Rekha - eine schlagfertige Frau in Mumbai...
2016 hat Eleni Kougionis Rekha – eine junge Boxerin in Mumbai portraitiert.
Mit schnellen Schritten bahnt sich Rekha ihren Weg durch den Bahnhof, huscht an etlichen wartenden Männern vorbei und schafft es gerade noch, in den losfahrenden Wagen zu springen. Das Frauenzugabteil der Western Line in Mumbai befindet sich meistens in den hinteren Waggons. Es gleicht einem Hürdenlauf, dieses auf dem Perron zu erreichen. Die Linie transportiert täglich 3,5 Millionen Menschen durch die Metropole. In den meist übervollen Zügen gab es regelmässig sexuelle Übergriffe auf Frauen. Die Einführung von Frauenzugabteilen in den 90ern brachte mehr Sicherheit und reduzierte die Anzahl von Sexualstraftaten.
Rekha fürchtet sich ohnehin nicht vor solchen Übergriffen. Einige Augenblicke später steht sie in Tank Top und Shorts vor einem abgewetzten Boxsack und verpasst ihm einen Schlag nach dem anderen. Schweiss trieft in ihr Gesicht. Rekha ist wütend. In dem improvisierten Boxclub neben einer Autogarage trainiert sie bis zu sechsmal die Woche und tut dies seit ihrem zehnten Lebensjahr. Oft quält sie sich bis an ihre körperlichen Grenzen, doch sie hat einen Traum: Die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokyo.
Mit ihren Eltern und Geschwistern wohnt sie in einer kleinen Wohnung im Norden von Mumbai. Ihre Familie stammt aus dem Bundesstaat Uttar Pradesh, einem der ärmsten Gebiete Indiens. Durch die vielen Missstände wäre es ihr dort als Mädchen nicht möglich gewesen, mit dem Boxen anzufangen. Der Wechsel nach Mumbai ermöglichte dies. Rekha schätzt die Unterstützung ihrer Familie sehr. Nach einer Niederlage bei einem Kampf wird sie stets aufgefangen und zum Weitermachen ermutigt. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ihre Eltern Verständnis für diesen Männersport aufbringen und es in Kauf nehmen, dass sich ihre älteste Tochter die Schönheit ruinieren lassen könnte. Doch darüber machen sie sich keine Gedanken. Sie sind stolz auf ihre starke und selbstbestimmte Tochter.
Eleni Kougionis
Rekha Gupta arbeitet heute als Kundenberaterin bei Maruti Suzuki Excell autovista Pvt LTD und boxt nach wie vor.
Eleni Kougionis (*1988) lebt und arbeitet in Basel. Nach einer Lehre als Polygrafin studierte sie redaktionelle Fotografie am MAZ in Luzern. Seit dem Abschluss 2015 arbeitet sie als freischaffende Fotografin für verschiedene Redaktionen, Institutionen und Unternehmen und realisiert eigene Projekte. Ihre Arbeiten wurden in diversen Ausstellungen (Coalmine, Winterthur, BelleVue, Basel, MAZ Galerie, Luzern) präsentiert und ausgezeichnet (Swiss Press Photo (2. Platz Schweizer Geschichten), Globetrotter World Photo Nachwuchsförderpreis).
2018 wurde die Bildstrecke von der WOZ veröffentlicht.