kenia. In der Pubertät begann eine Verschiebung des Gefühls für Heimat. Ihre Schweizer Eltern schickten die Kinder immer häufiger in ihr ursprüngliches Heimatland, bis schliesslich in einem Internat die weiten Wiesen der Farm nur noch Erinnerung sind.
Als Katja Snozzi erwachsen ist, studiert sie Fotografie an der Hochschule der Künste in Zürich. Zu dieser Zeit, zeichnete sich noch keineswegs ab, was man ihre spätere Karriere nennen könnte.
Vielleicht war es wieder sie Sehnsucht nach Heimat, dass sie sich für ein Leben mit Kindern, gemeinsam mit einem einfühlsamen Partner in Bern entschied. Bis genau jener sie später unterstütze auch ihren Begabungen zu leben und in die Welt zu gehen.
Es zog sie beruflich immer wieder in Länder die nahe dem Traumland ihrer Kindheit waren, nun aber verwüstet von Terror und Krieg.
Später engagiert sich Katja Snozzi intensiv für diverse humanitäre Organisationen, vor allem für die Stiftung SOS-Kinderdorf. Wieder waren es Fotos, die einen nicht los lassen. Kinder, denen die Heimat fehlt und der Wunsch, diesen Kindern eine Heimat zu finden.
Es vergingen etwa 40 Jahre, die Katja Snozzi mit ihrer Familie in Bern verlebte.
Zu Beginn des zweiten Jahrtausends abermals ein anderer Ort für Heimat.
Das Haus der verstorbenen Mutter im Tessin. Es ist vertraut, aber noch fehlen die eigenen Wurzeln, doch die wachsen stetig. Das Haus wurde bald bevölkert mit dem vertrauten Hausrat, mit kleinen selbst geschaffenen Skulpturen aus Keramik, mit Figuren, geschnitzt aus dunklem Holz, Gefährten aus fernen Ländern. Sie sind da so selbstverständlich wie im Garten die Rosen und Palmen.
An diesem Ort wächst alles zusammen. Das Leben von einst als Kind in Kenia, die Lehrjahre in der Schweiz, der Nukleus Familie und die Frau mit der Fotokamera, die aufruft zum Schauen auf die Welt.
Heimat. Da wo die Lebensfäden sich bündeln.
2014 ein neues Projekt.
Wieder die Frage nach demselben Thema. Sie macht eine berührende Serie von Menschen, die bereits das Alter von 100 oder mehr Jahren erreicht haben.
Es sind Portraits vor denen man lange verweilen muss. Andächtig. Ehrfurchtsvoll.
Eingebettet in eine Landschaft von Falten, die sich, kaum wahrgenommen, aufzulösen scheinen, tritt einem das authentische Ich eines jeden entgegen.
Die Heimat ist allen ihr langes Leben.
Diese Heimat besitzen nur sie. Diese Heimat kann ihnen niemand nehmen.
Und nun Katja Snozzis vorläufig letzte Arbeit.
Sie geht durch ihr vertrautes Haus. Sie ist allein. Der Lebensgefährte hat sie und das gemeinsame Haus verlassen müssen, um in eine andere Welt einzutreten, wohin auch immer. Einsamkeit. Er ist fern und doch immer gegenwärtig. Überall. Sie fotografiert. Die Tage sind nicht mehr nur das, was sichtbar ist. Es sind Gespräche ohne hörbare, nur ahnbare Antworten. Sie verlaufen ohne Urzeit, ohne das Sorgetragen für einen anderen Menschen. Sie hat Zeit zum Trödeln, auf Zeichen zu achten, zu träumen. Beiläufig hält sie bei dem oder jenem Gegenstand an, klick…unbedeutende Kleinigkeiten, die plötzlich das Auge erreichen, das Auge das sieht. Sie drückt ab… ein, drei, vier, zehn Fotos… die Sonnenflecken auf dem Küchenboden … jene auf den gelben Schrankwänden…klick. Weiss sie, warum sie den Kühlschrank öffnet? Nein, einfach so… klick. Später ist es die Silberdose, sind es die Kristallflaschen mit ihren Reflexen … Da hat vielleicht bereits die nicht mehr so unschuldige Neugier, die Suche nach dem lohnenden Objekt begonnen… Doch eigentlich ist es wohliger sich gehen zu lassen, zu treiben, in Unbekanntes, Absichtsloses. Der Besen… das Elektrokabel… die Tasten der Wasserspühlung fürs Klo… die Gardinen vor den Fenstern… der Briefkasten draussen…klick. Geschenke, die unberechenbar sind. Für die man auch nicht danken muss. Man besass sie ja immer schon.
Und dann die Nacht, in der der Schlaf nicht kommen mag. Schliesslich das Anknipsen der Lampe… dieser tausend mal erlebte Blick in den hellen Schirm…Warum nicht?…klick… Die Wegstrecke beim Hinübergleiten in Traumwelten. Am nächsten Morgen liegen sie da, diese Ereignisse der Leere, diese Bilder, die nichts wollten als da-sein. Die waren ja nicht von Notwendigkeit oder Nützlichkeit bestimmt. Sie entstanden nicht, um zu verführen.
Sie sind einfach schön. Das reine Schöne, das nichts weiter sein will, als das, was es ist.
Schönheit gibt es nicht ohne Geheimnis.
Die Fotos zeigen Katja Snozzis Heimat, so wie sie jetzt ist, in ihren ganz verschiedenen Ebenen.
(Ingeborg Lüscher)
Ordinaria follia della quotidianità
Per chi, abituato ad ammirare le testimonianze delle immagini di Katja dove la componente umana è sempre la parte essenziale e imprescindibile del suo operato, davanti a queste nuove immagini può rimanere attonito.
Dopo aver vissuto gli scatti dei suoi reportage da luoghi e da persone drammaticamente confrontate al limite del irreale, alla realtà drastica dell’ultimo tema trattato con grande maestria e sensibilità. Da 0 a 100 anni. Una sequela di ritratti in bianco e nero che vanno dall’immagine di quel braccio teso che sorregge un neonato di pochi giorni ai volti di centenari con la dignità del loro vissuto fissato dall’artistico scatto della camera di Katja.
Ora, questa nuova avventura della fotografa, la vede cimentarsi con immagini impensabili della quotidianità. Fissare e interpretare oggetti e testimonianze del nostro vissuto rendendoli importanti nella loro semplicità.
Sono particolari che per equilibrio di forma, di colore e di inquadratura diventano interpretazioni astratte di qualcosa molto realistico.
In questo ultimo lavoro Katja è riuscita ad estrapolare l’essenziale da questi elementi in modo da renderli visibili in un contesto inusuale.
Indagare con un occhio e di riflesso con un obbiettivo fuori dal comune particolari di oggetti “comuni” significa andare “oltre”. Vuol dire diventare più creative del solito e non solo affidarsi ad un mero risultato tecnico della bella immagine ma essere in grado di superarla e di interpretarla.
Lascio a chi osserverà queste immagini con quel “qualche cosa in più” di scoprire la creatività che Katja ha voluto trasmetterci ancora una volta con grande sensibilità.
(Text: Pierre Casè)