1975 veröffentliche Garry Winogrand das Buch "Women are Beautiful." Als Dokumentarfotograf konnte er, während seiner ganzen Karriere, das amerikanische Leben ausführlich studieren. Besonders das bunte Treiben auf den Strassen New Yorks – seiner Heimatstadt – fesselte seine Aufmerksamkeit. In den 60er Jahren verewigte er den grossstädtischen Trubel New Yorks. Während seinen Streifzügen im Park, beim Einkaufen, bei Abendveranstaltungen oder politischen Demonstrationen richtete er sein Objektiv auf Frauen, denen er zufällig begegnete – immer anonym. Diese Aufnahmen zeigen die Geschichte einer Gesellschaft, die sich aufgrund der sexuellen Revolution und des aufkommenden Feminismus in einer Umbruchphase befand.
Die Art und Weise der Präsentation führt die Besucher und Besucherinnen mitten in das grossstädtische Treiben New Yorks. Wer Grossstädte nicht kennt hat den Eindruck, dass er von der Menge und Vielfalt erdrückt wird.
Auch Todd Hido zeichnet mit "In the vicinity of narrative" ein Bild des amerikanischen Lebens. Die Bilder wirken anziehend wie irritierend. Er zeigt Aussenperspektiven von Häusern, verwahrloste Innenräume, verschwommene Landschaften und immer wieder Frauen in Motelzimmern, hinter Autoscheiben oder in anderen obscuren Situationen.
Die Fotografien wirken zum Teil wie Standbilder aus Filmen und lässt die Betrachter und Betrachterinnen die Filme vor dem inneren Auge weiterspinnen. Die grosszügige Hängung versetzt einen in weite und menschenleere Gegenden, die einen schier einen kalten Schauer spüren lassen.
Neben den Fotografien von Garry Winogrand und Todd Hido ist eine eindrückliche Videoinstallation von Thibault Brunet zu sehen. In "Territoires circonscrits" zeigt er real existierende Orte. Leica Geosystems hat ihm einen 3D-Scanner zur Verfügung gestellt, mit dem er die Umgebung in 360° aufgenommen hat. Er lässt einen durch Landschaften und Räume wandern – Faszination pur, wenn man sich darauf einlässt und die Installation im Loop einige Male auf sich wirken lässt.
Mit den Arbeiten von Guy Oberson steht die Fotografie nicht im Vordergrund, sondern die Malerei. Dennoch rückt die Fotogarafie wieder ins Zentrum, wenn man weiss, dass Oberson diese zur Vorlage genommen hat. Die grösste Inspiration schöpft er aus den Fotografien von Diane Arbus und Robert Mappelthorpe. Seine Zeichnungen – vornehmlich mit Zeichenschiefer – wirken wie Enthüllungen und lassen in die Intimität von Personen eintauchen, die Oberson mit Hilfe ihrer Kleidung, ihrer Aufmachung oder ihrer Rückzugsorte erschliesst.
Garry Winogrand (1928 in New York – 1984 in Tijuana, Mexico) war einer der bedeutensten Streetphotographen Amerikas. Nach der High School und einer Zeit bei der US Army Air Force studierte er an der Columbia Universität Malerei und Fotografie. 1951 trat er in die Foto-Journalismus-Klasse von Alexei Brodowitsch an der heutigen The New School ein.
Todd Hido (1968* in Kent, Ohio) lebt und arbeitet in San Francisco. 1991 schloss er an der School of the Museum of Fine Arts in Boston den Bachelor of Fine Arts ab. Nach dem Besuch an der School of Design in Providence auf Rhode Island schloss er 1996 den Master of Fine Arts am California College of the Arts and Crafts in Oakland ab. Seit 1997 hat er zahlreiche Bücher veröffentlicht. Seine Arbeiten sind in vielen Sammlungen (Guggenheim Museum, New York, Berkeley Art Museum, Berkeley, Museum of Fine Arts, Boston, Massachusetts und vielen anderen) vertreten.
Thibault Brunet (1982*) wurde 2008 an der École supérieure des Beaux-Arts de Nîmesdiplomiert. Seine Arbeiten wurden bereits mehrfach ausgestellt und sind in wichtigen Sammlungen (Bibliothèque nationale de France (BnF), Musée de l’Elysée de Lausanne et le Frac Languedoc Roussillon) vertreten.
Guy Oberson (1960*) lebt und arbeitet in Lentigny, Paris und Berlin. 1988 hat er als Autodidakt begonnen. Seine Arbeiten wurden bereits mehrfach ausgestellt. 2016 wurde er mit dem alle zwei Jahre verliehenem Kulturpreis des Kantons Fribourg ausgezeichnet.
Die Ausstellung im Musée des Beaux-Arts dauert noch bis 27. Mai 2018.
Arbeiten von Thibault Brunet sind bis 14. April 2018 auch in der Kehrer Galerie in Berlin zu sehen.
Arbeiten von Guy Oberson sind bis 10. Juni 2018 auch im Musée du papier peint in Mézières zu sehen.