Die Preisträgerinnen und Preisträger des 22. vfg Nachwuchsförderpreises
Am Donnerstagabend wurden die drei Gewinner des 22. vfg Nachwuchsförderpreises für Fotografie ausgezeichnet. Die diesjährige Jury, bestehend aus Carolle Bénitah (Fotografin aus Marseille), Daniel Blochwitz (Kurator und künstlerischer Leiter der photo basel aus Zürich), Thomas Elsen (Kurator der Kunstsammlung Augsburg), Alexandre Jaquemet (Fotograf aus Erlach) und Sandra Kennel (Fotografin aus Zürich) hat Mitte Juni 2018 die Gewinner des 22. vfg Nachwuchsförderpreises für Fotografie gewählt.
Simon von Gunten hat mit seinem Langzeitprojekt "Cutis" die Jury überzeugt und ist Gewinner des Preises. "Cutis" ist ein Langzeitprojekt, das er 2012 begonnen hat und in dem er Menschen unter Ultraviolett-Licht betrachtet und portraitiert. Mit der Serie verfolgt er zwei Hauptziele: Zum einen illustriert das Projekt die Begrenztheit der menschlichen Wahrnehmung: Die Aufnahmen enthalten einen hohen Anteil an Ultraviolett-Strahlung, die von der Kamera, jedoch vom menschlichen Auge selbst nicht wahrgenommen werden können. Aufgrund dessen zeigt die Serie Aspekte des menschlichen Gesichtes, die jederzeit vorhanden sind, aber ohne weitere Hilfsmittel nicht erkannt werden können. Zum anderen geben die Bilder eindrücklich Aufschluss über die Lebensgeschichten der Portraitierten. Alltägliche Gewohnheiten, oft in Zusammenhang mit dem Verhalten an der Sonne, schicksalhafte Ereignisse wie Krankheiten und Unfälle oder bewusste Manipulationen am eigenen Körper werden offensichtlich. Dermatologische Phänomene wie Bakterienkulturen – helles Rosarot um Mund und Nase oder fluoreszierende Bakterien in den Poren – oder die regenerative Tätigkeit der Haut werden sichtbar. Besonders beeindrucken ist, das die Personen weder geschminkt noch eine nachträgliche digitale Manipulation inhaltlicher Art vorgenommen wurde(n).
Simon von Gunten (*1983) ist im Kanton Bern geboren und lebt in Solothurn. Seit 2012 arbeitet er als freischaffender Fotograf. Seine Schwerpunkte in der Auftragsfotografie finden sich in den Bereichen Portrait, Reportage und Architekturfotografie. Parallel dazu verfolgt er projektartig eigene Arbeiten, welche sich oft mit gesellschaftlichen Themen sowie der Suche nach neuen Ausdrucksformen beschäftigen. Dabei wird das Genre der Fotografie gerne in angrenzende Kunstformen – wie beispielsweise der Inszenierung und Performance – ausgeweitet.
Mit der "Sagen aus Uri" gewinnt Christian Indergand den zweiten Platz. "Sagen aus Uri" lautet der Titel einer dreibändigen Sammlung von eigentümlichen, kaum erklärbaren Erzählungen über Teufel, Geister, arme Seelen und Dämonen, welche der Urner Spitalpfarrer Josef Müller zwischen 1903 und 1925 während seiner Tätigkeit am Kantonsspital Uri zusammentrug. Dabei handelt es sich um eine der frühesten und umfangreichsten Sagensammlungen im Alpenraum und ist deshalb in Fachkreisen von internationaler Bedeutung. Vor einigen Jahren stiess der Urner Fotograf und Künstler Christian Indergand, der sich in seiner fotografischen Praxis bevorzugt mit den vermeintlichen dokumentarischen Aspekten von Fotografie auseinandersetzt auf ein Exemplar dieser Sagensammlung und macht nun diese zum Thema einer seiner fotografischen Recherchen, die ihn zurück in seinen Heimatkanton und auch auf die Spuren der alten Erzählungen führt(e).
Christian Indergand (*1988) ist im Kanton Uri aufgewachsen. Heute lebt und arbeitet er in Zürich. Seit seinem Abschluss des Bachelorstudiums in Medien & Kunst an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) 2018 ist er als freischaffender Künstler unterwegs und verfolgt Ausstellungsprojekte im In- und nahen Ausland. Die entstehenden Arbeiten in unterschiedlichen Medien sind oftmals das Resultat einer fotografischer Herangehensweise. Seit 2015 ist er zudem Teil des Künstlerduos Indergand & Ehrengruber aktiv.
Mit der Serie "Hola Mi Amol" setzt sich Karla Hiraldo Voleau mit ihren französisch-dominikanischen Wurzeln auseinander. Solange sie sich erinnern kann, gibt es in ihrer Familie einen Spruch: " one should never date a dominican". (Man sollte nie mit einem Dominikaner ausgehen). Aufgrund der vielen Männer mit verschiedenen Beziehungen, sei es aus Gründen von Distanz oder kultureller Unterschiede, wurden dominikanische Männer wurden für sie zu Persona non-grata. Sie entwickelte gar Verachtung oder Desinteresse für dominikanische Männer. Die einzigen Beziehungen in dieser Zeit zu dominikanischen Männern war, diejenige zu ihrer zerrütteten Familie. Sie revoltierte und begann sich für die Besonderheiten von Beziehungen von Touristinnen und Einheimischen zu interessieren. Bald merkte sie, dass die Dominikanische Republik ein Top-Ziel im Sex- und Liebestourismus für Frauen war und ist. Trotz Familienverbote und Vorurteile wurde sie neugierig und tauchte als Touristin in ihre Heimat ein. Sie reiste wie viele Frauen auf der Suche nach Liebe und portraitierte zugleich die Männer, die sie auf ihrer Reise getroffen hat.
Karla Hiraldo Voleau (*1992) ist in Santo Domingo (Dominikanische Republik) geboren und lebt in Lausanne. Zur Zeit konzentriert sie sich insbesondere auf verschiedene redaktionelle Projekte und auf ihre persönliche Arbeit. Mit optischen Erzählungen mit Nutzung ihres eigenen (Familien)Archivs schafft sie einen Rahmen, in dem sie ein intimes Gespräch mit anderen beginnen und sich mit visuellen Experimenten entfalten kann.
Die Ausstellung der Arbeiten aller Finalistinnen und Finalisten in der Photobastei in Zürich dauert bis zum 7. Oktober 2018.
Die Ausstellung in der Galerie L'Elac in Lausanne findet vom 1. - 16. November 2018 statt.
Die Ausstellung im Oslo 8 in Basel findet Ende November/Anfang Dezember 2018 statt.
Die Ausstellung im UNO ART SPACE in Stuttgart wird Anfang 2019 statt finden.